VKontakte: Das russische Facebook

Internetportal VKontakte oestliche Zuckerberg
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Das Internetportal VKontakte des 27-jährigen Pavel Durov ist nicht nur das beliebteste soziale Netzwerk Russlands. Auf dem russischen Facebook-Klon werden immer öfter Protestveranstaltungen organisiert.

Moskau. Über einen niedlichen Hund ließ Pavel Durov ausrichten, was er vom russischen Geheimdienst FSB hält. In einen Kapuzenpullover gehüllt, blickt das Tier in die Kamera. Ganz, als ob es die Schnauze voll hätte, streckt es sie ins Objektiv und zeigt die rosa Zunge in voller Länge.

„Meine offizielle Antwort an die Geheimdienste auf ihr Ersuchen, Benutzergruppen zu blockieren“, schrieb Durov, Chef von Russlands größtem sozialen Netzwerk VKontakte („Im Kontakt“), am 8.Dezember in sein Internetprofil. Platzierte den Geheimdienstbrief und die Vorladung der Staatsanwaltschaft daneben – und stellte klar: dass er die politischen Diskussionen im Netzwerk nicht abschalte, habe nichts mit politischer Überzeugung, sondern mit seinem Geschäft zu tun. Es wäre doch dumm, die Plattform gerade dann zu blockieren, wo sie am besten läuft.

Gleichgeschaltete Medien

In der Tat sind soziale Netzwerke derzeit begehrt. Und der 27-jährige Durov fand sich auch nicht absichtlich im Politdiskurs wieder. Dass die Massenproteste im Dezember und am 4.Februar gegen Wahlfälschungen vielfach über soziale Netzwerke organisiert wurden, liegt nicht zuletzt an der Krise der gleichgeschalteten Medien. Im russischen Netz ist der Freiraum noch gegeben: 25,2Millionen unterschiedliche Besucher („unique visitors“) zählte VKontakte im Dezember laut Marketingmonitoring von TNSGlobal. Die Nummer zwei im Land, Odnoklassniki („Mitschüler“), kam auf 20,8, das russische Facebook auf 13,7Millionen.

In Wahrheit ist der gleichaltrige Facebook-Gründer Mark Zuckerberg nicht nur Konkurrent, Facebook diente dem St.Petersburger Durov auch als Vorlage. Zwar hatte Durov, der Sohn eines klassischen Philologen und einer Lehrerin, bereits als Teenager von sich reden gemacht, als er große Studentenforen im Internet hochzog. Aber als sich 2006 ein alter Schulkollege bei ihm meldete, dessen Vater das nötige Startkapital beisteuerte, adaptierte er die Facebook-Vorlage für russische Bedürfnisse. Ähnliche Klone passierten auch in anderen Ländern. Durovs Projekt gehört zu den erfolgreichsten.

Russischer Facebook-Klon

Der Erfolg hat mehrere Gründe: Zum einen den nachlässigen Umgang mit Urheberrechten für Musik und Videos – ein Faktum, das Durov durch erste Kooperationen mit Kinoproduzenten nun zu beheben beginnt. Zum anderen hat sich der russische Internetinvestor Juri Milner, eine Milliarde Dollar schwer, schon bald bei Durov eingekauft und hält 39,99“Prozent. Nun fördern die beiden gemeinsam Start-up-Unternehmen.

Durov selbst muss sich mit zwölf Prozent an VKontakte, das im Jahr 2010 bereits 93,8Mio. Dollar umsetzte und von Analysten mit zwei bis knapp vier Mrd. Dollar bewertet wird, begnügen. Als Pionier auf dem Sektor kann er freilich auf die geringe Mobilität der Nutzer bauen. Im Unterschied zu Facebook hat er ein heterogenes und jüngeres Publikum. Und obwohl Russlands Internet im September erstmals am meisten User unter Europas Ländern hatte, ist die Penetration mit 40Prozent erst halb so stark wie in Westeuropa.

Wer dabei an die Aussicht auf viel Geld denkt, liegt bei Durov richtig und doch wieder falsch: „Für mich ist Geld eine absolut virtuelle Einheit“, meinte er: „Eine Teilnahme am Wettbewerb, es zur Schau zu stellen, erscheint als objektiv unnütze Beschäftigung. Wiewohl es nicht die schlechteste aller Sportarten ist.“

("Die Presse", Print-Ausgabe, 06.02.2012)

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