Rumänien: Mit Spanplatten durch stürmische Zeiten

Egger baute ein Ost-Werk um 210 Mio. und kämpft nun mit den Folgen von Rezession und Währungsverfall.

Wien (gau). Die Österreicher im rumänischen Spanplattenwerk der Egger-Gruppe staunten nicht schlecht, als sie sahen, wie das Holz aus der Bukowina angeliefert wurde: mit einem Pferdefuhrwerk. Das war Anfang des Vorjahres, als das 16. Werk des Tiroler Holzwerkstoffherstellers in Betrieb ging, nach einer Investition von stolzen 210 Mio. Euro. „Heute kommt aber schon alles per Lkw“, schmunzelt Vertriebsvorstand Ulrich Bühler im Gespräch mit der „Presse“. „Aber auf den Straßen muss man auf Kutschen achten, und die Wege sind weit – für uns bedeutet das je einen Tag An- und Abreise.“

Dabei war es gerade die geografische Lage, die den Ausschlag bei der Standortwahl gab: „Der Plan war ein zusätzliches Werk zwischen Russland und Österreich für die Märkte in Osteuropa, vom Baltikum bis in die Türkei“, erklärt Bühler. Die Gegend ist waldreich, das Sägewerk Schweighofer, ebenfalls in österreichischer Hand, ein direkter Nachbar. „Ohne Radauti hätten wir wegen der langen Transportwege unseren Marktanteil in Osteuropa nicht mehr steigern können. Egger wäre Nischenanbieter geblieben.“

„Patenwerk“ statt Expatriates

Die niedrigen Lohnkosten für die 400 Mitarbeiter spielten bei der Entscheidung eine geringere Rolle: „Unsere Produktion ist sehr anlagenintensiv, es gibt keine klassische Handarbeit.“ Die richtige Bedienung der Maschinen lernten die rumänischen Arbeiter eineinhalb Jahre lang in Österreich, im „Patenwerk“ Unterradlberg. Entsprechend wenig Expatriates werden gebraucht, auch die Werksleiter sind Rumänen. Eine Handvoll Österreicher gibt es noch, einige haben vor Ort „die Liebe ihres Lebens gefunden“.

Ein Teil der Großinvestition ging in die Infrastruktur für eine zweite Produktionslinie. Daraus wird vorerst nichts – die Krise hat auch Osteuropa voll erfasst. „Bis Oktober lief alles gut“. Dann kam der Rückgang, „in ähnlichem Ausmaß wie in Westeuropa“, erinnert sich Bühler. Am stärksten hat es den Holzwerkstoff-Produzenten gleich nebenan in der Ukraine getroffen.

„Ein genauso großes Problem ist aber der Währungsverfall“, ergänzt Bühler. Denn mit Ausnahme von Rumänien fakturiert Egger seinen Händlern in allen Ostmärkten in Euro. Durch den Verfall der Währungen in den letzten Monaten stehen die Platten in harter Konkurrenz mit Produkten einheimischer Hersteller, die in Landeswährung weit billiger anbieten können.

Zu ersten Personalanpassungen ist es schon gekommen, zur Zeit liegen sie knapp unter zehn Prozent. Trotzdem bereut Bühler die Expansion nach Rumänien nicht: „Wir gehen dorthin, wo ein Markt großes Potenzial hat, und das sehen wir in der Region weiterhin. Durch den Hafen Constanza am Schwarzen Meer haben wir auch ein Sprungbrett, um in andere Märkte zu expandieren – und auf sie auszuweichen.“

("Die Presse", Print-Ausgabe, 01.04.2009)

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