Flughafen: „Knebelverträge verscheuchen kleine Händler“

Check-in 3 des Flughafens Wien
Check-in 3 des Flughafens Wien(c) Dapd (Lilli Strauss)
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Bäcker Franz Felber übt scharfe Kritik am Airport-Vorstand. Für ein Geschäftslokal mit 100 Quadratmetern müsse man im Monat 20.000 Euro auf den Tisch blättern.

Wien. „In diesen Tagen eröffnen wir gleich vier neue Geschäfte der bekannten Marken Samsonite, Geox, Etro und Vilebrequin – das ist der beste Beweis dafür, dass das Interesse groß ist und wir keine Probleme haben, unsere Geschäftsflächen zu füllen.“ Flughafen-Vorstand Julian Jäger will die von einem „Presse“-Exklusivbericht über den Ausstieg der Schweizer Nuance Group ausgelöste Diskussion über die harten Mietkonditionen auf dem Airport nicht einfach so gelten lassen.

Mit dem Fashion Corner West (Marken Swatch, Barbour, Brics) werde es demnächst einen fünften neuen Mieter im alten Bauteil geben, sagt Jäger. „Ein Beweis mehr, dass wir wettbewerbsfähige Bedingungen bieten, die auch akzeptiert werden.“ Die neuen Anbieter ziehen in jene leer stehenden Flächen auf den alten Terminals (Check-in 1 und 2) ein, die nach der Pleite der Sardana-Gruppe frei geworden sind.

Skylink-Kosten hereinspielen

Nicht nur die Nuance Group, die mit Jahresende ihre sechs Geschäfte auf den beiden alten Terminals (Check-in 1 und 2) zusperrt, weil sie sich mit dem Flughafen-Management nicht über eine Vertragsverlängerung einigen konnte, sieht das anders. „Nur große internationale Konzerne können sich die Knebelverträge plus hohen Mieten leisten“, spricht Bäcker Franz Felber offen aus, was hinter vorgehaltener Hand in Wien-Schwechat die Runde macht. Dass nämlich der finanzielle Schaden, der dem Flughafen durch die mit 760Mio. Euro nahezu doppelt so hohen Kosten des neuen Terminals Check-in 3 (vormals Skylink) entstanden ist, durch hohe Mieteinnahmen zumindest begrenzt werden soll.

Bei den vom Flughafen verlangten Mieten von rund 200 Euro pro Quadratmeter gehe es für die Mieter oft nicht mehr um Profitabilität, sondern um das Prestige, auf dem Flughafen vertreten zu sein, meint Felber. Und er rechnet vor: Für ein Geschäftslokal mit 100 Quadratmetern müsse man im Monat 20.000 Euro auf den Tisch blättern – ohne Betriebskosten. Um diese Summe zuzüglich Personalkosten und Materialeinsatz hereinzuspielen und dann zumindest mit einer schwarzen Null auszusteigen, hätte die Bäckerei rund 1000Kunden mit einem Umsatz von 5000 Euro pro Tag benötigt. „Diese Rechnung ist für uns nicht aufgegangen.“

Zum Vergleich: In der Wiener Innenstadt liegen die Mietpreise für Geschäftslokale laut dem aktuellen Immobilien-Preisspiegel der Wirtschaftskammer für 2012 zwischen 120 und 180 Euro pro Quadratmeter. 200 Euro und mehr werden übrigens dem Vernehmen nach auch im neuen Wiener Hauptbahnhof verlangt.

Vergebene Chance

Felber will seine Kritik, die sich auch auf „viele Pflichten, aber kaum Rechte für die Mieter“ bezieht, nicht „von einem verstanden wissen, der bei der Vergabe von Geschäftsflächen am neuen Terminal nicht zum Zug gekommen ist“. Es gehe ihm vielmehr um Grundsätzliches. „Der Flughafen als erste Visitenkarte des Landes hat sich die Chance genommen, auch kleinere Händler mit spezifisch österreichischer Note anzulocken.“ Denn die internationalen Ketten treffe man sowieso überall auf der Welt.

„Unser klares Ziel ist es, die Erträge allgemein und im Besonderen im Retail-Bereich zu steigern“, sagt dazu Jäger. Dazu habe man klare Vorstellungen. Der Flughafen machte im Vorjahr im Retail-Bereich 19 Prozent der Gesamterlöse, aber nahezu die Hälfte des Betriebsergebnisses.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 03.09.2012)

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