Aus dem Spital ins Heimbüro

(c) Stanislav Jenis
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An sich kommt Isabel Zinnagl ja aus der Filmbranche. Mit Alma Babycare hat die Jungunternehmerin eine biozertifizierte Babypflegelinie auf den Markt gebracht.

Ich habe nichts gefunden, was für mich von der Qualität her gepasst hat. Da hat mein Mann gesagt: Dann mach es doch selbst.“ So schildert Isabel Zinnagl ihren Einstieg in die Unternehmerlaufbahn. Nein, wirklich lehrbuchmäßig war der Start ihrer Firma nicht. Anfangs gab es keinen Businessplan, auch an die Marktanalyse wagte sie sich erst später heran.

Als sie die Idee für ihr erstes Produkt entwickelte, sei der Gedanke an eine eigene Firma auch noch gar nicht im Vordergrund gestanden, sagt Zinnagl. Sie war zum ersten Mal schwanger, habe ein Pflegeöl für sich und ihr Baby gesucht. „Ich wollte etwas Cooles.“ Was es auf dem Markt gab, habe ihr nicht gefallen, auch rein optisch nicht. „Alles nur in Plastik und rosa und blau.“

Inzwischen hat Zinnagl ihre eigene – hochwertige und hochpreisige – Biobabypflegelinie. Alma heißt sie, so wie Zinnagls Tochter. Das Unternehmen, dessen Aufbau mithilfe von Familie und Freunden finanziert wurde, firmiert unter Alma Babycare. Nach rund zweijähriger Entwicklungsarbeit, gemeinsam mit der Biochemikerin und Aromatherapeutin Doris Brandhuber, kam die Produktlinie im September 2016 auf den Markt, fürs Erste besteht sie aus Babyöl, Balsam und Spray. Die Verpackung ist anders als bei Babypflege üblich: Glas statt Plastik, weiße Etiketten, keine Babyfarben. Die Behältnisse werden laut Zinnagl in Österreich hergestellt: „Bio und dann Flaschen aus China, das geht gar nicht.“


Quereinsteigerin

Der Inhalt besteht aus natürlichen Ölen, unter anderem Mohn- und Avocadoöl, ätherischen Ölen und Blütenextrakten. Alles stamme aus kontrolliert biologischem und so viel wie möglich aus heimischem Anbau, sagt die Firmenchefin. Durch die Kombination mehrerer Öle solle erreicht werden, dass sie zusammenwirken und sich potenzieren. Auch der Duft – „natürlich, ausgleichend und entspannend“ – sei sehr wichtig. Er solle nicht nur für Babys angenehm sein, sondern auch für Mütter, Opas, Tanten, Freunde. Sie können, wie Zinnagl betont, die Produkte auch selbst benützen: „Die ganze Familie kann sie verwenden.“ Wohl der Idealfall aus Sicht der Unternehmerin.

Im Gespräch beschreibt sie all das sehr überzeugend. Dabei ist sie keine Kosmetikspezialistin, sondern Quereinsteigerin aus einer völlig anderen Branche: „Ich produziere Filme für Kino und Fernsehen.“ Die Gegenwartsform stimmt, Zinnagl tut das nach wie vor und will dieses berufliche Standbein auch künftig nicht aufgeben. Dass sie damals, während ihrer Karenz nach der Geburt ihrer Tochter, „freie Kapazitäten“ hatte, sei ihr beim Aufbau ihrer Firma entgegengekommen, erzählt sie.


Unternehmerfamilie

Das Unternehmertum war Zinnagl freilich nie fremd, es liegt bei ihr in der Familie: Die Eltern kommen aus der Baubranche, auch ihr Mann, Lukas, der Medizin studierte, führt ein Unternehmen. Und zwar das Internetunternehmen Diagnosia, das Fachinformationen über Arzneimittel bereitstellt. Bei Alma Babycare ist er ebenfalls mit an Bord. Er bringe unternehmerisches und fachliches Know-how ein, sagt Isabel Zinnagl. So habe er sich zum Beispiel um die Durchführung der dermatologischen Tests und die Biozertifizierung gekümmert, auch darum, dass alle Voraussetzungen gegeben seien, um die Pflegelinie ebenso international zu vertreiben. Die Herstellung der Produkte liegt bei Biochemikerin Brandhuber, sie erzeugt sie in einer Manufaktur im zweiten Bezirk in Wien. Auch Brandhuber ist eigenständige Unternehmerin, neben den Alma-Produkten stellt sie natürliche Haarpflege unter dem Label „Less is More“ her.

Um die Vermarktung kümmert sich die rührige Firmenchefin – die zusätzlich auch noch den Blog „Salon Mama“ betreibt – großteils selbst. Das beginnt mit dem Onlineshop: „Zumindest die kleinen Bestellungen verpacke ich daheim und versende sie.“ Auch für die Präsentation bei den handverlesenen Vertriebspartnern ist sie zuständig. Das Interesse sei groß, „es läuft gut an.“ Inzwischen hat sie für den Vertrieb über Geschäfte eine Teilzeitmitarbeiterin aufgenommen.


Marktchancen im Norden

Gab es auch Rückschläge? „Wir haben uns alles mühsam erarbeiten müssen, auch viel durch Trial and Error gelernt“, sagt Zinnagl. „Nicht alles ist aufgegangen.“ Ihre Zukunftspläne sind ehrgeizig, das junge Unternehmen soll auch auf ausländischen Märkten Fuß fassen. In Deutschland, wo es schon einen Vertriebspartner gibt, und auch weiter im Norden: „In zwei Wochen fliegt die ganze Familie nach Kopenhagen.“ Die nördlichen Märkte hält Zinnagl für besonders chancenreich, sie seien im Bereich Nachhaltigkeit weit entwickelt.

Stichwort Familie: Vor Kurzem ist die Firmenchefin zum zweiten Mal Mutter geworden, ihr Sohn, Vito, ist vier Wochen alt. Dass sie ihr Unternehmen von daheim aus führen kann, erweist sich da als Riesenvorteil. Einerseits. Andererseits schaut es freilich so aus, „dass ich drei Tage nach dem Krankenhaus die Buchhaltung gemacht und E-Mails geschrieben habe“. Gearbeitet werde oft auch in der Nacht. „Aber jedes Wochenende und die Nachmittage sind Familienzeit, darauf achte ich.“

Wobei die Übergänge zwangsläufig fließend sind. Geht alles nach Plan, soll das Unternehmen jedoch weiter wachsen, auch personell: „Würde irgendwann nicht mehr alles an mir hängen, wäre das super.“

Fakten

Alma Babycare wurde im April 2016 als GmbH ins Firmenbuch eingetragen. Dem gingen rund zwei Jahre Entwicklungsarbeit voraus. Die Markteinführung der ersten Produkte folgte im September vorigen Jahres, weitere sollen bald folgen.

Familienbetrieb. Die Finanzierung wurde privat durch Ersparnisse sowie Familie und Freunde aufgebracht. Neben Isabel Zinnagl engagiert sich auch ihr Mann, Lukas, im Unternehmen. Die Herstellung der Produkte hat die Biochemikerin Doris Brandhuber übernommen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 22.01.2017)

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