Korruptionsbekämpfer in der Nokia-Fabrik

(c) AP Frank Augstein
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Nach der EU-Kommission ermittelt jetzt auch eine spezielle rumänische Staatsanwaltschaft.

BUKAREST/WIEN (p. m.). Nokia hat kein Glück mit Handy-Fabriken. Kaum hat sich die erste Welle der deutschen Empörung über die Schließung in Bochum gelegt, erregt die Produktionsstätte des finnischen Weltmarktführers in Rumänien neue Aufmerksamkeit. Dabei geht es nicht um die „Verlegung“ von Arbeitsplätzen, die von Gewerkschaften nicht unbedingt goutiert wird. Viel schlimmer: Jetzt interessiert sich auch die Antikorruptions-Staatsanwaltschaft DNA für das Werk im Industriepark Tetarom III in der Ortschaft Jucu bei Cluj (Klausenburg).

Marius Nicoara, Präsident des Bezirks Cluj, ist von der DNA „ersucht“ worden, alle Behörden und die Verwaltung von Tetarom III anzuweisen, sämtliche Daten und Schriftstücke zur Verfügung zu stellen, die mit Nokia zusammenhängen könnten. Er wisse nicht, was im Hintergrund der DNA-Ermittlungen stehen könnte, wurde Nicoara dieser Tage von der Nachrichtenagentur Newsin zitiert.

Andere wissen es sehr wohl. Laut der Online-Zeitung HotNews.ro geht es um zwei Dinge: Erstens könnten sich Personen und Firmen an Insider-Wissen über den Nokia-Deal bereichert haben, indem sie vor einem Jahr Land aufkauften und dann überteuert an Tetarom weitergaben. Andere warten noch immer zu, weil die Grundstückspreise in Jucu weiter stiegen. Die DNA könnte sich dafür interessieren, ob Beamte die lukrativen Indiskretionen begangen haben.

Doch staatliche Beihilfen?

Und die Korruptionsbekämpfer könnten auch den zweiten Punkt aufrollen: die Frage unerlaubter staatlicher Beihilfen, die von der EU-Kommission untersucht wird. Nicoara hatte nach der Eröffnung der Nokia-Fabrik im Februar erklärt, der Konzern habe keinerlei „Anreize“ erhalten. Die Befreiung von Bauabgaben stehe den Finnen laut Gesetz 490/2003 genauso zu wie allen anderen Unternehmen, die sich in einem rumänischen Industriepark ansiedeln. Die EU unterstellt, dass da mehr gelaufen ist.

Aus den EU-Strukturfonds hat Nokia jedenfalls kein Geld bekommen, versicherte die Kommission dem deutschen Staatssekretär Hartmut Schauerte. Dies wäre bei der Verlegung einer Produktion ausdrücklich verboten.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 25.03.2008)

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