Strahlender Börsensommer

Kolumne

Bisher erleben wir einen vergleichsweise strahlenden Börsensommer. Wer nach der alten Börsenregel „Sell in May“ den Frühsommer ausgelassen hat, der hat wohl einiges liegen gelassen. Besonders in den USA, wo die Märkte auf Höchstständen stehen.

Es gibt aber nicht wenige Beobachter, die dem Frieden nicht so recht trauen. Besonders hierzulande nicht, wo der deutsche Leitindex DAX jetzt schon zum dritten Mal an einer in der Gegend von 10.400 Punkten liegenden Barriere gescheitert ist. Hier halten Analysten eine kurzfristige Korrektur für entschieden wahrscheinlicher als einen weiteren Satz nach oben.

Gute Anhaltspunkte gibt jedenfalls die laufende Berichtssaison für das zweite Quartal. Da haben speziell die US-Techs (mit Ausnahme von Twitter, dessen Geschäftsmodell nicht sehr nachhaltig zu sein scheint) überraschend kräftig aufgezeigt. Facebook, Amazon, Alphabet (Google) & Co. sind zwar teilweise schon recht luftig bewertet, aber sie haben mit ihren Quartalsergebnissen die Analysten durch die Bank positiv überrascht. Sogar Apple, auf dem Markt zurzeit ungewohnt holprig unterwegs, hat bessere Zahlen als erwartet geliefert.

Wie darauf reagieren? Bei Apple ist weiterhin Vorsicht angeraten. Der einstige Börsenstar klebt seit Längerem im Bereich der 100-Dollar-Marke fest und kommt auch diesmal nicht recht vom Fleck. Bevor Apple-Chef Tim Cook nichts entscheidend Neues einfällt, wird sich da eher wenig tun.

Ander sieht die Sache bei den anderen Techs aus. Facebook (ISIN US30303M1027) hat im zweiten Quartal die Analystenerwartungen sowohl beim Umsatz wie auch beim Gewinn deutlich übertroffen. Das ist mit dem viereinhalbprozentigen Kurssprung unmittelbar nach der Ergebnisveröffentlichung zwar kurstechnisch erledigt, das Ergebnis könnte der zuletzt eher seitwärts dahinwandelnden Aktie jetzt aber den Kick geben, der sie auf weitere Höhenflüge schickt. Die Basis dafür ist jedenfalls gelegt: Facebook hat sich im stark wachsenden Mobilfunkgeschäft fix eingenistet und macht jetzt schon den größeren Teil seines Geschäfts mit Handynutzern, surft also voll auf der Mobilwelle.

Ähnlich gut läuft es bei der Google-Muttergesellschaft Alphabet (ISIN US02079K3059). Goldman Sachs hat die Aktie soeben auf seine „Conviction Buy“-Liste genommen und das Kursziel von 810 auf 930 Dollar angehoben. Das Papier notiert derzeit in der Gegend von 775 Dollar, das sieht also doch nach Potenzial aus.

Auch Alphabet hat die Analystenerwartungen deutlich übertroffen, wofür fast ausschließlich das Konzernaushängeschild Google verantwortlich war. Die Aktie reagierte auf die Quartalszahlen ebenfalls mit einem Freudensprung.

Mit Kaufempfehlungen und Hochstufungen geradezu eingedeckt wurde in den vergangenen Tagen die Aktie des Internethändlers Amazon (ISIN US0231351067). Die Kursziele reichen von 840 Dollar (RBC Capital) über 900 Dollar (UBS) bis zu 941 Dollar, die Oppenheimer der Internet-Aktie zutraut. Derzeit liegt der Kurs in der Gegend von 760 Dollar, das Kurspotenzial, das Analysten Amazon zugestehen, liegt also gleichauf mit dem Alphabet-Papier. Dass Amazon als, vorsichtig formuliert, schon recht luftig bewertet gilt, stört die US-Analysten offenbar nicht. Der Konzern scheint noch schneller zu „liefern“, als die Analysten ihre Erwartungen hochschrauben.

Zurück nach Europa: Da scheint der DAX, wie erwähnt, an Grenzen zu stoßen, was allerdings nicht für alle DAX-Aktien gilt. Derzeit läuft zum Beispiel der im DAX notierte Sportartikelhersteller Adidas(ISINDE000A1EWWW0) allen Prognosen davon. Der deutsche Konzern hat im zweiten Quartal eine kräftige Gewinnsteigerung berichtet und seine Prognosen für das Gesamtjahr erneut angehoben. Demnach könnte der Gewinn heuer erstmals die Milliardengrenze erreichen, was einem Zuwachs um mehr als 30 Prozent entspräche. Im ersten Halbjahr hat Adidas freilich stark von der Fußball-EM in Frankreich profitiert.

Ein kleineres IT-Unternehmen, das seinen Aktionären zuletzt nicht immer Freude machte, hat jetzt die Analysten der UBS begeistert: Die haben GFT Technologies(ISINDE0005800601) auf „Buy“ hochgestuft und das Kursziel auf 25 Euro gesetzt, was rund 25 Prozent Potenzial entspräche. Der Chart zeigt tatsächlich eine schöne Umkehrformation.

josef.urschitz@diepresse.com

diepresse.com/money

("Die Presse", Print-Ausgabe, 31.07.2016)

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