Industrie will bis zu 60.000 Südländer

REUTERS
  • Drucken

Österreichs Unternehmen gehen die Fachkräfte aus. In Südeuropa finden viele keinen Job. Die Industriellenvereinigung will sie nach Österreich holen.

Wien/Sat. Die österreichischen Unternehmen haben immer größere Probleme, geeignetes Personal zu finden. Gleichzeitig suchen in den südlichen Ländern Europas Millionen von Menschen einen Job. Für den Chefökonom der Industriellenvereinigung (IV), Christian Helmenstein, bietet sich eine gemeinsame Lösung der Probleme an. Wenn die Konjunktur in Österreich anspringe, könne man 30.000 bis 60.000 Fachkräfte aus Südeuropa holen, sagte er bei der Präsentation des Konjunkturbarometers der IV am Donnerstag.

Vor zwei Wochen ließ, wie berichtet, bereits die Wirtschaftskammer Vorarlberg aufhorchen. Elf Unternehmer fuhren auf der Suche nach Fachkräften gemeinsam nach Madrid und führten in Summe 110 Bewerbungsgespräche. Die Spanier konnten sich zuvor online bewerben, sogar eine eigene Website wurde dafür eingerichtet. Auch Deutschland geht in eine ähnliche Richtung, Bildungsministerin Annette Schavan will spanische Lehrlinge in Deutschland ausbilden.

Schwacher Euro bringt Aufträge

Trotz schwacher Konjunktur wollen derzeit neun von zehn der befragten österreichischen Unternehmen keine Beschäftigten abbauen. Sie haben Angst, in konjunkturell besseren Zeiten keine Leute mehr zu finden. Laut IV-Generalsekretär Christoph Neumayer büßt Österreich als Standort kontinuierlich an Attraktivität ein. „Seit 2007 verlieren wir in allen internationalen Rankings an Strahlkraft“, so Neumayer. Als Grund dafür sieht er „noch nicht umgesetzte Strukturreformen“. Die Ausgaben in den Bereichen Pensionen, Gesundheit und Pflege würden explodieren, bis 2050 rechnet er mit jährlichen Mehrausgaben von knapp 16 Mrd. Euro.

Derzeit stehe Österreich aber im europaweiten Vergleich noch gut da. Man hebe sich „weiterhin positiv vom Durchschnitt der Eurozone ab“. Trotz der gegenwärtigen Krise geben 41 Prozent der befragten Unternehmen an, das Geschäft laufe „gut”, nur sieben Prozent meinen „schlecht“. In Summe trübte sich die Stimmung der Unternehmer in den vergangenen drei Monaten aber deutlich ein.

Die Industriellenvereinigung erwartet in den nächsten Monaten vor allem dank des schwachen Euro steigende Auftragseingänge aus dem Ausland. Nach einer schwächeren Phase in der Mitte des Jahres lasse sich erst im vierten Quartal eine konjunkturelle Belebung erwarten. Das österreichische BIP soll heuer um 0,5 bis ein Prozent wachsen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 13.07.2012)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:

Mehr erfahren

Österreich

„Mehr Zuwanderer je nach Fortschritten im Inland“

WKO-Generalsekretärin Hochhauser plädiert für den „geordneten“ Zuzug von Migranten. Man müsse vor allem den Fachkräftesektor im Auge behalten.
Arbeitsmarkt kommt keine Jugend
Österreich

Arbeitsmarkt: "Es kommt keine Jugend nach"

Wenn Österreich seine Gesamtwirtschaftsleistung aufrecht erhalten wolle, brauche es Migration, sagt SP-Sozialminister Rudolf Hundstorfer.

Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.