Russland will aus Postnetz einen Bankgiganten schaffen

(c) EPA (Yuri Kochetkov)
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Der Staat möchte auf Basis des Postnetzes einen Bankgiganten schaffen. Unterdessen arbeitet er an der Konsolidierung des Sektors und will 500 Banken liquidieren.

Moskau. Die Krise schüttelt den russischen Bankensektor nicht nur durch. Sie veranlasst die Verantwortlichen auch, die Realisierung einer alten Idee auf den Weg zu bringen. Es geht um die Gründung des landesweit größten Geldinstituts. Nach dem Willen der Regierung sollte dieses aus der reformbedürftigen Post und der Swjaz-Bank entstehen. Die neue „Postbank“ würde mit dem landesweiten Postnetz aus 42.000Filialen über doppelt so viele Filialen verfügen wie das bislang größte Geldinstitut, die Sberbank.

Wie russische Medien am Freitag berichteten, wurde der entsprechende Beschluss in dem von Premier Wladimir Putin geleiteten Verwaltungsrat der staatlichen Entwicklungsbank VEB gefasst. Konkrete Vorschläge sollten am 1.April 2010 folgen. Die als Staatsholding geführte VEB hatte die Swjaz-Bank im September 2008 vor dem Bankrott gerettet und übernommen. Mit einem Minus von 71,6Mrd. Rubel (1,6Mrd. Euro) in den ersten neun Monaten 2009 ist die Swiaz-Bank das verlustreichste Geldinstitut des Landes.

Auch die Post, die bei einem Umsatz von 86,5Mrd. Rubel im gleichen Zeitraum einen Verlust von 1,47Mrd. Rubel einfuhr, bedarf einer Erneuerung. Diese müsse mit dem Aufbau eines Netzes an Bankfilialen einhergehen, hatte Post-Chef Andrej Kazmin schon 2007 betont. Damals hatte die Swjaz-Bank begonnen, Minischalter in den Postämtern einzurichten.

„Postbank wird ein Mammut“

„War die Sberbank laut ihres Chefs German Gref ein Elefant, so ist das Postbankprojekt ein Mammut“, sagt der Bankier Wladimir Gasjak. Bis der Sberbank aber ernsthafte Konkurrenz entstehe, würden Jahre ins Land ziehen, meinen Experten.

Bis heute dominiert die staatliche Sberbank, die bis vor Kurzem Opel kaufen wollte, den Sektor. Mit ihren 260.000Mitarbeitern verwaltet sie mehr als die Hälfte aller privaten Spareinlagen und hält bei einem Viertel der Bilanzsumme des Sektors. In der Rangliste folgt ihr eine Handvoll weiterer Staatsbanken, die größer sind als die größte Privatbank Alfa-Bank.

Je größer die Banken in der ersten Reihe, umso weniger sichtbar und intransparenter die tausend Geldinstitute dahinter. Längst schon harrt der zersplitterte Sektor einer Konsolidierung. Diese wird nun durch die Krise beschleunigt. Laut Zentralbank haben seit Beginn der Finanzkrise 62Banken geschlossen. Vor allem kleine Geldinstitute straucheln am Kapitalmangel und an Kreditausfällen. Dazu kommt, dass die Behörden die Mindestanforderungen für die Kapitalbasis erhöhen. Damit stehen hunderte Geldinstitute vor dem Aus, verfügen doch mehr als die Hälfte über ein Betriebskapital von weniger als fünf Mio. Euro.

Bank als Arm des Unternehmens

Die Bankenlandschaft ist über zwei Jahrzehnte wild gewachsen. Viele Institute fungieren nur als verlängerter Finanzarm eines einzigen Unternehmens. „Selbst in Fachkreisen haben viele nichts von jenen Banken gehört, denen die Lizenzen entzogen wurden“, sagte Alexandr Schdanow, Leiter der Investitionsprojekte von New Russia Growth zur Zeitung „Gazeta.Ru“. Im Unterschied zu den nun höheren Kapitalanforderungen waren Banken bisher oft über eine Verletzung des Geldwäschegesetzes gestolpert.

Laut Finanzminister Alexej Kudrin können unter den Bedingungen finanzieller Stabilität nur 500Banken überleben: „Ich bin überzeugt, dass die Krise endgültig gezeigt hat, dass es quantitativ weniger, dafür zuverlässigere Banken braucht, die einer stärkeren Aufsicht unterstellt werden.“ Kudrins Aussagen zufolge seien nun die Anforderungen an die Mindestkapitalbasis zu verschärfen.

Das Ausmaß der faulen Kredite hat indes laut Zentralbank am 1. November 5,1Prozent des gesamten Kreditportfolios erreicht. Nach dem Direktor der Abteilung für Bankaufsicht, Alexej Simanovski, hat die Zentralbank die Prognose der faulen Kredite zum Jahresende von neun bis zehn auf sieben Prozent herabgestuft – nach russischer Zählung. Nach westlichem Berechnungsmodus liegen sie darüber.

Nicht gefruchtet jedenfalls habe, so Ignatiev, die Stimulierung der Kreditausgabe: Der Markt sei weder lebendig noch tot. Seitdem der Staat den Zusammenbruch des Bankensystems im vierten Quartal 2008 abgewendet hatte, gab er den Banken in den ersten neun Monaten 2009 3,1Bio. Rubel an Krediten aus. Aus dem Budget flossen 570Mrd. Rubel zur Aufrechterhaltung der Liquidität in die 30größten Banken.

Auf einen Blick

Aus Post und Swjaz-Bank soll in Russland die größte Bank des Staates entstehen, wenn es nach den Plänen der Regierung geht. Schließlich müssen sowohl Post als auch die Swjaz-Bank, eine von vielen Staatsbanken in Russland, saniert werden. Am zersplitterten Banksektor wartet man schon lange auf eine Konsolidierung. In der Krise straucheln nun zahlreiche Banken.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 21.12.2009)

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