Turbulentere Zeiten für Anleger

The headquarters of Netflix is shown in Los Gatos
The headquarters of Netflix is shown in Los GatosREUTERS
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Warum sich Anleger jetzt besser auf turbulentere Zeiten einstellen und die Aktie der Biotechfirma Celgene ordentlich abfährt.

Viel Spaß hatten Anleger in der abgelaufenen Börsenwoche ja nicht. Besonders der Donnerstag hatte es in sich. Da prasselten Negativnachrichten von schlechten Wirtschaftsdaten aus Frankreich und Fernost bis hin zu den Problemen der portugiesischen Espírito-Santo-Gruppe knüppeldick auf die Börsen nieder – und lösten besonders in Europa entsprechende Marktreaktionen aus. Österreichische Anleger waren zu dem Zeitpunkt ja schon Kummer gewohnt. Die milliardenteure Erkenntnis, dass vielleicht doch jene recht hatten, die meinten, dass heimische Banken ihrer Ostfanatasie ein bisschen sehr risikofreudig freien Lauf gelassen hatten, hatte hierzulande die Bankenwerte (und damit den sehr bankenlastigen ATX) schon in den Tagen zuvor stark belastet.

Jetzt sind eben auch die übrigen Banken dran. Und die Aktien von Produktionsunternehmen bekommen zu spüren, dass die Prognosen für einen Konjunkturaufschwung immer mehr zur Makulatur werden.

Die Chartisten sind vorerst noch fröhlich: Zwar haben wichtige Indizes wie etwa der deutsche DAX in den vergangenen Tagen eine Reihe von Unterstützungslinien „gerissen“, nach Absturz sieht das Bild aber noch nicht aus. Die Berichtssaison über das zweite Quartal hat in den USA auch nicht so übel begonnen. Also nur eine Zwischenkorrektur, alles ganz easy?

Vertrauen sollte man auf dieses Bild nicht. Die Signale, dass die Konjunktur wesentlich gedämpfter als erwartet verläuft, werden nämlich dichter. Das wird sich im Herbst dann wohl auch auf die Gewinnsituation der Unternehmen auswirken. Und die vergleichsweise euphorische Stimmung unter den kleineren Anlegern gleicht immer der, wie sie meist kurz vor dem Platzen von Kursblasen auftritt. Man muss da gar nicht an so extreme Ausformungen wie die Sache mit Cynk Technologies (siehe unten stehende Geschichte) denken. Aber Bruder Leichtsinn beginnt schon, zu stark Fuß zu fassen.

Derzeit haben wir zwar keine wirkliche Blase in den Märkten, aber mit den schlechter gewordenen Konjunkturaussichten passt das Kursniveau auch nicht mehr so recht zusammen. Wer also einen Einstieg auf längere Sicht nach der „Buy and Hold“-Methode plant, für den ist jetzt ganz eindeutig nicht der richtige Augenblick. Da kommen noch bessere Gelegenheiten.

Alle anderen sollten sich darauf einstellen, dass es wieder turbulenter wird, also die zuletzt eher gespenstisch niedrige Volatilität wieder zulegt. Es wird, wie es aussieht, wohl nicht krachen, aber es wird ungemütlicher.

In diesem Umfeld sollte man einmal nach der Buffett-Methode nach unterbewerteten Aktien suchen. Eine solche glauben die Analysten von Goldman Sachs in der in Frankfurt notierten österreichischen C.A.T. Oil (ISIN AT0000A00Y78) gefunden zu haben. Sie haben jedenfalls eine Kaufempfehlung ausgesprochen und das Kursziel auf 26,1 Euro erhöht. Das entspricht einem Kurspotenzial von gut 50 Prozent. Sieht also nicht schlecht aus.

Sehr attraktiv präsentiert sich derzeit auch die Aktie des US-Biotechunternehmens Celgene (ISIN US1510201049). Das Papier hat seine vorübergehende Schwäche überwunden und ist auf ein All-Time-High geklettert. Angeblich steht das Unternehmen bei mehreren Krebsmedikamenten vor dem Durchbruch. Sollte das eintreten, dann sind die derzeitigen Kursziele jenseits von 110 Dollar (bei einem aktuellen Kurs von 89) sehr konservativ angesetzt.

Überaus prächtig entwickelt sich auch der Kurs des Onlinevideoanbieters Netflix (ISIN US64110L1061), der gerade zur Eroberung Mitteleuropas ansetzt. Die in den USA schon fix verankerte Videokette wächst sehr schnell und weist außerordentlich hohe Gewinnmargen auf. Davon ist vieles schon im Kurs enthalten, aber Analysten haben das Kursziel jetzt ganz kräftig auf 560 Dollar hinaufgeschraubt. Und bis dahin ist es vom derzeitigen Kurs von 440 noch ein weiter, ertragreicher Weg.

Vorsicht sollte man dagegen bei den Übernahmegerüchten um den deutschen Duft- und Aromahersteller Symrise (ISIN DE000SYM9999) walten lassen, die den Kurs zuletzt hochgetrieben haben. Bestätigt ist noch nichts, und Fachleute sind eher skeptisch, ob es zu dem gerüchteweise kolportierten Deal mit dem japanischen Konkurrenten Ajinomoto überhaupt kommt. Wenn ja, ist es eine ertragreiche Spekulation. Aber eine Spekulation eben, die auch danebengehen kann.

josef.urschitz@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 13.07.2014)

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