Draghi und die Deutsche-Bank-Aktie

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EZB zur blauen Stunde(c) APA/dpa/Christoph Schmidt
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Wie EZB-Chef Draghi den Börsianern ihre Grenzen aufzeigte und warum die Deutsche-Bank-AktieZockerpotenzial aufweist.

Es hatte schon nach neuer Kaufeuphorie ausgesehen, aber EZB-chef Mario Draghi machte den Börsianern diese Woche wieder einmal ihre Grenzen klar: Die Entscheidung, am laufenden Ankaufsprogramm vorerst nichts zu ändern, führte an allen wichtigen Märkten zu schneller Ernüchterung – und zwang die Indexstände wieder in die Seitwärtskanäle zurück, in denen sie seit Anfang August pendeln. Der für heimische Anleger wichtige deutsche DAX beispielsweise hat es sich recht wohnlich in der Zone zwischen 10.500 und 10.750 Punkten eingerichtet. Und diese wird er, wenn nichts Aufregendes passiert, wohl auch nicht so schnell verlassen. Weder nach oben noch nach unten.

Solche Seitwärtsphasen sind nicht nur für Trader schwieriges Gelände, sie sind auch für mittel- und längerfristig orientierte Anleger vergleichsweise unlukrativ. Wenn man hier einsteigt, dann jedenfalls im unteren Bereich des Seitwärtskanals. Sonst riskiert man, gleich einmal mit Verlusten zu starten.

Seitwärts heißt aber nicht, dass sich auch bei Einzelwerten wenig tut. Der hier schon einmal besprochene, im TecDAX notierende deutsche Windkraftanlagenbauer Nordex (ISIN DE000A0D6554) beispielsweise hat am Freitag einen Sprung von mehr als fünf Prozent hingelegt. Nicht schlecht für eine Aktie, deren imposanter Höhenflug vor einem Jahr gestoppt worden war und die ihren Haltern seither eher wenig Freude bereitet hat.

Grund dafür war eine sehr positive Analyse der US-Investmentbank Goldman Sachs. Demnach ist Nordex die mit Abstand am niedrigsten bewertete Windkraftaktie, was ihr bei dem konstatierten starken Unternehmenswachstum und den hohen Barmittelzuflüssen außerordentliches Potenzial beschere. Goldman hebt sein Kursziel jedenfalls von derzeit 36 auf 44 Euro. Bei einem aktuellen Kurs von knapp 26,50 sieht die Sache tatsächlich lukrativ aus, so sich der Kurs auch nur halbwegs an die Goldman-Prognose hält.

Der absolute Gewinner im deutschen Leitindex DAX war am Freitag die Aktie der Deutschen Bank (ISIN DE0005140008), die um fast fünf Prozent in die Höhe schoss. Auslöser für die plötzliche Abfahrt der in den vergangenen Monaten extrem niedergeprügelten Aktie waren Meldungen über eine baldige Einigung mit den US-Behörden im Streit um US-Hypothekengeschäfte. Wie es hieß, werde der Vergleich eine Strafzahlung beinhalten, deren Umfang deutlich unter den bisherigen Befürchtungen liegt.

Von Bankaktien soll man in diesem Umfeld als mittelfristig orientierter Anleger grundsätzlich die Finger lassen. Aber dieser Fall könnte eine lohnende Kurzfristspekulation abgeben. Wenn diese Einigung in der kommenden Woche tatsächlich kommt, dann könnte das den Kurs kurzfristig recht ordentlich beflügeln. Aber es ist natürlich Hasard mit einer Bankaktie. Also mit spitzen Fingern anfassen, und im Fall des Falles gleich wieder fallen lassen!

Einen stetigen Aufwärtstrend weist dagegen seit vielen Jahren der US-Zigarettenkonzern Altria (ISIN US02209S1033) auf. Manche mögen ja aus moralischen Gründen keine Zigarettenhersteller. Schon gar nicht, wenn diese mit einem Einstieg in den milliardenschweren, immer stärker liberalisierten US-Cannabismarkt liebäugeln. Aber ihre Eignung als sicherer Anker für jedes Depot mit Drang nach oben hat die Aktie in den vergangenen Jahren eindrucksvoll bewiesen. Die jüngsten Analysen gehen von Kurszielen von 72 bis 73 Dollar aus, aktuell notiert das Papier bei 65. Derzeit steckt der Wert in einer Zwischenkonsolidierung. Der Einstiegszeitpunkt ist also gut. Aber natürlich erst, wenn die Aktie eindeutige Signale für eine Beendigung dieser Konsolidierungsphase liefert. Es heißt also noch ein bisschen abwarten und beobachten.

Wie an der Schnur hochgezogen sieht auch der Chart der Google-Mutter Alphabet (ISIN US02079K3059) aus. Und zwar seit Langem: Wer beim Google-Börsengang 2004 dabei war, kann sich unterdessen über rund 1800 Prozent Kursgewinn freuen. Aber die Expansion des Suchmaschinenkonzerns, der durch Zukäufe schon relativ breit aufgestellt ist, geht unverdrossen weiter. Das schlägt sich naturgemäß in den Kursaussichten nieder: Die jüngsten Kursziele liegen bei 900 Dollar und leicht darüber. Aktuell notiert die Aktie bei rund 800. Auch Alphabet steckt seit ein paar Tagen in einer leichten Konsolidierung. Auch hier ergibt sich also, wenn man es längerfristig anlegt, gerade ein günstiger Zeitpunkt für den Einstieg.

josef.urschitz@diepresse.com

diepresse.com/money

("Die Presse", Print-Ausgabe, 11.09.2016)

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