Rumänien: Fast die Hälfte aller Felder liegt brach

(c) EPA (Karl-Josef Hildenbrand)
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Andreas Bardeau, österreichischer Agrarinvestor in Rumänien, über steigende Konkurrenz aus dem Osten.

Temesvar. Ratternde Pferdefuhrwerke auf holprigen Straßen, frei umher grasende Schafherden, Ernte, von Hand eingeholt, Gemüsemärkte am Straßenrand: Die Unterschiede zwischen der Landwirtschaft in Österreich und Rumänien könnten größer nicht sein. Allerdings stechen sie vor allem demjenigen ins Auge, der diese Bilder nicht aus eigener Erinnerung oder zumindest Erzählung kennt. Andreas Bardeau aber kennt sie.

„Vor 50 Jahren war in der Oststeiermark vieles ähnlich“, sagt er. Schockiert über die rumänischen Zustände sei er nicht gewesen. Auch nicht, als er im Jahr 1999 erstmals nach Westrumänien kam, um das Land zu begutachten. 2001 entschloss er sich dann, nach Rumänien zu gehen. Im agrarisch geprägten Banat mit seinen großflächigen Äckern, saftigen Böden und Silotürmen in jedem Dorf hat sich der 51-jährige Investor, dessen Familie in der Oststeiermark das Schloss Kornberg besitzt, gleich willkommen gefühlt. Der romanischen Kultur wegen, sagt Bardeau.

„Wenn in den Osten, dann dorthin“, sagte sich Bardeau. Auch aus ganz handfesten Gründen entschloss er sich, im Westen des Landes, genauer gesagt in den Landkreisen Timis, Arad und Caras-Severin, größere Liegenschaften zu kaufen. Hier, erzählt er in seinem geräumigen Büro in Temesvar, gelte die Tradition des kaiserlich-königlichen Grundbuchs, das seit 1718, als das Gebiet Teil der Monarchie wurde, geführt wurde. Das hat den Grunderwerb erleichtert, denn die Besitzverhältnisse waren klar. „Man weiß, wer Eigentümer war – seit Maria Theresia.“ Einen Kataster gibt es übrigens seit Joseph II.

Import von Milch und Fleisch

Bardeau ist einer von über 4000 österreichischem Investoren in Rumänien. Rund 25 deutschsprachige Agrarier sind in dem Gebiet tätig, die meisten davon kommen aus Deutschland. Bardeaus Familienunternehmen, sein Sohn ist ebenfalls in Rumänien, ist eine der größten Landwirtschaftsinvestitionen in der Region: 350 Mitarbeiter bewirtschaften ein Gebiet von 20.000 Hektar im Eigentum, zusätzlich hat er 5000 Hektar vom Staat in Konzession.

3.600 Kühe, 15.000 Schafe und 700 Ziegen nennt er sein Eigen, dazu ist man noch in der Forstwirtschaft tätig, und zwar gemeinsam mit Partner Esterhazy als „Esterhazy Bardeau Silvicultura“.

Was eine mögliche Bedrohung der europäischen Märkte durch Billignahrungsmittel betrifft, beruhigt der steirische Agrarier. Rumänien ist noch immer ein Importland, insbesondere was Milch- und Fleischprodukte betrifft. Warum? Die Produktivität liegt weit unter dem EU-Durchschnitt. Rund 40 Prozent der landwirtschaftlichen Flächen liegen derzeit brach.

Derzeit werden 13 Prozent des Bruttoinlandsproduktes im Agrarsektor erwirtschaftet (innerhalb der EU-27 sind es zwei Prozent) – bei mehr als 30 Prozent Beschäftigten im Agrarsektor. Schuld am vergleichsweise niedrigen Ertrag ist neben dem veralteten Gerät auch die äußerst kleinteilige Struktur der – nach der Wende restituierten – landwirtschaftlichen Flächen; eine Struktur, die noch dazu von einem Erbrecht verschärft wird, das Agrarflächen unter den Kindern aufteilt. Diese Flächen stellen einerseits eine wichtige Versorgungsgrundlage für Kleinstbauern dar, die häufig zur Eigenversorgung wirtschaften; gleichzeitig wird dadurch erschwert, dass in näherer Zukunft noch mehr erfolgreiche Großbetriebe wie der des österreichischen Investors entstehen.

Glaubt man Andreas Bardeau dann ist der EU-Beitritt Rumäniens dennoch nicht zu früh passiert. Auf das notorische Problem der Korruption angesprochen reagiert der Steirer entspannt. „Da gehören immer zwei dazu: Einer, der gibt und einer, der nimmt“, sagt er. „Vonseiten der Investoren ist oft der Gedanke da, man muss sowieso geben. Aber wir müssen nicht.“ Das größere Problem in der Praxis sei die staatliche Bürokratie, die unübersichtliche Flut an alten und neuen Gesetzen.

Auf einen Blick

Die rumänische Landwirtschaftverfügt über nur wenige Großbetriebe; diesen steht eine Vielzahl an Kleinstbetrieben gegenüber. Etwa 40% der Agrarflächen liegen brach. Rumänien muss noch immer landwirtschaftliche Produkte importieren.

Andreas Bardeau ist ein österreichischer Agrar-Investor in Westrumänien. Er bewirtschaftet in den Kreisen Timis, Arad und Caras-Severin 25.000 Hektar Land und hat Viehbestände.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 26.09.2008)

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