Die Börsen und das Grexit-Szenario

Griechische Ein Euro Muenze und Exit Schriftzug Grexit
Griechische Ein Euro Muenze und Exit Schriftzug Grexitimago/Christian Ohde
  • Drucken

Wie die Börsen mit dem nur aufgeschobenen Grexit-Szenario umgehen und wie das iCar von Apple eine Tech-Aktie beflügelt.

Die Vorgänge um die Fortsetzung des jetzt doch noch um ein paar Monate verlängerten Hilfsprogramms für Griechenland sind an Dramatik zwar kaum zu überbieten, die Börsen hat das bisher aber ziemlich kalt gelassen. Der deutsche Leitindex Dax konnte am Donnerstag sogar ein neues Allzeithoch markieren. Auch am Freitag konnten sich die Börsen vergleichsweise recht gut halten. Offenbar nehmen die Börsianer die Gefahr eines Ausscheidens des hoch verschuldeten Landes aus der Eurozone nicht übertrieben ernst und erwarten, dass es doch noch ein Happy Ende gibt.

Das hoffen wir auch, denn ein definitiver Grexit wäre für die europäischen Märkte zwar noch kein Weltuntergang. Aber ordentliche Wellen würde er schon schlagen. Einige Analysten gehen davon aus, dass die in einigen Fällen (beispielsweise im Fall des deutschen Dax) schon recht heißgelaufenen Märkte um gut zehn Prozent einbrechen könnten. Sie würden sich zwar wahrscheinlich relativ rasch wieder erholen, aber auf rauere Zeiten müsste man sich als Aktionär schon einstellen. Daran wird sich in den vier Monaten, um die das Programm verlängert wurde, nicht viel ändern. Die Entscheidung ist ja nur aufgeschoben.

Man hat die Verunsicherung zuletzt schon gesehen: Das deutsche Börsenbarometer geht (daran ändert der Höchststand vom Donnerstag wenig) seit drei Wochen seitwärts dahin – mit einer Schwankungsbreite von 400 Punkten. Das ist enorm. Erstaunlich robust nach oben ist in den letzten Wochen der österreichische ATX gegangen. Aber der ist insgesamt vom Stadium des Überkauftseins ziemlich weit entfernt. Da haben einige Papiere offenbar noch echten Nachholbedarf.

Solchen orten Analysten beispielsweise beim österreichischen Mineralölkonzern OMV (ISIN AT0000743059). Der Chart der im vergangenen Jahr ordentlich geprügelten Aktie sieht ein wenig nach Bodenbildung aus. Der Rohölpreis könnte also jetzt genau zu richtigen Zeitpunkt ein wenig anziehen. Das könnte dem OMV-Kurs überproportional helfen. Allerdings ist die Aktie nicht für Anleger geeignet, die auf den schnellen Gulden aus sind. Denn der österreichische Paradekonzern hat noch ein paar offene Baustellen, die wirtschaftliche Performance ist noch verbesserungswürdig, und was der Haupteigentümer ÖIAG rund um die Besetzung der Top-Position im Konzern aufführt, ist nur noch zum Fremdschämen. Die Aktie ist also eine Art „Besserungsschein“. Erfängt sich der Konzern, dann ist das Potenzial wohl groß.

Stark von sich reden gemacht hat in der vorigen Woche der Elektronik- und Rüstungskonzern Rheinmetall (ISIN DE0007030009). Der Konzern hat am Donnerstag sehr starke Geschäftszahlen vorgelegt, worauf die Aktie einen kräftigen Kurssprung hinlegen konnte. Rheinmetall ist eine klassische Turnaround-Story. Nach langer Talfahrt hat das Papier im vorigen Dezember gedreht und fährt seither recht steil nach oben. Verantwortlich dafür ist das boomende Autoelektronik-Geschäft, das die anhaltende Flaute in der immer noch verlustreichen Rüstungssparte mehr als kompensiert.

Die jüngste Zahlenvorlage hat die Analysten jedenfalls beeindruckt. Unter anderem haben HSBC, DZ Bank und Equinet Kaufempfehlungen abgegeben und die Kursziele erhöht. Die reichen jetzt bis 51 Euro, was vom aktuellen Kurs aus gesehen rund 17 Prozent Potenzial bedeuten würde. Wir wollen aber nicht verschweigen, dass es auch Skeptiker gibt: JPMorgan hat sein Kursziel zwar auch kräftig erhöht, aber nur auf 41,30. Da liegt die Aktie jetzt schon drüber.

Wenn wir schon in Deutschland sind, empfiehlt sich auch noch ein Blick auf die an dieser Stelle schon mehrmals besprochene Aktie des im TecDax notierten Elektronikkonzerns Dialog Semiconductor (ISIN GB0059822006). Der hat soeben hervorragende Zahlen abgeliefert, worauf Credit Suisse sein Kursziel von 31 auf 45 Euro erhöht hat. Nach einem fast sechsprozentigen Sprung am Freitag (auf 37,6) ist dieses Ziel zwar schon deutlich näher gerückt. Aber das Ende der Fahnenstange ist damit noch lange nicht erreicht. Der Chart zieht seit dem Sommer 2013 wie mit dem Lineal gezogen nach oben und dürfte das noch eine Zeit lang tun. In diesen rund eineinhalb Jahren hat sich der Kurs vervierfacht.

Dialog profitiert stark vom derzeitigen Höhenflug seines wichtigsten Kunden, Apple. Die Spekulationen um das iCar treiben solcherart auch den Dialog-Kurs.

josef.urschitz@diepresse.com

diepresse.com/money

("Die Presse", Print-Ausgabe, 22.02.2015)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.