Expertengruppe will Steuerzuckerln streichen

Vizekanzler Spindelegger
Vizekanzler Spindeleggerdapd
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Die von Vizekanzler Spindelegger (ÖVP) eingesetzte Expertengruppe präzisiert ihre Pläne. Das Steuersystem soll vereinfacht, Steuersätze gesenkt und Ausnahmen (etwa Pauschalierungen) gestrichen werden.

Wien/B.l. Die Expertengruppe „Unternehmen Österreich 2025“ sorgte kürzlich für große Aufregung. Die von ÖVP-Obmann Michael Spindelegger eingesetzte Initiative hatte an einem Tabu gerüttelt: Die Steuerbegünstigung des 13. und 14. Gehalts (dieses wird derzeit nur mit sechs Prozent besteuert) solle fallen, schlugen die Experten vor – „Die Presse“ berichtete. Ablehnung kam nicht nur von der SPÖ– „Das wäre eine Belastung der Arbeitnehmer“, meinte Finanzstaatssekretär Andreas Schieder. Auch Spindelegger selbst erklärte, er wolle das 13. und 14. Gehalt nicht antasten.

Am Donnerstagabend präzisierten jene Experten, die innerhalb der Gruppe das Thema „Standort Österreich“ beackern, ihre Vorschläge. Die Streichung der Steuerbegünstigung des Weihnachts- und Urlaubsgeldes sollte nur Teil einer umfassenden Vereinfachung des Steuersystems sein, erklärten Unternehmen-Österreich-2025- Sprecher Bernhard Gröhs, Peter Grüner vom Wirtschaftsprüfungsunternehmen Deloitte und Robert Kremlicka vom Beratungsunternehmen A.T. Kearney.

•Beim Spitzensteuersatz „Optik“ verbessern. Der Spitzensteuersatz soll von derzeit 50 Prozent auf 44 Prozent fallen. De facto seien es jetzt auch etwa so viel, wenn man die Steuerbegünstigung des 13. und 14. Gehalts bzw. den Gewinnfreibetrag für Selbstständige beachte, stellt Grüner fest. Die ausgewiesene Höhe des Spitzensteuersatzes sorge aber für schlechte „Optik“ bei Firmen, die sich mit dem Gedanken tragen, sich in Österreich anzusiedeln, meint Kremlicka.

Grenz- und Durchschnittsbelastung sollen sinken. Auch alle anderen Steuersätze sollen fallen. Derzeit kommen vom Bruttoeinkommen 19 Prozent Sozialabgaben weg, dann werden Einkommensbestandteile zwischen 11.000 und 25.000 Euro pro Jahr mit 36,5 Prozent, solche zwischen 25.000 und 60.000 mit 43,2 Prozent und jene über 60.000 mit 50Prozent besteuert. Diese Belastung wird zwar durch die Begünstigung des 13. und 14. Gehalts gemildert. Doch selbst wenn man das berücksichtige, würden von 100Euro brutto, die ein Durchschnittsverdiener zusätzlich verdient, 49Euro abgezogen, rechnen die Experten vor. Mehr als bei Spitzenverdienern. Künftig sollen einheitlich 44 Prozent an Steuern und Sozialversicherung wegkommen. Für Einkommensbestandteile von bis zu 11.000 Euro soll man wie bisher nur Sozialabgaben zahlen. Die Maßnahmen würden „den unteren Mittelstand“ entlasten, so Grüner. Also jene, die zwischen 25.000 und 60.000 Euro verdienen.

• Begünstigungen streichen. Im Gegenzug würde man Begünstigungen streichen. Neben der Steuerbegünstigung des 13. und 14. Gehalts wollen die Experten dabei auch „jede Menge Pauschalierungen durchforsten“. „Wenn Sie mich fragen, gilt das auch für die Landwirtschaft“, meint Gröhs.

•Keine Vermögensteuern.
Der Idee von Vermögensteuern können die Experten hingegen wenig abgewinnen, da Vermögen „schwer fair zu bewerten“ sei. Allenfalls könne man über eine Erhöhung der Grundsteuer nachdenken. Doch müsse man verhindern, dass diese über die Betriebskosten auf den Mieter übergewälzt werden.

Das gesamte Modell der Expertengruppe soll in Summe eine Entlastung der Steuerzahler bringen: Bis 2025 soll die Abgabenquote von derzeit 43,5 Prozent auf unter 40Prozent fallen. Wie hoch die Umsetzungschancen ihrer Vorschläge seien, dazu wollten sich die Experten nicht konkret äußern. „Wir wissen, dass sie gelesen werden, das ist schon etwas“, sagte Gröhs. Die Umsetzung der Vorschläge würde die Attraktivität des Standorts Österreich steigern, meinte Kremlicka. Wenigstens über dieses Ziel sollte Einigkeit herrschen.

Auf einen Blick

Die Expertengruppe „Unternehmen Österreich 2025“ wurde von ÖVP-Chef Michael Spindelegger ins Leben gerufen, versteht sich aber als unabhängig. Sie soll Vorschläge zur Verbesserung des Wirtschaftsstandorts Österreich erarbeiten. Zuletzt rüttelte sie auch an Tabus wie der Steuerbegünstigung des 13. und 14. Gehalts.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 20.10.2012)

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