Wie Herr Draghi dem Kurs von Airbus Flügel verleiht

Members of the Swiss aerobatic team Patrouille Swiss fly in formation with a Swiss Airbus A 320 over the men's Alpine Skiing World Cup Super Combined in Wengen
Members of the Swiss aerobatic team Patrouille Swiss fly in formation with a Swiss Airbus A 320 over the men's Alpine Skiing World Cup Super Combined in WengenREUTERS
  • Drucken

Warum den wichtigsten Börsen bald eine Korrektur droht und wie Herr Draghi dem Kurs von Airbus Flügel verleiht.

Die erste Euphorie über die neuerlich gelockerte Geldpolitik der EZB ist an den Börsen verflogen – wenn auch auf recht hohem Niveau. Mit größeren Gewinnen sollte man jetzt zumindest kurzfristig nicht rechnen.

Speziell die großen europäischen Börsen sind nach dem jüngsten Kursrausch jedenfalls hoffnungslos überkauft. Wer jetzt zuschlägt riskiert, knapp vor einer beginnenden Korrektur zu Höchstkursen zu kaufen.

Die Zeichen sind ja unübersehbar. Die Märkte, die noch zu Wochenbeginn die nicht gerade börsenfreundliche Entwicklung in Griechenland stoisch zur Kenntnis genommen hatten, reagierten gegen das Wochenende hin schon höchst nervös. Es gibt Analysten, die das als Beginn einer Marktkorrektur speziell im deutschen DAX und im Europa-Bluechip-Index Eurostoxx sehen, wobei diese Korrektur durchaus eineinhalb bis zwei Monate dauern und von den Höchstständen zehn, 15, vielleicht auch noch mehr herunterholen könnte.

Marktkonsens ist das zwar noch nicht, aber dass jetzt einmal Pause sein muss, scheint sich nicht vermeiden zu lassen. Auch die mittelfristigen Aussichten haben sich nach den jüngsten Höhenflügen deutlich eingetrübt. Viel mehr als fünf bis sieben Prozent Aufschwung trauen Insider den beiden Indizes heuer nicht mehr zu. Und den anderen wohl auch nicht. Denn auch in New York ist die Luft relativ dünn geworden. Und der Wiener ATX hat seinen ohnehin sehr verhaltenen EZB-Schwung auch schon wieder verloren.

Es gibt noch keinen Grund, in Panik aus dem Markt zu flüchten. Aber über die Absicherung bestehender Positionen sollte man sich schon ein paar Gedanken machen.

Bei Neuengagements schlägt jetzt jedenfalls wieder einmal die Stunde der Stock-Picker. Denn mit Index-ETFs oder auf andere Weise nachgebildeten Indizes wird man in diesem Marktumfeld keine gesteigerte Freude haben. Allzu riskant und volatil sollte das Papier aber auch nicht sein, denn das könnte in nächster Zeit zu sehr an den Nerven zehren.

Anschauen könnte man sich da wieder einmal einen alten Bekannten: Die Aktie des Kreditkartenunternehmens Visa (ISIN US92826C8394) haben wir längerfristig orientierten Anlegern schon vor zwei Jahren ans Herz gelegt. Seither hat der Wert immerhin knapp 80 Prozent zugelegt. Und der Aufwärtstrend, der sich im Oktober des Vorjahres sogar beschleunigt hat, ist weiter intakt.

Derzeit konsolidiert die Aktie ein wenig, was eine gute Einstiegsgelegenheit bietet. Allerdings könnte es damit bald wieder vorbei sein, denn das Unternehmen hat vorgestern hervorragende Quartalszahlen und eine sehr gut ausschauende Prognose vorgelegt. Der Grund ist einfach: In den USA, aber auch in einigen europäischen Ländern hat sich das Konsumklima zuletzt deutlich verbessert. Mehr Konsum heißt mehr Kreditkarteneinsatz – und damit mehr Geschäft für die Kreditkartenfirmen. Ein anstehender Aktiensplit im Verhältnis 1:4, der das bei knapp 250 Dollar notierende Papier optisch billiger machen wird, könnte für zusätzlichen Schwung sorgen.

Stark verbessert haben sich die Aussichten für den europäischen Flugzeughersteller Airbus (ISIN NL0000235190). Daran ist auch Herr Draghi schuld: Flugzeuge werden weltweit in Dollar gehandelt, auch Airbus verkauft außerhalb der Eurozone in US-Währung – und profitiert dadurch stark vom Euroverfall, den die EZB mit ihrer Geldschwemme bewusst ausgelöst hat. Gleichzeitig werden die Jets des Konkurrenten Boeing in Europa teurer. Ein netter Konkurrenzvorteil. Der Airbus-Gewinn dürfte (nicht nur deshalb) heuer um mehr als ein Drittel zulegen. Die Analysten honorieren das schon: Die Schweizer UBS hat eine Kaufempfehlung ausgesprochen und das Kursziel auf 72 Euro gehoben. Das wäre ein netter Aufschlag zum derzeitigen Kurs von knapp unter 50 Euro.

Anschauen könnte man sich auch die Aktie des Internethändlers Amazon (ISIN US0231351067). Deren Kursverlauf war in den vergangenen Monaten eher durchwachsen. Aber in der Nacht zum Freitag wurde der Kursturbo gezündet: Nach der Bekanntgabe des Quartalsergebnisses mit einem Gewinn, der fast dreimal so hoch wie die Erwartungen der Analysten lag, schoss der Kurs um mehr als zehn Prozent hoch. Könnte sein, dass das die lang erwartete Trendwende ist. Der zuletzt etwas klemmende Kurs-Lift wird sich jetzt wohl in Bewegung setzen.

josef.urschitz@diepresse.com

diepresse.com/money

("Die Presse", Print-Ausgabe, 01.02.2015)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.