Warum auch 2016 ein eher durchwachsenes Börsenjahr wird

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Und wie Nike der Konkurrenz an der Börse davonläuft.

Die letzten Tage im Jahr bringen eine Hochkonjunktur für Jahresrückblicke. Den können wir an dieser Stelle kurz halten: Das abgelaufene Jahr ist für Aktienanleger unter Absolvierung mehrerer Höhen und Tiefen gar nicht so schlecht gelaufen. Am Ende stehen in allen wichtigen Indizes ein paar Prozent Zuwachs zu Buche. In Europa aus Kursgewinnen, im etwas schwächer performenden Amerika für europäische Anleger überwiegend aus Währungsgewinnen durch den starken Dollar.

Aber Indizes sind Durchschnittswerte. Und mancher Aktienbesitzer wird sich im abgelaufenen Jahr gefühlt haben wie jener statistische Unglückswurm, der eine angenehme Durchschnittstemperatur erreicht, indem er einen Fuß in siedendes Wasser und einen in die Tiefkühltruhe steckt. Innerhalb der nur leicht gestiegenen wichtigen Indizes war es durchaus möglich, mit Einzelaktien 50 Prozent Gewinn oder 50 Prozent Verlust zu machen. Ein Beweis dafür, wie wichtig gekonntes Stock Picking auch auf Märkten ist, die sich insgesamt über die Beobachtungsperiode gesehen nur wenig bewegen.

Die Top- und Flop-Aktien sind schon am vergangenen Montag in der „Mein Geld“-Rubrik abgehandelt worden. Wir müssen sie hier nicht wiederholen. Zumal für Börsianer ja nicht sonderlich relevant ist, wie ein Papier in der Vergangenheit performt hat, sondern wie es künftig performen wird. Also nicht: Wie war 2015? Sondern: Wie wird 2016? Da müssen wir leider feststellen, dass die Glaskugel, die uns darüber Auskunft geben könnte, immer milchiger und undurchsichtiger wird. Durch zahlreiche politische Eingriffe in die Märkte sind früher recht aussagekräftige Indikatoren nicht mehr berechenbar. Der wichtigste, nämlich der Leitzins, hat durch die krasse Manipulation des Zinsgefüges durch die großen Notenbanken seine Aussagekraft weitgehend verloren.

Daran wird sich auch 2016 nichts ändern, denn zumindest Europa wird schon wegen seiner Staatsschuldenprobleme noch lange am Nullzins festhalten müssen. Je länger die notwendigen Strukturreformen aufgeschoben werden (was die Niedrigzinsphase paradoxerweise begünstigt), desto länger wird man daran festhalten müssen.

Für die Aktienmärkte ist anzunehmen, dass diese Entwicklung ein wenig stützt. Schließlich lässt das Zinsumfeld kaum Anlagealternativen mit positiver Renditeerwartung zu. Bei Staatsanleihen kommt noch eine gigantische Blasenbildung hinzu, die zu Bewertungen führt, wie sie die Welt noch nicht oft gesehen hat.

Wenn diese Blase platzt, wird zwar alles mitgerissen, Aktien sind in diesem Umfeld aber trotzdem die Anlage der Wahl. Der Analystenkonsens geht in die Richtung, dass europäische Aktien im kommenden Jahr besser performen werden als amerikanische, dass die europäischen Indizes nach oben freilich auch nicht allzu viel Luft haben.

Und für den Konsens gilt natürlich das, was über Durchschnittswerte einleitend bemerkt wurde: Er sagt nicht viel. In dieser Woche wurden beispielsweise deutsche Anlystenschätzungen veröffentlicht. Die deutschen Aktienzampanos sehen den jetzt bei rund 10.700 Punkten stehenden DAX Ende 2016 bei Werten zwischen 8200 und 13.500 Punkten. Hilfreich ist diese Spanne nicht.

Und wo soll man in den nächsten Tagen konkret investieren? Am besten gar nicht. Die Börsen fahren im Feiertagsmodus, da kann man sich auch als Anleger eine Pause vergönnen. Spannend wird es, wenn die großen Player in der zweiten Jännerwoche aufs Börsenparkett zurückkehren.

Anschauen könnte man sich in der Zwischenzeit beispielsweise den amerikanischen Sportartikelhersteller Nike(Isin US6541061031). Bei dieser Aktie, die seit vielen Jahren wie mit der Schnur gezogen nach oben geht, ist eine Konsolidierung, die im vergangenen Monat einen leichten Kursrückgang gebracht hat, gerade am Auslaufen. Das könnte ein durchaus interessanter Einstiegszeitpunkt sein.

Einen eindrucksvollen Turnaround legt zur Zeit auch die deutsche Biotech-Aktie Medigene(Isin DE000A 1X3W00) hin. Das unter andrem bei Krebsmedikamenten engagierte Unternehmen gilt nach einer ziemlich krassen Börsentalfahrt von 15 auf fünf Euro in diesem Jahr und nach einem Wiederanstieg um 40 Prozent in den vergangenen Tagen nun wieder als Börsen-Geheimtipp. Die Aktie ist wegen ihrer mörderischen Kurssprünge aber nichts für schwache Nerven.

josef.urschitz@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 27.12.2015)

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