Serbien: Widerstand gegen Öl-Ausverkauf an Russland

(c) AP Photo (Seth Perlman)
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Der serbische Wirtschaftsminister wettert gegen den Verkauf der staatlichen NIS.

Belgrad/Wien (mac). Als „Garant für stabile Energiereserven“ lobte der serbische Premierminister Vojislav Kostunica Ende Jänner ein umstrittenes Energieabkommen mit Russland. Mit dem Verkauf des serbischen Ölkonzerns NIS (Naftna Industrija Srbija) an Gazprtomneft (den Ölförderer des russischen Staatsbetriebs Gazprom) wurden die Bande zwischen den beiden Ländern nicht nur auf politischer, sondern auch auf wirtschaftlicher Ebene enger geknüpft.

Doch die Ratifizierung des umstrittenen Abkommens (der Staatskonzern wurde ohne offizielle Ausschreibung verkauft) lässt jetzt auf sich warten. Experten bemängeln den Verkaufspreis von 400 Mio. Euro. Schätzungen zufolge ist der Betrieb gut 1,2 Mrd. Dollar (770 Mio. Euro) wert. Belgrader Medien berichteten in den vergangenen Tagen vermehrt über Unregelmäßigkeiten beim Verkauf der NIS, die von der Staatsanwaltschaft untersucht werden müssten.

Nun – kurz vor neuerlichen Parlamentswahlen – ruft auch Wirtschaftsminister Mladjan Dinkic nach einer Überprüfung des Deals mit dem russischen Rohstoff-Konzern Gazprom. Der Verkauf der NIS entspreche nicht den Interessen Belgrads, kritisiert er. Die neue Regierung – gewählt wird am elften Mai – müsse die Verhandlungen mit Gazprom wieder aufnehmen.

Dinkic, der Chef der prowestlichen Regierungspartei G17-Plus, war schon vor dem Regierungsentscheid gegen einen Verkauf an die Russen eingetreten. Die von Ökonomen gegründete Partei zog den stückweisen Verkauf des Konzerns über öffentliche Ausschreibungen vor. Auch der österreichische Mineralölkonzern OMV war an dem serbischen Staatsbetrieb interessiert. Der NIS-Konzern fördert jährlich rund eine Mio. Tonnen Erdöl und verarbeitet sieben Mio. Tonnen.

Doch der kremlfreundliche Regierungschef Vojislav Kostunica boxte gemeinsam mit dem eigentlich als proeuropäisch geltenden Staatschef Boris Tadic den Verkauf an die russische Gazprom durch. Experten werten den neuerlichen Vorstoß des Wirtschaftsministers auch als taktisches Manöver, um sich im bevorstehenden Wahlkampf in Stellung zu bringen.

Sichere Energie aus Russland?

Im Gegenzug zum Verkauf der NIS an Russland führt Gazprom die geplante Erdgasleitung „South-Stream“ nun über Serbien nach Mitteleuropa. Die Pipeline soll jährlich etwa zehn Mrd. Kubikmeter russisches Gas durch das Schwarze Meer nach Europa bringen. Serbien erhofft sich durch dieses Abkommen die Energieversorgung auf lange Zeit sichergestellt zu haben. Das Projekt gilt als Konkurrenzprojekt zur „Nabucco-Pipeline“, über die Gas aus Zentralasien in die EU importiert werden soll.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 19.03.2008)

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