Auto: Der Yugo dreht seine letzte Runde

(c) Zastava
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Am Montag soll der Einstieg von Fiat bei der serbischen Traditions-Schmiede Zastava fixiert werden. 2009 wird nicht mehr der Yugo, sondern die neue A-Klasse vom Band laufen.

Belgrad. Wie frisch der Zeitmaschine entsprungen wirkt der kantige Zweitürer: Ein wenig erinnert der „Yugo Koral“ an eine antiquierte Kreuzung der ersten VW-Polo Modelle mit dem Fiat Panda. In 28 Jahren rollten im zentralserbischen Kragujevac mehr als 800.000 Exemplare des schmucklosen Kleinautos vom Band. Doch obwohl der kriselnde Zastava-Konzern monatlich noch stets 450 „Yugo Koral“ fertigt und verscherbelt, dämmert für die erste jugoslawische Eigenproduktion nach mehr als einem Vierteljahrhundert einer wechselvollen Geschichte ein tristes Ende heran.

Für die subventionsträchtige Produktion des „Yugo Koral“ und in die Jahre gekommenen Fiat-Nachbauten wie den „Skala“ und „Florida“ gibt es in den Planungen des noch staatlichen Zastava-Konzerns keinen Platz mehr. „Der Yugo dreht die letzte Runde: Er geht in Pension“, betitelte die Zeitung „Politika“ jüngst leicht melancholisch ihren Bericht über das bevorstehende Aus für die Zastava-Oldtimer.

Staat behält 30 Prozent

Expartner Fiat soll die maroden Zastava-Werke auf Vordermann bringen. Am Montag soll, nach Angaben des serbischen Wirtschaftsministeriums, die im Frühjahr unterzeichnete Vorvereinbarung über eine 700-Millionen-Euro-Investition der Italiener bei Zastava endgültig festgezurrt werden. Weitere 500 Millionen Euro sollen von Fiat-Zulieferern in Serbien investiert werden. Der serbische Staat bleibt mit einem 30-Prozent-Anteil beteiligt.

Ab 2009 wollen die Italiener ein neues Modell der A-Klasse in Kragujevac bauen. Ab 2010 soll in Serbien auch ein neues Mittelklasse-Auto gebaut werden. Medienberichten zufolge könnte die Montage zweier Fiat-Modelle aus Polen und Sizilien nach Zentralserbien wandern. Für den Yugo wird es dann allerdings eng. Laut der Werksdirektion soll – bis auf den Punto-Nachbau des Zastava 10 – „irgendwann im nächsten Jahr“ für die bejahrten Vehikel der Eigenproduktion der Vorhang fallen.

Von der Nato ausgebombt

Seit den 50er-Jahren hatte Zastava („Die Flagge“) fast alle der kleineren Fiat-Modelle in Lizenz geklont. Doch 1980 wagten sich die damals noch jugoslawischen Autobauer erstmals mit einer Eigenentwicklung auf den Markt: Mit dem „Yugo Koral“ hoffte Zastava auch die internationalen Märkte zu erobern.

Von 1985 bis 1990 wurden tatsächlich 141.511 der Billigvehikel für einen Fixpreis von 3990 Dollar in die USA exportiert. Doch nicht nur weil die Zulieferer in der damals kräftig anziehenden Deutschen Mark entlohnt werden mussten, fand der anvisierte Siegeszug des Yugo auf den Auslandsmärkten in den 90er-Jahren ein abruptes Ende.

Mit dem Zerfall Jugoslawiens verlor Zastava während des Kroatien- und Bosnien-Krieges Zulieferbetriebe und Absatzmärkte. Dem Wirtschaftsembargo gegen Serbien sollte während des Kosovo-Krieges erneut ein herber Rückschlag folgen: Im Juni 1999 zerstörten Nato-Bomben das Computerzentrum, Montagehallen und die Lackiererei des Unternehmens. Von den Kriegsfolgen hat sich Zastava nie mehr so recht erholt. Der auch als Cabrio angebotene „Koral“ läuft zwar bis heute vom Band, ist aber trotz seines niedrigen Preises von umgerechnet 4500 Euro selbst in Serbien nicht mehr gefragt. Kunden findet der Koral kaum mehr.

Unter „50 schlechtesten Autos“

Zwar hegt die heimische Presse inzwischen Zweifel, ob Wirtschaftsminister Mladan Dinkic den pünktlich vor den Parlamentswahlen im Mai mit viel Medien-Wirbel angekündigten Fiat-Einstieg tatsächlich in trockene Tücher bringen kann. Doch selbst wenn das Engagement der Italiener sich erneut verzögern oder gar platzen sollte, scheinen die Tage des betagten Auto-Relikts unwiderruflich gezählt.

Selbst in den benachbarten Nachfolgestaaten des zerfallenen Jugoslawien nahezu vergessen, feierte das schlichte Gefährt im letzten Jahr immerhin international ein unverhofftes Comeback: 2007 nahm das US-Magazin „Time“ den „Koral“ in ihre Rangliste der 50 schlechtesten Autos aller Zeiten auf.

auf einen blick

Kommenden Montag wechselt der traditionsreiche serbische Autoproduzent Zastava seinen Besitzer. Um 700 Mio. Euro steigt der italienische Fiat-Konzern in Zentralserbien ein.

Das bedeutet nicht nur die Rettung für das marode Werk, sondern auch das Ende des traditionsreichen „Yugo“. Im kommenden Jahr soll der Letzte seiner Art das Werk in Kragujevac verlassen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 27.09.2008)

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