Let's make money: Liquiditätsrallye

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Wie die EZB die Liquiditätsrallye befeuert, und was der altbekannte Fotokonzern Fujifilm mit dem Kampf gegen Ebola zu tun hat.

Ökonomen sind eher skeptisch, was die jüngsten Schritte der Europäischen Zentralbank (Zinssenkung auf 0,05 Prozent und Ankauf von ABS-Schrottpapieren) anbelangt: Das sieht schon sehr stark nach Verzweiflungsakt in einem negativen Konjunkturumfeld aus, das man einfach nicht in den Griff bekommt. Und ob es wirklich die klügste Therapie ist, sozusagen schwer Kokainsüchtige mit immer höheren Koksdosen zu behandeln, wird man spätestens dann sehen, wenn der Entzug ansteht. Das wird noch dauern, kann dann aber heftig werden.

Vorerst sind die mit immer höheren Dosen zugeschütteten Patienten, die Finanzmärkte nämlich, aber klarerweise euphorisiert. Und das sollte man als Anleger durchaus ausnutzen. Man muss natürlich immer die Gesamtsituation im Hinterkopf haben. Denn vom Ende der Fahnenstange (das allerdings noch weit entfernt zu sein scheint) droht ein ziemlich tiefer Absturz.

Kurzum: Wir haben es derzeit mit rein liquiditätsgetriebenen Märkten zu tun. Und die werden brummen, solange die Notenbanken für den nötigen Liquiditätsschub sorgen. Besonders profitieren davon klarerweise die starken Börsen des Euroraums (also etwa Frankfurt). Man sollte aber auch die asiatischen und amerikanischen Märkte nicht aus den Augen verlieren. Denn erstens läuft dort die Konjunktur besser, was die eindeutig seriösere Ausgangsbasis für Kurssteigerungen ist. Und zweitens sorgt der von der EZB durchaus beabsichtigte und auch angeschobene Verfall des Euro gegenüber dem Dollar für zusätzliche Währungsgewinne, wenn Euro-Anleger im Dollarraum investiert sind.

Einen Blick wert ist zurzeit China, wo die alte „Presse am Sonntag“-Empfehlung Jinko Solar derzeit nach einer Zwischenschwäche fast täglich ein paar Prozent Zuwachs abliefert. Dort steht ja mit dem „chinesischen Google“ Alibaba der größte Börsengang aller Zeiten an. Und in dessen Umfeld bekommen auch andere Internetunternehmen deutlich Aufwind. Beispielsweise das Social Network YY Inc., das als „chinesisches Facebook“ gilt und hierzulande als ADR (American Depository Receipt, eine Art Aktienzertifikat) unter der ISIN US98426T1060 gehandelt werden kann.

YY (vor Kurzem schon einmal empfohlen, da lag das Papier um fünf Prozent niedriger als jetzt) hat nach einer eindrucksvollen Trendwende nach einem Zwischentief nun ein Allzeithoch markiert – und damit ein kräftiges Kaufsignal generiert. Die Deutsche Bank hat am Freitag ihr Kursziel auf 111 Dollar angehoben, andere Analysten sehen kurzfristig Ziele bis 116 und mittelfristig Chancen auf einen Anstieg auf jenseits der 150 Dollar. Derzeit notiert das Papier bei rund 92, das sieht also nach Potenzial aus. Allerdings mit der Einschränkung, dass der Wert eine Volatilität „chinese style“ aufweist, die Kursschwankungen also nichts für zartbesaitete Anleger sind.

Interessant sieht auch die Aktie eines japanischen Unternehmens aus, das hier alle zu kennen glauben: Fujifilm Holdings (ISIN JP3814000000) entwickelt sich kursmäßig in letzter Zeit prächtig. Das hat wenig mit „old fashioned“ Kameras und Filmen zu tun und viel mit Ebola: Der frühere Filmkonzern hat seinen Schwerpunkt längst auf seine Pharmatochter Toyoma Chemical verlagert, die neben Nahrungszusatzmitteln und Anti-Aging-Cremen auch das Grippemittel Avigan produziert – das sich jetzt als mögliches Ebola-Medikament entpuppt hat. Fujifilm ist mit seinem Schwenk in Japan übrigens nicht allein: Der Brauereikonzern Kirin Breweries „braut“ auch Krebsmedikamente, Japan-Tobacco entwickelt Anti-HIV-Pulver, Toshiba baut eine Krankenhauskette auf, Sony und Panasonic expandieren in die Medizintechnik. Da gibt wohl die stark alternde japanische Bevölkerung die Trends vor.

Nicht anstecken lassen sollte man sich als Anleger derzeit vom Hype rund um den US-Computerkonzern Apple (ISIN US0378331005): Die Aktie hat nach einem beeindruckenden Durchmarsch auf ein neues Allzeithoch in den vergangenen Tagen durch die Affäre um die gehackten Star-Nacktfotos aus der iCloud einen deutlichen Dämpfer bekommen. Zudem hat sie – iPhone 7 hin, Smart Watch her – ihre in der Gegend von 100 bis 103 Dollar liegenden Kursziele praktisch erreicht. Könnte sein, dass sie jetzt ein bisschen Zeit zum Luftholen braucht, bevor es weiter den Berg hinaufgeht. Das sieht kurzfristig eher nach „Halten“ aus.

josef.urschitz@diepresse.com

diepresse.com/money

("Die Presse", Print-Ausgabe, 07.09.2014)

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