Was Crash-Propheten beunruhigt

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FRANCE-ECONOMY-PHARMACEUTICAL-BIOTECHNOLOGY-INDUSTRY-EVOTECAPA/AFP/REMY GABALDA
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Was Crash-Propheten gerade beunruhigt und warum die Biotechaktie Evotec von Höchststand zu Höchststand springt.

Da waren wir mit unseren Prognosen auf kurze Sicht wohl ein wenig zu vorsichtig: Dow Jones und S&P 500 haben in der abgelaufenen Woche neue Rekordstände erklommen, der DAX steht auf Jahreshoch und selbst der eher behäbige österreichische Leitindex ATX steht so weit oben wie seit eineinhalb Jahren nicht mehr. Die immer wieder prophezeite, aber ebenso oft aufgeschobene Weihnachtsrallye ist also doch noch in die Gänge gekommen.

Zu danken ist das vorwiegend der EZB, die keine Chance sieht, kurzfristig aus ihrer Niedrigzinsfalle herauszukommen. Und auch der Normalisierung in den USA. Dort beginnen sich die Nebel um den künftigen Kurs des gewählten, aber noch nicht amtierenden Präsidenten, Donald Trump, langsam zu lichten. Und der Abbau von Unsicherheit tut den Märkten immer gut.

Old-Economy-Aktien hatten kursmäßig ja von Anfang an den Trump-Sieg bejubelt. Jetzt legen aber auch die Silicon-Valley-Papiere an der Nasdaq ihren Trump-Blues wieder ab und kommen aus ihren Kursgräben, in die sie sich zurückgezogen hatten.

Gute Stimmung also. Getrübt allerdings von den Zwischenrufen einiger Analysten, denen der starke Höhenflug langsam Schwindelgefühle beschert. So haben in der Vorwoche mehrere Analysten angesichts des sogenannten Shiller-KGVs bedenkliche Mienen aufgesetzt.

Dieser Marker setzt den Kurs nicht zum Jahresgewinn in Relation, sondern zum inflationsbereinigten Durchschnittsgewinn der vergangenen zehn Jahre. Weil er solcherart die langfristige Gewinnentwicklung berücksichtigt, gilt er als viel zuverlässigerer Indikator dafür, ob eine Aktie oder ein Index über- oder unterbewertet ist als das gewöhnliche KGV. Und er lässt deshalb auch akkuratere Prognosen zu.

Und jetzt der Hammer: Diese Kennzahl, die für den amerikanischen S&P500-Index im langjährigen Durchschnitt bei 16,7 liegt, ist jetzt auf 27 geklettert. Seit Beginn der Aufzeichnungen war er nur zweimal höher: Knapp vor dem großen Börsenkrach des Jahres 1929 und unmittelbar vor dem Platzen der Dotcom-Bubble zur Jahrtausendwende. Ähnlich hoch war er im Jahr 2008, unmittelbar vor der dann folgenden Börsentalfahrt.

Experten geben zwar zu bedenken, dass man auch das Zinsniveau berücksichtigen müsse, das derzeit höhere Bewertungen als in einer Hochzinsphase rechtfertige, aber über eine historische Wahrheit kommt man nicht hinweg: Wann immer das Shiller-KGV derartige Höhen erreichte, gab es in der Folge einen saftigen Börsenabsturz.

Das ist aber noch kein Grund, kurzfristig mögliche Gewinne liegen zu lassen. Zum Liebling der Analysten mausert sich beispielsweise die hier beinahe schon regelmäßig vorkommende Aktie des von einem Österreicher geführten deutschen Biotechunternehmens Evotec (ISIN DE0005664809). Als wir zum ersten Mal empfohlen haben, dieses Papier näher anzusehen, stand der Kurs deutlich unter drei. Jetzt halten wir bei knapp 6,4 Euro. Doch das ist noch nicht das Ende. Nach der Bekanntgabe einer weiteren wichtigen Kooperation hat das Papier Ende dieser Woche wieder abgehoben und dabei gleich ein charttechnisches Kaufsignal getriggert. Jetzt gibt es schon Beobachter, die dem Wert acht Euro zutrauen. Da sollte man schon wieder näher hinsehen.

Nicht ganz einig sind sich die Analysten beim deutschen Nobelautohersteller Daimler (ISIN DE0007100000). Der hat in den vergangenen Monaten immer wieder Anläufe unternommen. Und ist jedes Mal wieder ausgebremst worden. Jetzt haben UBS und Commerzbank ihre Kaufempfehlungen erneuert und Kursziele von 90 zw. 95 Euro ausgerufen, was einem Potenzial von mehr als einem Drittel entspräche. Berenberg dagegen hat seine Verkaufsempfehlung bekräftigt und ein Kursziel von 53 Euro genannt. Die Berenberger sehen die Zukunft schwarz: Der Elektroautoboom werde die Restwerte von Leasingautos zertrümmern. Und Mercedes habe außerordentlich viele Leasingautos laufen. Allerdings: So richtig boomen die E-Cars noch nicht.

Sehr stark angehoben wurde jüngst das Kursziel von Adidas (ISIN DE000A1EWWW0). Mainfirst rechnet jetzt mit 165 Euro. Wenn das zutrifft, wäre der Einstiegszeitpunkt günstig: Die im Jahresverlauf steil gestiegene Sportartikelaktie ist gerade dabei, eine Konsolidierungsphase zu beenden.

josef.urschitz@diepresse.com

diepresse.com/money

("Die Presse", Print-Ausgabe, 11.12.2016)

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