Wie Konjunktur und Ukraine-Krise die Börsen bremsen

Pipes from Latvijas Gaze´s underground gas storage facility in Incukalns
Pipes from Latvijas Gaze´s underground gas storage facility in Incukalns(c) REUTERS (INTS KALNINS)
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Wie Konjunktur und Ukraine-Krise die Börsen bremsen und wie Facebook den Online-Anzeigenmarkt aufmischt.

Eigentlich sind die Börsenbullen zuletzt nicht so schlecht galoppiert, aber die geopolitische Wetterlage sieht leider nicht so aus, als ob sich das jetzt zu einer richtigen Stampede auswachsen würde. Dass sich russische Soldaten kilometerweit in die Ukraine „verirren“ und Militärangehörige samt ihren Panzern ins Nachbarland auf „Urlaub“ fahren, macht nicht nur Nato-Strategen, sondern auch Anleger reichlich nervös. Bei unterbewerteten russischen Aktien wie etwa Sberbank und Gazprom, die hier schon mehrmals besprochen wurden, tritt nun also wieder der Eskalationseffekt ein.

Der neuerliche Kursverfall macht die Papiere zwar noch „unterbewerterer“ und damit langfristig attraktiver. Mit Engagements sollte man jetzt aber wohl zuwarten, bis sich die geopolitischen Nebel über der Ostukraine wieder gelichtet haben und die Kurse wieder von Fundamentaldaten bestimmt werden.

Die Zwischenzeit kann man sich ja mit (reichlich angebotenen) Put-Optionsscheinen auf die beiden Werte vertreiben. Aber nur in kleinen Dosen, denn diese Papiere haben die unangenehme Eigenschaft, schnell zum Totalverlust zu werden, wenn es in die falsche Richtung geht.

Abgesehen von den politischen Wirrnissen, die den Globus heimsuchen, mahnen auch die konjunkturellen Daten zu Vorsicht. Zumindest in Europa, wo sich die Wachstumsaussichten zuletzt in atemberaubendem Tempo verschlechtert haben. Die Prognosen werden gerade deutlich zurückgenommen (in Österreich etwa halbiert). Das wird sich früher oder später auf die Unternehmensgewinne auswirken. Wenn auch deren Prognose nach unten korrigiert wird, dann schaut plötzlich auch eine ganze Reihe von deutschen und österreichischen Aktien überbewertet aus. Konterkariert wird das glücklicherweise durch bevorstehende neuerliche Marktflutungsmaßnahmen durch die EZB (etwa die absehbare Aufnahme von Anleihekäufen). Das wird aber nicht reichen, um den Konjunktureffekt abzufangen.

Besser sieht es derzeit eindeutig in den USA aus, wo die Konjunktur in Fahrt kommt. Dort könnten früher als erwartet einsetzende Zinserhöhungen für Irritationen unter den Börsianern sorgen, Dow Jones und Co. dürften aber trotzdem noch Aufwärtspotenzial haben. Zudem macht der Effekt der Euro-Abwertung (siehe unten stehende Geschichte) US-Papiere attraktiver. Der größere Teil des Abwertungseffekts dürfte aber schon „gegessen“ sein.

In den USA zeigen derzeit besonders Technologiewerte auf. Apple (ISIN US0378331005) haben wir hier schon in der Vorwoche besprochen. Der Computerhersteller wird in der zweiten Septemberwoche sein neues iPhone präsentieren, was ihm durchaus einen weiteren Kursschub bescheren sollte. Das sieht gut aus, wenngleich die Aktie schon sehr weit gelaufen ist, den zwischenzeitlichen Absturz vollständig überwunden hat und jetzt auf einem Allzeithoch steht.

Sehr gut steht es momentan auch um Facebook (ISIN US30303M1027). Mark Zuckerbergs Social Network war an der Börse zwar eher holprig gestartet, in der Zwischenzeit haben sprudelnde Werbeeinnahmen aus mobilen Plattformen aber ordentlich für Schub gesorgt. Heuer könnte sich der Marktanteil in diesem Segment auf über 20 Prozent vervierfachen. Das sieht nach noch nach einem längeren „Lauf“ aus.

Wer es gern konservativer hat: Der Kurs der US-Baumarktkette Home Depot (ISIN US4370761029) fährt gerade ordentlich ab. „Hör mal, wer da hämmert“ gehört also weiter zu den Lieblingsprogrammen der Amerikaner. Der Konzern hat die Prognosen neulich jedenfalls angehoben, was sich „ziehend“ auf die Aktie auswirkt.

Eine interessante Übernahmespekulation wird aus der Schweiz gemeldet: Da hat eine Online-Plattform über Pläne der Großbank Credit Suisse berichtet, den börsenotierten Vermögensverwalter Julius Bär (ISIN CH0102484968) zu schlucken. Die involvierten Unternehmen verweigern naturgemäß jeglichen Kommentar, was Gerüchte ebenso naturgemäß weiter befeuert. Nach Veröffentlichung schoss der Julius-Bär-Kurs jedenfalls kräftig hoch, gab am Freitag allerdings wieder ein wenig nach. Das Ganze dürfte also tatsächlich über die bloße Gerüchtephase noch nicht hinausgekommen sein. Auffällig ist jedenfalls, dass sich Insider offenbar gezielt mit Julius-Bär-Aktien einzudecken beginnen. Die Devise lautet hier vorerst: scharf beobachten.

josef.urschitz@diepresse.com

diepresse.com/money

("Die Presse", Print-Ausgabe, 31.08.2014)

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