Ungarn-Rumänien: "Goldkonflikt" eskaliert

(c) REUTERS (JUAN CARLOS ULATE)
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Wird die Katastrophenmine Aurul reaktiviert? Budapest will Aufklärung. In der Aurul-Mine hat eine der größten grenzüberschreitenden Umweltkatastrophen ihren Ausgang genommen.

WIEN. Am Golde hängt, zum Golde drängt... In Ungarn schwappen die Emotionen über, seit die rumänische Tageszeitung „România libera“ berichtet hat, die Goldmine Aurul nahe der Stadt Baia Mare solle reaktiviert werden.

Aurul ist den Ungarn in denkbar schlechter Erinnerung. Dort hat eine der größten grenzüberschreitenden Umweltkatastrophen ihren Ausgang genommen: Am 30. Jänner 2000 barst der Damm eines Auffangbeckens für verseuchtes Wasser aus der Goldmine und gab den Weg frei für 100000 Kubikmeter Schlamm, der der Reihe nach die Flüsse Lapus, Somes, Theiß und abgeschwächt auch die Donau verseuchte. Das zum Goldauswaschen verwendete Zyanid tötete jegliches Leben. Am stärksten betroffen: Ungarn und das von einer ungarischen Minderheit bewohnte Nordwestrumänien.

Mit der Ankündigung der Wiederinbetriebnahme von Aurul löste „România libera“ eine wahre Flut an Protesten aus. Ungarns Umweltschutzminister Imre Szabó verlangte in einem Brief an seinen rumänischen Kollegen László Borbély (der die Ungarn-Partei RMDSZ vertritt) sofortige Aufklärung. Diese kann er aber nicht geben: Sein Ressort habe keine Unterlagen über derartige Absichten. „România libera“ weiß anderes: Der neue Eigentümer von Aurul, ein Unternehmen des russischen Milliardärs Michail Prochorow, habe um die Umweltgenehmigung ersucht und wolle den Aurul-Betreiber Transgold reaktivieren.

Rosia Montana: Klage angedroht

Dieses Unternehmen existiert nicht mehr, nachdem es 2009 nach mehrjähriger Verzögerung in Konkurs gegangen ist. Sehr zum Leidwesen des ungarischen Staates, dessen Schadenersatzforderungen in Höhe von 29,3 Milliarden Forint (zum Klagszeitpunkt 117 Millionen Euro) mangels Beklagten sistiert werden mussten. Das Budapester Hauptstadtgericht habe den Prozess abgeschlossen, bestätigte Anwalt András Szecskay einer rumänischen Zeitung.

Parallel zur Erregung um Aurul braut sich rund um das Goldprojekt im westrumänischen Ro?ia Montana ein neuer Konflikt auf. Der rumänische Ökologe Vasile Tatar will alle Politiker seines Landes klagen, die den kanadischen Betreiber des Plans unterstützen: „Missachten Sie meine Ermahnungen, dann klage ich Sie wegen Amtsmissbrauchs und Anschlags auf Leben und Gesundheit rumänischer Staatsbürger“, schrieb Tatar in einem offenen Brief an eine EU-Abgeordnete. Seiner Meinung nach würde eine Abbaugenehmigung in einer der beiden Minen die Freigabe der anderen bewirken.

Tatar hat im Vorjahr vor dem Europäischen Menschenrechtsgerichtshof einen Prozess gegen den rumänischen Staat gewonnen, in dem der für die Aurul-Katastrophe mitverantwortlich gemacht wurde.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 22.02.2010)

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