Empfehlungen für Zeitgenossen, die auf ihr Geld schauen

Warum die Signale an den großen Börsen immer noch auf Rot stehen und Carl Icahn auf eine Bergbauaktie setzt.

Über die vergangene Woche breiten Börsianer am besten den Mantel des Vergessens. Die Volatilität, mit der da Kurse hin- und hergeschleudert wurden, wird zwar passionierte Daytrader gefreut haben, ein Markt für ernsthafte Anleger ist das aber nicht.

Zumal die vergleichsweise scharfe Erholung nach dem montäglichen Absturz ja nicht einer grundlegenden Verbesserung der Börsensituation geschuldet ist, sondern eher einen der üblichen „Bouncebacks“ darstellt, der entsteht, wenn „Shorties“ ihre Gewinne realisieren und kurzfristige Schnäppchenjäger zuschlagen.

Der viel zitierte Boden ist aber weder aus fundamentaler noch aus charttechnischer Sicht erreicht. Die nächsten Monate könnten noch recht ruppig werden. „Ausgebombte“ Märkte bieten risikobereiten Anlegern zwar häufig recht attraktive Chancen. Aber es ergibt keinen Sinn, zu früh einzusteigen. Kurz gesagt: Derzeit stehen die Signale ganz eindeutig noch auf Rot.

Darüber können auch durch den Kurssturz attraktiv gewordene Bewertungen nicht hinwegtäuschen. Apple (ISIN US0378331005) beispielsweise wäre mit einem Kurs-Gewinn-Verhältnis von elf normalerweise ein ausgesprochenes Schnäppchen. So „billig“ jedenfalls wie seit Jahren nicht. Allerdings stehen Chartisten derzeit die Haare senkrecht zu Berge, wenn sie auf das Kursbild das Computerkonzerns blicken. Und es ist auch noch lang nicht sicher, ob das „G“ im KGV, nämlich der prognostizierte Gewinn, auch hält. Zu schwierig ist das konjunkturelle Umfeld, vor allem im wichtigen Markt China.

Man sieht, mit traditionellen Bewertungsmethoden hüpft man nicht allzu weit. Wer sich engagieren will, warte erst einmal ab, bis sich die Nebel um die wichtigsten Störfaktoren lichten. Diese heißen China und US-Zinsen. Gelingt es der chinesischen Regierung nicht, Beruhigung in den Markt zu bringen, dann sind weitere negative Auswirkungen auf die Weltwirtschaft – und damit auch auf die Weltbörsen – nicht ausgeschlossen. Und eine allfällige Anhebung der US-Zinsen im September wird dem Markt auch nicht gerade helfen. Sie gilt zwar wieder als etwas unwahrscheinlicher, aber ein eindeutiges Signal vonseiten der Fed, die zuletzt einen etwas wankelmütigen Eindruck machte, steht noch aus.

Vor Mitte September wird schwer absehbar sein, wohin die Reise geht. Und bis dahin ist es für Privatanleger auch sinnvoller, dem Bulle-Bär-Gerangel von der sicheren Tribüne aus zuzusehen.

Sicherer als Long-Investitionen scheint ohnehin die Spekulation auf Kursverfall (etwa mit Put-Optionsscheinen). Einige Analysten haben in den vergangenen Tagen beispielsweise die Aktie der Lufthansa(ISIN DE0008232125) als Short-Kandidaten ausgemacht. Sie kommt durch die Billigflieger-Konkurrenz zunehmend unter Druck und hat in der letzten Zeit einige Rückstufungen und Kurszielanpassungen erlebt. Zuletzt hat HSBC das Kursziel auf 12 Euro reduziert. Das liegt zwar noch leicht über dem aktuellen Kurs, scheint aber angesichts des Umfelds zumindest kurzfristig ziemlich optimistisch zu sein. An dieser Stelle sei freilich auch eine Warnung angebracht: Derivat-Spekulationen tragen die Gefahr des relativ flotten Totalverlusts in sich. Sie sollten also nur von geübten Anlegern mit kleineren, nicht existenzbedrohenden Beträgen eingegangen werden.

„Long“ ist, wie schon erwähnt, Pause angesagt. Wer trotzdem nicht Ruhe geben kann, könnte sich vielleicht an Großinvestoren anhängen. Einer der bekanntesten und aggressivsten, Carl Icahn, lässt die Aktie des amerikanischen Bergbaukonzerns Freeport-McMoran(ISIN US35671D8570) durch die Decke gehen. Am Donnerstag hat Icahn eine 8,5-Prozent-Beteiligung am Konzern bekannt gegeben. Begründung: Die Aktie sei deutlich unterbewertet. Offenbar hat der Großinvestor, der dafür bekannt ist, das Management seiner Beteiligungen extrem unter Druck zu setzen, um mehr für die Aktionäre herauszuholen, viele „Follower“. Am Freitag lag der Kurs zum Börsenstart in Amerika jedenfalls um acht Prozent im Plus – trotz eines insgesamt negativen Börsenumfelds.

Das durchschnittliche Analysten-Kursziel lag mit 19 Dollar jedenfalls schon vor dem Icahn-Statement fast doppelt so hoch wie der aktuelle Kurs. Und der Analystenkonsens steht auf „Kaufen“ – wenn man so risikofreudig wie Icahn ist.

josef.urschitz@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 30.08.2015)

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