Russland: Kreml gegen Schwarzbrennerei

(c) Michaela Bruckberger
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Ansetzen will der russische Präsident vor allem bei illegal gebranntem Wodka. Denn etliche Produzenten verkaufen ihr Erzeugnis lieber schwarz, um Steuern zu sparen. Größere Hersteller profitieren von Wodka-Mindestpreisen.

Moskau (Bloomberg). Es ist schon eine ganze Weile her, dass ein Sowjetführer zuletzt versucht hat, sein Volk von der Flasche wegzubringen. Im Mai 1985 verordnete Michail Gorbatschow den Russen ein teilweises Alkoholverbot, erhöhte die Preise und beschränkte die Verkaufszeiten und -orte für Alkohol. Offiziell tranken die Russen deutlich weniger Wodka. Tatsächlich änderte sich aber wenig. Denn gab es das beliebte „Wässerchen“ nicht länger billig im Geschäft zu kaufen, brannten sich die Russen ihr Nationalgetränk eben selbst.

Gut zwanzig Jahre später wagt der russische Präsident Dimitri Medwedjew einen neuerlichen Vorstoß, um den Alkoholkonsum im Land einzudämmen. Jährlich kommen in Russland mehr als 23.000 Menschen durch Alkoholvergiftungen zu Tode, 75.000 sterben an „übermäßigem Alkoholkonsum“, berichtet die Aufsichtsbehörde für den Alkoholmarkt. Im Schnitt trinkt jeder Russe derzeit 18 Liter reinen Alkohol im Jahr. 2020 sollen es nur noch fünf Liter sein, so das Ziel der Regierung.

Schwarzgebranntes legal im Geschäft

Ansetzen will der russische Präsident vor allem bei illegal gebranntem Wodka. Denn etliche Produzenten verkaufen ihr Erzeugnis lieber schwarz, um Steuern zu sparen. In den Regalen findet sich auch Hochprozentiges, das mit Frostschutz oder billigem Parfüm gestreckt wurde.

Ab 1. Jänner 2010 gilt in Russland aber ein neuer Mindestpreis für Wodka. Ein halber Liter soll im Handel künftig nicht unter 89 Rubel (gut zwei Euro) zu haben sein. Das ist fast doppelt so viel wie illegale Wodkas derzeit kosten, die in den Geschäften ebenfalls erhältlich sind. Immerhin macht der Schwarzmarkt rund die Hälfte des russischen Wodka-Verbrauchs von 2,4 Milliarden Liter im Jahr aus.

Schätzungen der Investmentbank Renaissance Capital zufolge dürften die Reformen das Volumen des legalen Wodka-Marktes im kommenden Jahr um 13 Prozent auf 549,3 Mrd. Rubel steigen lassen, während der Umsatz mit schwarz gebranntem Alkohol voraussichtlich um 26 Prozent auf 101,3 Mrd. Rubel einbrechen wird.

Die größten Gewinner der geplanten Änderungen werden laut Beobachter die beiden dominierenden Spirituosenhersteller im mittleren Preissegment sein – Synergy und Russian Alcohol. „Wenn die Leute das illegale Zeug plötzlich nicht mehr für die Hälfte des Preises bekommen, werden sie sich etwas Besseres gönnen“, erwartet etwa der Londoner Analyst Simon Hales. Eine Halbliterflasche des von Russian Alcohol erzeugten Wodkas der Marke Jamskaja wird für 100 Rubel verkauft, Belenkaja von Synergy kostet rund 135 Rubel. Fast dreimal mehr als am Schwarzmarkt. Dennoch verzeichnen Wodkas dieser Kategorie in Russland schon heute das stärkste Wachstum. Das Verbot der Billigkonkurrenz dürfte den Anstieg weiter beschleunigen.

Für Synergy könnte das im kommenden Jahr einen Umsatzsprung um ein Viertel bringen, erwarten Experten. Mit den zusätzlichen Einnahmen dürften die Wodka-Erzeuger den Vertrieb im Ausland intensivieren. Seit September exportiert Synergy seine Premium-Marke Beluga in die USA und einige Länder im Mittleren Osten. Innerhalb von fünf Jahren soll Beluga schon mehr Umsatz in den USA bringen als in Russland.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 30.12.2009)

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