Die EZB muss aus allen Rohren feuern

File photo of  European Central Bank President Draghi during the bank´s monthly news conference in Frankfurt
File photo of European Central Bank President Draghi during the bank´s monthly news conference in Frankfurt(c) REUTERS (RALPH ORLOWSKI)
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Warum die EZB in nächster Zeit aus allen Rohren feuern muss und wie das eine Jahresendrallyeauslösen könnte.

Genau genommen ist das ja nicht das Umfeld, in dem die Börsen in Europa boomen sollten: Die Konjunkturprognosen werden im Wochentakt nach unten revidiert, und die EZB weiß nicht mehr recht, was sie noch alles an erlaubten und auch verbotenen Maßnahmen setzen soll, um zwecks Vermeidung der gefürchteten Deflation ein bisschen Inflation zu erzeugen.

Genau Letzteres treibt aber die Börsen ungeheuer an. Am Freitag sah man das wieder, als Äußerungen von EZB-Chef Mario Draghi den deutschen DAX und den österreichischen ATX geradezu explodieren ließen. Kein Wunder: Draghi hat wieder einmal angekündigt, dass die EZB die Dosis der Börsendroge Liquiditätsschwemme kräftig erhöhen werde. An dem dadurch ausgelösten (Kauf-)Rausch kann man sich ruhig beteiligen. Man muss nur wissen, dass Drogenexzesse normalerweise im Katzenjammer zu enden pflegen – und Maßnahmen setzen, die ein rechtzeitiges Verlassen der Party garantieren.

Tatsächlich könnte das, was der oberste Hüter des Euro von sich gegeben hat, noch für eine schöne Jahresendrallye sorgen: Draghi hat gesagt, die EZB werde „alles tun, was wir müssen, um Inflation und Inflationserwartungen so schnell wie möglich zu erhöhen, wie es unser Mandat der Preisstabilität von uns verlangt“. Das klingt für normale Ohren nicht so aufregend, ist aber ein Hammer: Das „Mandat der Preisstabilität“ verlangt nämlich, die Inflationsrate im Euroraum in der Gegend der Zwei-Prozent-Marke zu halten. Davon ist die Euro-Inflation derzeit so weit entfernt, dass wirklich nur Feuern aus allen Rohren helfen kann.

Das wird die EZB auch tun. Wie berichtet besteht das Arsenal, das Draghi jetzt voll auffahren will, aus verstärkten Käufen von Pfandbriefen und Kreditverbriefungen, auch die Möglichkeit von direkten Anleihekäufen nach dem Muster des Quantitative Easing, das die Fed in den vergangenen Jahren betrieben hat, steht im Raum.

Das freut Aktionäre vorerst. Und wenn es Draghi gelingt, die Inflation ein wenig (aber nicht zu viel) anzuschieben, dann freut es sie noch mehr: Beim aktuellen Zinsniveau bedeutet jeder Zehntelprozentpunkt Inflationsanhebung eine höhere reale Negativverzinsung für Spareinlagen. Allein dieser aus finanzieller Repression gespeiste „Anlagenotstand“ sollte dafür sorgen, dass die Nachfrage nach Aktien weiter steigt.

Schauen wir also, was sich da anbietet. In Deutschland hat zuletzt der Chemieriese Bayer AG (ISIN DE000BAY0017) seine Pharmasparte mit einem Zukauf in den USA spektakulär verstärkt. Der Kurs kennt schon seit mehreren Jahren nur eine Richtung, aber Analysten sind der Meinung, dass das Ende der Fahnenstange noch nicht erreicht sei. Auf Sicht müssten 15 bis 20 Prozent Kurszuwachs drin sein.

In den USA hat die Kreditkartenfirma Visa (ISIN US92826C8394) ihre mehrmonatige Kurspause beendet und zum nächsten Aufschwung angesetzt. Dieser war in den vergangenen beiden Wochen zwar kurzfristig unterbrochen, doch jetzt scheint der Kreditkartengigant die nächste Stufe zu nehmen. Sieht interessant aus, allerdings sollte man sich bei diesem Börsenschwergewicht nicht allzu kräftige Sprünge erwarten.

Recht großes Potenzial trauen Analysten dagegen einem chinesischen Börsenschwergewicht zu: Dem Internet-Suchmaschinenbetreiber Baidu (ISIN US0567521085), der hierzulande als US-Aktienzertifikat (ADR) gehandelt werden kann. Baidu beherrscht fast drei Viertel des Heimmarkts. und dieser heißt nun einmal China und ist mit 1,3 Milliarden potenziellen Nutzern der größte der Welt. Das Potenzial der Aktie ist trotz mehrjährigen Höhenflugs noch immer enorm. Analysten gehen vom aktuellen Kurs von 20bis 25 Prozent aus.

Gute Zahlen rissen in den Vereinigten Staaten den Halbleiterriesen Intel (ISIN US4581401001) aus einem Zwischentief. Und wie: Am Donnerstag hat der Kurs eine wichtige Hürde gerissen und ein Kaufsignal generiert. Zudem hat der Konzern angekündigt, die Dividende im kommenden Jahr anheben zu wollen. „Intel Inside“ kann so gesehen dem Depot nicht schaden.

Übrigens: Unser alter Liebling Apple (ISIN US0378331005) ist auch wieder zu alter Stärke erwacht. Wer es bisher versäumt hat, kann noch immer aufspringen. Zurzeit zeigt der Chart der Kultmarke noch keinerlei Anzeichen für einen neuerlichen Schwächeanfall.

josef.urschitz@diepresse.com

diepresse.com/money

("Die Presse", Print-Ausgabe, 23.11.2014)

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