Slowakei: Tausche Minister gegen billigen Sprit

(c) AP (Uwe Lein)
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Bratislava senkt die Steuer auf Diesel und spart dafür das Umweltministerium ein. Dass der Diesel billiger werden solle, hat Ministerpräsident Fico schon am 11. Jänner dem nationalen Frächterverband versprochen.

Bratislava. Es klingt wie ein realitätsfremder Wunschtraum für politikverdrossene Autofahrer, was in unserem Nachbarland Slowakei soeben beschlossen wurde: Um den Dieselpreis senken zu können, werden ab ersten Juli zwei Ministerposten eingespart. Das Parlament in Bratislava hat diesen von der Regierung selbst eingebrachten Vorschlag mit großer Mehrheit gebilligt. Dass der Diesel billiger werden solle, hat Ministerpräsident Robert Fico schon am 11. Jänner dem nationalen Frächterverband versprochen. Als Gegenleistung dafür stellten die Frächter am selben Tag ihre seit Jahresbeginn anhaltenden Straßenblockaden und Protestaktionen ein. Die Frächter hatten aus Zorn über ein neu eingeführtes elektronisches Mautsystem unter anderem tagelang eine der wichtigsten Verbindungsstraßen zwischen Bratislava und dem Landesinneren blockiert.

Zwei Minister müssen gehen

Schon seit Langem sei der Dieselpreis wegen des hohen Steueranteils unerträglich hoch, da könne man nicht auch noch eine Verteuerung der Maut akzeptieren, argumentierten die aufgebrachten Spediteure. Die Verteuerung ihrer Transportkosten war vor allem dadurch entstanden, dass das neue System auch zahlreiche Straßen mit einbezog, für die zuvor keine Mautpflicht bestanden hatte. Mit ihren Protesten erreichten die Spediteure eine teilweise neuerliche Reduktion der mautpflichtigen Strecken – und eben eine Senkung des Dieselpreises ab Februar.

Der Staat senkt den Steueranteil um 11,3 Cent pro Liter, das müsste den Endpreis an den Zapfsäulen um rund 13 Cent pro Liter verbilligen, rechnete Fico vor. Doch sein Finanzminister Ján Po?iatek hatte schon wegen der enormen Steuerausfälle angesichts der internationalen Wirtschaftskrise alle Mühe, das Budgetdefizit nicht ausufern zu lassen. Sollte er nun auch noch auf einen Teil der Mauteinnahmen und der Dieselsteuer verzichten, müsste irgendwo ein Ersatz gefunden werden.

Eine Steuererhöhung hätte sich so kurz vor den spätestens im Juni anstehenden Parlamentswahlen nicht gut gemacht. Da klang wohl für die regierenden Sozialdemokraten eine radikal klingende Sparmaßnahme viel bestechender, mit der sich gleich auch den nationalistischen Koalitionspartnern eine symbolische Ohrfeige versetzen ließ. Sowohl das Umweltministerium als auch das Ministerium für Bauten und Regionalentwicklung waren nämlich im Koalitionsvertrag der Slowakischen Nationalpartei SNS zugestanden worden. Und in beiden Ministerien hatten sich die rasch wechselnden SNS-Minister einen Korruptionsskandal nach dem anderen geleistet und damit dem Ansehen der Koalition enorm geschadet. Nach dem nunmehrigen Parlamentsbeschluss sollen die Kompetenzen der beiden Ministerien an das Landwirtschafts- bzw. das Wirtschaftsministerium übertragen werden.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 22.01.2010)

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