Nowotny verteidigt Anleihenkäufe der EZB

Nowotny verteidigt Anleihenkaeufe
Nowotny verteidigt AnleihenkaeufeSonja Spitzer
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Die Europäische Zentralbank sei „voll im Rahmen ihres Mandats“ und habe für neue Anleihenkäufe eine „Exit-Strategie“, sagt Nationalbankchef Nowotny.

Wien. Nationalbankchef Ewald Nowotny ist unbesorgt. Er glaubt nicht, dass die EZB sich durch geplante Käufe von Staatsanleihen außerhalb ihres Mandats bewegt. Auch fürchtet er weder Deflation noch Inflation und sieht keine Gefahr eines Auseinanderbrechens der Eurozone. In den geplanten Anleihenkäufen der EZB stecke auch nicht der Kern unerlaubter Staatsfinanzierung, so Nowotny. Nur für das Wörtchen „unbeschränkt“ kann er sich nicht so recht erwärmen. Und auch die europäische Bankenaufsicht bei der EZB anzusiedeln, hält Nowotny für eine heikle Angelegenheit.

Der Reihe nach: Der Gouverneur der Österreichischen Nationalbank (OeNB) stellte sich am Dienstag eine Stunde lang den Fragen der „Presse“-Leser im Chat von DiePresse.com. Zentrales Thema waren die Pläne der Europäischen Zentralbank (an der die OeNB zu 2,8 Prozent beteiligt ist), notfalls „unbeschränkt“ Staatsanleihen von Problemländern aufkaufen zu wollen.



Für Nowotny ist diese Ankündigung keineswegs mit der direkten Staatsfinanzierung durch die Notenpresse gleichzusetzen – wie von aktiven und ehemaligen Mitgliedern der geldpolitisch puristischen Deutschen Bundesbank befürchtet. „Die EZB hat gar nicht die Absicht, Zinsunterschiede zwischen den Staaten einzudämmen“, so Nowotny. Vielmehr gehe es bei dem Eingriff darum, den Märkten zu versichern, dass die Eurozone nicht zerfallen werde. Das Risiko neu eingeführter nationaler Währungen würde heute bei Staatsanleihen südeuropäischer Länder zu hohen Zinsen führen. Auch die Negativzinsen auf deutsche Staatsanleihen seien ein Anzeichen für Spekulationen gegen den Euro, so Nowotny.

Die Ankündigung der EZB habe jedenfalls gewirkt. Und: „Im Idealfall muss die EZB gar keine Anleihen kaufen.“ In jedem Fall bewege sich die Zentralbank aber „voll innerhalb ihres Mandats“, so Nowotny. Ob dies auch nach EU-Recht unbedenklich ist? An dieser Frage scheiden sich die juristischen Geister. Deutschen Medienberichten zufolge wappnet sich die EZB jedenfalls gegen mögliche Klagen.

Keine weiteren Goldverkäufe

Es sei auch „kein unbeschränktes Programm“ geplant, so Nowotny. Für Einschränkungen würden schon die Bedingungen sorgen. Sollte ein Land Geld von der EZB wollen, muss es sich zuerst unter den Rettungsschirm ESM begeben und Reformen durchführen – zumindest theoretisch. Erst wenn diese Bedingungen erfüllt werden, sei dieses Programm „quantitativ unbeschränkt“, so Nowotny. Außerdem sei bei der letzten EZB-Sitzung auch ausführlich über eine „Exit-Strategie“ beraten worden.

Bei der Planung einer europaweiten Bankenaufsicht mahnt Nowotny die EZB zur Vorsicht: „Die EZB sollte keine Verantwortung übernehmen, die sie nicht ausführen kann.“ Derzeit habe die EZB nicht die notwendigen Mittel, eine europaweite Bankenaufsicht aufzustellen. Außerdem bedarf es einer strikten Trennung zwischen Aufsicht und Geldpolitik. In diesem Punkt liegt die OeNB offenbar auf einer Linie mit der Deutschen Bundesbank, die im EZB-Rat gegen den Ankauf weiterer Staatsanleihen gestimmt hat – als einziges der 16 Mitglieder. „Österreich ist seit Zeiten der Hartwährungspolitik eng mit der Geldpolitik der Deutschen Bundesbank verbunden“, sagte Nowotny im Chat.

Den Vorschlag von EZB-Chef Mario Draghi, bisher geheime EZB-Sitzungsprotokolle künftig zu veröffentlichen, sieht Nowotny kritisch. „Eine zu rasche Veröffentlichung könnte die Gefahr mit sich bringen, dass es zu einer Renationalisierung der Entscheidungsprozesse kommt.“ Die Frage nach möglichen weiteren Goldverkäufen der OeNB verneint Nowotny: Er habe nicht vor, in seiner Amtszeit Gold zu verkaufen. Ein Aufstocken der Reserven von derzeit 280 Tonnen sei aber auch nicht vorgesehen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 26.09.2012)

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