Nation Branding: Die Marke Österreich schläft

Conchita Wurst ist vielen Menschen auf der Welt ein Begriff. Aber kennt man Österreich auch als „Land der Brückenbauer“?
Conchita Wurst ist vielen Menschen auf der Welt ein Begriff. Aber kennt man Österreich auch als „Land der Brückenbauer“?(c) APA/HERBERT NEUBAUER
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Österreich soll zum Land der Brückenbauer stilisiert werden: Diese Erkenntnis ließ sich die Regierung 600.000 Euro kosten. Viel wurde daraus nicht gemacht.

Wien. Die Berge. Die gute Luft. Mozartkugeln, „The Sound of Music“, Conchita Wurst. Es gibt viele Bilder und Klischees, die Ausländern zu Österreich einfallen. Aber was macht Österreich im Kern aus? Und wie will es im Ausland gesehen werden? Mit viel Pomp schickte sich die damalige Regierung im Jahr 2011 an, diese Fragen zu beantworten. Österreich sollte ein Nation Branding verpasst bekommen. Eine echte Marke sollte entstehen.

Engagiert wurde dazu der britische Politikberater Simon Anholt, der das Nation Branding erfunden hat. Anholt arbeitete mit Funktionären aus Politik und Wirtschaft, Kultur und Sport. Das Ergebnis kam aus der Vergangenheit: Österreich solle sich in Zukunft noch stärker als Brückenbauer für die Welt positionieren. In Anlehnung an die Zeit zwischen 1989 und 2004, dem Fall des Eisernen Vorhangs und der EU-Erweiterung gen Osten, als sich Österreich als Drehscheibe zwischen West und Ost etabliert hatte. Österreich, der Vermittler: nach außen, bis nach Zentralasien und Nordafrika. Nach innen, über die Sozialpartnerschaft.

Diese Erkenntnis ließ sich die Regierung knapp 600.000 Euro kosten. So viel wurde in den Markenbildungsprozess bis zur Ergebnispräsentation im Jahr 2013 investiert. Das sollte erst der Anfang gewesen sein: Der Startschuss für eine Nation Brand Agency, die die Regierung bei der Steuerung der Marke beraten sollte. Es blieb bei den Ankündigungen. Heute liegt das Konzept gut verstaut in einer der Schubladen der heimischen Bürokratie. Die Ausführung hätte viel Geld gekostet, laut einer vorsichtigen Expertenschätzung zwischen 20 und 50 Millionen Euro. Man habe keine Finanzierungszusage für die laufenden Kosten der Agentur bis zum Jahr 2018 geben können, teilte Wirtschaftsminister Mitterlehner, unter dessen Federführung das Projekt stand, 2014 mit.

Experten sehen das Thema kritisch

Der Stand ist heute derselbe. Im Wirtschaftsministerium beteuert man, dass das Thema weiter auf der Agenda stehe, die Umsetzung aber derzeit aus budgetären Gründen nicht möglich sei. Der Prozess habe aber schon Dinge bewirkt. Ein Sprecher verweist auf die Österreich Werbung, die den Themenschwerpunkt „Österreich. Treffpunkt Europas“ initiierte, der Musik aus Österreich ins Zentrum rückte. Und auch der Song Contest sei unter dem Motto „Building Bridges“ gestanden.

Aber war das wirklich 586.668,55 Euro wert? Es scheint jedenfalls kaum jemanden zu kümmern, dass der Markenprozess einfach so versandet. Nur die Neos halten am Thema fest und fordern weiterhin, dass die angekündigte Agentur eingerichtet wird. Der Abgeordnete Sepp Schellhorn hat im Vorjahr einen Entschließungsantrag ins Parlament eingebracht und die Regierung aufgefordert, die Bildung einer Marke Österreich nach dem Vorbild von Ländern wie Liechtenstein, Finnland, der Schweiz oder Südkorea umzusetzen. „Für die Exportwirtschaft und den Tourismus ist eine klare Erkennbarkeit und eine klare Linie der Marke Österreich extrem wichtig“, sagt Schellhorn zur „Presse“.

Bleibt die Frage, was Nation Branding bringt. Experten sehen das Thema kritisch – sogar Simon Anholt, der den Begriff 1998 geprägt hat, sagt, er kenne kein Land, dem es gelungen sei, seinen internationalen Ruf durch Marketingkommunikation zu verbessern. Weil es darum gehe, was Städte und Länder tun, und nicht darum, was sie sagen.

Daran lässt sich wohl auch ohne Agentur arbeiten.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 25.10.2016)

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