Weniger Automaten – mehr Glücksspiel

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Marktforscher Andreas Kreutzer kritisiert den Ruf der Politik nach einem Totalverbot für Glücksspielautomaten: Das würde die Suchtproblematik nicht lösen.

Wien/Eid. Krise hin oder her – die Österreicher zocken mehr denn je. 14,2 Mrd. Euro wurden im Vorjahr in Casinos, an Automaten, bei Sportwetten und im Internet gesetzt – um 2,2 Prozent mehr als 2010. Bis 2013 dürfte dieser Wert noch um eine Milliarde Euro steigen, sagt das jüngste Branchenradar der Marktforscher Kreutzer Fischer & Partner.

Für Andreas Kreutzer ist dieser Anstieg bemerkenswert: Die „Soko Glücksspiel“ hat seit Inkrafttreten des neuen Glücksspielgesetzes 2010 nahezu 3000 Spielautomaten aus dem Spiel genommen, wodurch sich die Zahl der illegalen Automaten auf rund 3000 halbiert hat. Der Einsatz bei Automaten sank daher um 15,5 Prozent und dürfte weiter fallen. Das Geld wird aber nicht gespart, sondern vor allem in die dem Monopol unterliegenden Lotterie, die Casinos und Internetspiele gesteckt.

„Das Gesetz ist gleich in mehrfacher Hinsicht ein Pyrrhussieg – was die Eindämmung illegaler Spiele und den Spielerschutz angeht“, meinte Kreutzer am Donnerstag. Ein Bodensatz von 2000 illegalen Automaten werde bleiben, zudem seien Internetspiele unkontrollierbar. Außerdem könne an offiziellen Automaten künftig mehr Geld verspielt werden. Während beim bisher geltenden „kleinen Glücksspiel“ der Einsatz mit 50 Cent pro Automat begrenzt war (das Limit konnte in der Praxis jedoch leicht umgangen werden), beträgt der Höchsteinsatz bei Automaten in Salons nun auch offiziell gleich zehn Euro – in Spielbanken sogar bis zu 1000 Euro.

Spielbanken profitieren

Kritik übt Kreutzer deshalb an Forderungen der Politik (in Wien waren es die Grünen und Teile der SPÖ) nach einem Totalverbot des Automatenspiels. Eine Simulation dieses Szenarios habe gezeigt, dass nicht weniger, sondern um 210 Mio. Euro mehr für Glücksspiel ausgegeben würde. Von den theoretisch frei werdenden 2,5 Mrd. Euro an Automateneinsätzen würden bei einem Verbot fast die Hälfte in die Casinos fließen, über 700 Mio. Euro ins Internet und knapp 600 Mio. Euro in Sportwetten.

„Wir lügen uns in den Sack, wenn wir glauben, dass wir dann keine Suchtproblematik mehr haben“, sagte Kreutzer. Außerdem würden Spieleinsätze nur in bestimmte Bereiche kanalisert. Damit seien vor allem die Casinos Austria und ihre Tochter Lotterien gemeint, die die Lotterie-Lizenz wieder erhalten haben und höchstwahrscheinlich auch jene für die Spielbanken bekämen – zumindest für das Stadtpaket.

Die Neuvergabe der Lizenzen, gegen die gleich mehrere Einsprüche beim Verfassungsgerichtshof laufen, wird von Kreutzer auch kritisiert. Der Gesetzgeber habe keine „saubere Lösung“ zustande gebracht. Sein Vorschlag: Die Lotterien verstaatlichen, die Casino-Lizenzen einzeln (und nicht in Paketen) ausschreiben und drei Internet-Lizenzen vergeben.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 06.07.2012)

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