Telekom Austria vor dem Totalumbau

Telekom Austria Totalumbau
Telekom Austria Totalumbau(c) Dapd (Hans Punz)
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Der Konzern muss die Struktur straffen und die Kosten senken. Das Management soll schlagkräftiger werden. Die treibende Kraft hinter diesem Unterfangen ist erst seit Kurzem im Aufsichtsrat vertreten: Ronny Pecik.

Wien. Die Rechenstifte sind schon gespitzt, die Szenarien durchgespielt: Heute, Montag, geht es bei der Telekom Austria (TA) ans Eingemachte. In einer als Strategieklausur ausgewiesenen Aufsichtsratssitzung wird Vorstandschef Hannes Ametsreiter seinen Kontrolloren berichten, wie es um das Unternehmen tatsächlich steht. Dabei geht es nicht so sehr um die Korruptionsaffäre, deren Aufarbeitung zwar auch noch nicht abgeschlossen ist. Sondern vielmehr um eine ungeschönte betriebswirtschaftliche Bestandsaufnahme, auf deren Basis eine rigorose Fitnesskur beschlossen werden soll. Diese schließt tiefgreifende Umstrukturierungen ebenso nicht aus wie Veränderungen im Management, wie „Die Presse“ aus Konzernkreisen erfahren hat.

Die treibende Kraft hinter diesem Unterfangen ist erst seit Kurzem im Aufsichtsrat vertreten: Ronny Pecik, Nochgroßaktionär der Telekom. Er hat sein im Herbst des Vorjahres erworbenes Aktienpaket an den mexikanischen Milliardär Carlos Slim und dessen America Movil verkauft, vertritt aber seit Mai die Mexikaner als Aufsichtsratsvizepräsident. Pecik hat schon mehrfach (exklusiv in der „Presse“) kritisiert, dass die Telekom nicht optimal aufgestellt sei, und deshalb umfassende Veränderungen angekündigt.

In der Tat hat die Telekom, die mit 4,5 Mrd. Euro Umsatz und 9200 Mitarbeitern (im Inland) zu den größten heimischen Konzernen zählt und ein Schwergewicht im ATX ist, eine ganze Reihe von Problemen zu lösen:

•Zweistellige Wachstumsraten im Mobilfunkgeschäft gehören aufgrund der hohen Marktsättigung der Vergangenheit an. Auch in Osteuropa, wo die TA gut vertreten ist, hat sich das Wachstum deutlich abgeschwächt, weil die Staaten von der Wirtschaftskrise besonders erwischt wurden.

•Der Wettbewerb zwischen vier Mobilfunkern (A1, T-Mobile mit Tele.ring, Orange und „3“) und zwei Diskontern (Bob und Yesss!) hat die Preise in Österreich auf ein Europa-Tief sinken lassen. Gut für die Kunden, schlecht für die Unternehmen, deren Gewinne schmelzen. Die von der EU verordnete Senkung der Roaming-Gebühren verursacht Erlösausfälle im zweistelligen Millionenbereich.

•Im Festnetz konnte der Kundenschwund der letzten Jahre gestoppt werden. Eine Trendumkehr ist jedoch nur mit teuren Investitionen in schnelles Breitband möglich.

•Pragmatisierte Beamte, die nach wie vor gut die Hälfte der Belegschaft ausmachen, können nur mittels teurer Sozialpläne abgebaut werden. Bis inklusive 2011 machen Rückstellungen für Personalmaßnahmen (Sozialpläne und Golden Handshakes) in Summe 888 Mio. Euro aus.

•Belastungen verursacht auch die weißrussische Tochter Velcom. Die hohe Inflation und die Abwertung des weißrussischen Rubels machen laufende Wertberichtigungen in der TA-Bilanz notwendig.

•Diesen „Einnahmenfressern“ stehen millionenschwere Investitionen gegenüber, die die TA stemmen muss, will sie wettbewerbsfähig bleiben: Das ist zum einen der Aufbau der Infrastruktur für die vierte Handygeneration (LTE), mit der noch schnelleres mobiles Internet möglich wird. Zum anderen ist es die Neuvergabe aller Mobilfunkfrequenzen. Bei der Auktion wird der Marktführer Telekom tief in die Tasche greifen müssen.

•Letztlich steht eine Ausgabe von knapp 400 Mio. Euro für die Orange-Billigmarke Yesss! an. Der Deal soll die Übernahme von Orange durch Hutchison („3“) ermöglichen, er ist aber noch lange nicht fix, da die EU-Wettbewerbshüter und die Bundeswettbewerbsbehörde vertieft prüfen. Platzt die Übernahme, spart die TA viel Geld, sie hat jedoch weiterhin einen Konkurrenten mehr. Analysten, wie jene von JPMorgan, erachten den Preis ohnedies zu hoch für die lange ersehnte Konsolidierung, zumal die Telekom davon nicht sehr viel haben dürfte.

•Eine Eigenkapitalquote von knapp zwölf Prozent ist nicht gerade üppig. Ametsreiter hat sich dennoch festgelegt, die im Vorjahr auf 38 Cent pro Aktie halbierte Dividende beizubehalten. Für die Ausschüttung wären demnach 168,3 Mio. Euro notwendig.

Dass diese Fülle an offenen Problemen nur mit einem schlagkräftigen Management zu bewältigen ist – dieser Ansicht Peciks dürften sich auch andere Aufsichtsräte und der neue Präsident Rudolf Kemler nicht verschließen. Kemler wird allerdings erst im Oktober auf einer außerordentlichen Aufsichtsratssitzung installiert. Weshalb Personalfragen heute zwar besprochen, aber nichts offiziell beschlossen werden dürfte.

Vorstand wird aufgestockt

Nicht neu, aber umso aktueller ist die mögliche Ablöse von Finanzvorstand Hans Tschuden – obwohl sein Vertrag noch bis März 2017 läuft. Außerdem scheint nun so gut wie sicher, dass angesichts des Arbeitspensums ein dritter Vorstand installiert wird. Konzernstratege Georg Donaubauer, der als erste Wahl Peciks gilt, soll da die besten Karten haben.

Auf einen Blick

Bei einer Strategieklausur heute, Montag, will der Aufsichtsrat der Telekom Austria ein Zukunftskonzept beschließen. Es geht um Kostensenkungen und schlanke Strukturen für den Konzern, der mit vielen Problemen zu kämpfen hat. Einnahmenausfälle wegen der Marktsättigung und Tiefstpreise im Mobilfunk stehen Milliardenausgaben für neue Netze und Frequenzen gegenüber.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 24.09.2012)

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