Slowakei: Auf die Flat Tax folgt „Unitas“

(c) Reuters (Ints Kalnins)
  • Drucken

Nach dem Erfolg der Einheitssteuer plant die Slowakei die nächste Revolution im Steuersystem: Eine einzige Überweisung soll alle Zahlungen an Finanzämter, Zoll, Kranken- und Pensionsversicherung ersetzen.

Pressburg. Was in vielen Ländern als Zukunftsvision diskutiert wird, soll in der Slowakei bald Realität sein: Eine einzige Überweisung an nur eine staatliche Institution soll alle Zahlungen ersetzen, die Unternehmen bisher an Steuerämter, Zoll, Pensions- und Krankenversicherungen usw. zu leisten haben.

Ein ganz so großer Wurf wie die Einführung der Flat Tax 2004 dürfte die jetzt vom slowakischen Finanzministerium vorbereitete Radikalreform des Steuersystems zwar nicht werden. Aber einen kräftigen Attraktivitätszuwachs in den Augen internationaler Unternehmen werde sich die schon jetzt als Niedrigsteuerland geschätzte Slowakei damit zweifellos wieder sichern. Davon ist Günter Oszwald überzeugt.

Der Österreicher leitet in der Slowakei die rund 50 Mitarbeiter zählende Abteilung für Steuerberatung der weltweit agierenden Beratungsfirma Ernst & Young. Die Beratung von Investoren insbesondere aus dem deutschsprachigen Raum bei Investitionen in Tschechien und der Slowakei ist schon seit knapp eineinhalb Jahrzehnten sein Spezialgebiet.

An der slowakischen Steuerpolitik der letzten mehr als fünf Jahre beeindruckt ihn nicht zuletzt das geschickte „Marketing“ dahinter: Schon die Einführung der Flat Tax mit 1. Jänner 2004, nur wenige Monate vor dem EU-Beitritt des Landes, habe das Land enorm attraktiv für internationale Firmen gemacht und wesentlich zum Investitionsboom der letzten Jahre beigetragen.

„Ein paar Jahre später wäre das nicht mehr so eingeschlagen“, ist Oszwald überzeugt. Und das nicht nur, weil inzwischen bereits mehrere andere Länder den slowakischen Spitzensteuersatz von 19 Prozent unterboten haben, der vor fünf Jahren noch der niedrigste der EU war. Schon 2004 waren die Slowaken nicht die Ersten gewesen, die eine Einheitssteuer einführten, aber sie taten es am konsequentesten.

Während andere Steuervorreiter wie Russland, Rumänien oder die Ukraine eine Reihe von Ausnahmeregelungen beibehielten, galt in der Slowakei tatsächlich, dass jedes Einkommen von Firmen und Privatpersonen, vom Gemüseladen bis zum Automobilkonzern und von der Blumenverkäuferin bis zum Bankdirektor mit demselben Einheitssatz von 19 Prozent besteuert wurde.

Flat Tax kann auch teuer sein

Das hieß aber auch, dass alle Abschreibungsmöglichkeiten wegfielen, die etwa in Österreich breiten Spielraum für Steuervorteile eröffnen. „Effektiv ist die Steuerbelastung von Unternehmen in der Slowakei oft sogar höher als in Deutschland oder Österreich“, sagt Oszwald. Denn die Nichtabzugsfähigkeit von Rückstellungen, noch nicht realisierten Wertverlusten, freiwilligen Sozialleistungen an die Mitarbeiter und vielen anderen Bilanzposten führe nicht selten zu einer höheren Bemessungsgrundlage im Vergleich zur österreichischen Berechnung, gibt der Steuerexperte zu bedenken.

Trotzdem gelte die Slowakei nicht nur zu Recht als Niedrigsteuerland, sondern vor allem als Musterland für ein einfaches Steuersystem. Tatsächlich hatte schon der liberale Finanzminister Ivan Miklo?, der im Jahr 2003 das „slowakische Modell“ der Flat Tax gegen allerhand politische Zweifel durchsetzte, weniger die Höhe als die Einfachheit seines Systems als größten Vorzug gepriesen: Mit einem einfachen Taschenrechner sollte jeder Bürger selbst ausrechnen können, wie viel an Einkommensteuer er von seinem Verdienst abzuliefern habe, lautete das Ziel.

Dieses Einfachheitsprinzip will sein sozialdemokratischer Nachfolger Ján Po?iatek, der ungeachtet gelegentlicher Linksrhetorik von Premierminister Robert Fico das unternehmerfreundliche Steuermodell beibehielt, nun weiter ausbauen. „Unitas“ (vom lateinischen Wort für Einheit) heißt das vom slowakischen Finanzministerium ausgearbeitete Programm, das in zwei Phasen bis 2012 das slowakische Steuersystem organisatorisch revolutionieren soll.

In der ersten Phase (UnitasI) werden alle Zoll- und Steuerbehörden zusammengefasst, in der zweiten Phase kommen dann alle Sozialversicherungsinstitutionen zur gemeinsamen Abgabenverwaltung hinzu. Trotz des derzeit im Gefolge der weltweiten Krise steigenden Staatsdefizits ist dabei nicht an eine Erhöhung des geltenden Steuersatzes (aber auch keine Senkung) gedacht.

Staatseinnahmen sollen steigen

Die angepeilte Einnahmensteigerung soll wie schon bei der Einführung der Flat Tax durch das erwartete Wirtschaftswachstum erzielt werden. Trotz nomineller Steuersenkung waren damals die Staatseinnahmen kräftig in die Höhe geschnellt. Die Steuerreform hatte nämlich wesentlich dazu beigetragen, dass das so für Investoren attraktiv gewordene Land in den ersten fünf Jahren seiner EU-Mitgliedschaft mehr als 35 Prozent Wirtschaftswachstum erreichte (und damit auch die „baltischen Tigerstaaten“ in den Schatten stellte), was auch das Steueraufkommen entsprechend in die Höhe gehen ließ.

Auf einen Blick

Unternehmen in der Slowakei sollen künftig nur noch eine einzige Abgabenüberweisung tätigen müssen, die alle Steuer- und Abgabenleistungen ersetzt.

Bereits 2004 hatte die Slowakei die Flat Tax eingeführt.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 25.08.2009)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.