Casino-Lizenz: Begünstigt Finanz einen Bieter?

(c) FABRY Clemens
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Eineinhalb Jahre nach der Ausschreibung ist der Zuschlag für sechs Standorte noch immer ausständig, die Kritik am Ministerium wird lauter. Per Gesetz wurde nun ein „Hintertürl“ für die Säumigkeit geschaffen.

Wien. Erst auf Druck der EU und durch ein Urteil des Europäischen Gerichtshofs wurde das österreichische Glücksspielgesetz so geändert, dass die bisher ausschließlich bei den Casinos Austria liegenden Konzessionen für Spielbanken „europaweit, transparent und nicht diskriminierend“ vergeben werden. Die Ausschreibung des ersten Pakets für sechs Standorte („Stadtpaket“) erfolgte im August 2011. Die Entscheidung, ob Casinos Austria oder Novomatic den Zuschlag erhält, ist aber noch immer ausständig. Die Zeit drängt, denn die bestehenden Konzessionen der Casinos Austria (Casag) laufen Ende des Jahres aus.

Theoretisch müsste die Casag zu Jahresende die sechs Casinos in Wien, Salzburg, Graz, Linz, Innsbruck und Bregenz zusperren, weil ihr die legale Geschäftsgrundlage fehlt. Dieser Extremfall dürfte doch nicht eintreten, obwohl entgegen der Beteuerungen des Finanzministeriums, noch im Herbst zu entscheiden, alles darauf hindeutet, dass es heuer nicht mehr klappt.

Das Finanzressort hat nämlich im Budgetbegleitgesetz, das am Mittwoch behandelt wurde, ein „Hintertürl“ eingebaut. In §14/6 des Glücksspielgesetzes wird ein Passus angefügt: „Wird über fristgerecht eingebrachte Anträge nach §14 nicht vor Ablauf der Konzessionsdauer entschieden, hat der zuletzt berechtigte Konzessionär die Glücksspiele während einer vom Bundesminister für Finanzen mit längstens einem Jahr festzusetzenden Frist weiter zu betreiben. Diese Frist ist so zu bestimmen, dass mit ihrem Ablauf der Bund oder ein neuer Konzessionär die Glücksspiele durchführen kann.“

Die schon beim Start der Ausschreibung geäußerte Befürchtung, dass die Ausschreibung einer „Lex Casinos“ gleichkomme und der alte Konzessionär auch der neue sein werde, bekommt dadurch noch mehr Gewicht. Auch wenn Finanzministerin Maria Fekter (ÖVP) die Empfehlung des zuständigen Beirats bald unterschreibt, käme der Interessent Novomatic im Falle eines Zuschlags der Lizenzen in die Bredouille. Zwar sieht das Gesetz eine Übergangslösung vor. Binnen Kurzem können aber nicht sechs Spielbanken errichtet werden.

„Heißes Eisen“ Glücksspiel

Im Finanzministerium heißt es dazu, dass man „für alle Eventualitäten vorsorgen“ und einen rechtsfreien Raum vermeiden möchte. Das ändere aber nichts an der Absicht, bald zu entscheiden. Dem Vernehmen nach will der Beirat Mitte November fertig sein.

Hinter vorgehaltener Hand wird kolportiert, dass das Glücksspiel – und damit auch die Lizenzvergabe – niemand gerne angreife, weil es ein heißes Eisen sei. Das Interesse, vor einem neuen Untersuchungsausschuss zu landen, sei im Ressort äußerst gering, heißt es. (Der mutmaßliche „Kauf“ einer Gesetzesänderung sorgte im jüngsten U-Ausschuss für Brisanz, Anm). So hängt auch die Entscheidung beim zweiten Casinos-Paket (Landpaket) in der Luft. Die Ausschreibung für die drei neuen Casinos in Wien (zwei) und Niederösterreich soll ebenfalls seit einigen Wochen im Ministerbüro einer Abfertigung harren.

Bei der Casinos Austria will man das laufende Verfahren nicht kommentieren. Novomatic-Boss Franz Wohlfahrt sagt zur „Presse“: „Nach Ansicht unserer Anwälte würde dies eine unzulässige Änderung der Ausschreibungsbedingungen mittels einer Gesetzesnovelle sowie eine unzulässige Verlängerung der bestehenden Konzessionen, die zwingend zu einer Neuausschreibung führen müsste, bedeuten.“

Verfassungsrichter prüfen

Die Novomatic hat im Dezember 2011 eine Klage beim Verfassungsgerichtshof (VfGH) eingebracht, weil sie die Vergabe in „Paketen“ als europarechtswidrig erachtet. Der Antrag wurde jedoch aus Formalgründen abgelehnt. Die Novomatic, deren Meinung vom Verfassungsrechtler Heinz Mayer unterstützt wird, behält sich weitere Schritte bei der EU vor.

Klagen sind auch gegen die Vergabe der Lotterie-Lizenz, die im Vorjahr wieder der Casinos-Austria-Tochter Lotterien zugeschlagen wurde, anhängig. Das Finanzministerium beteuerte zwar auch in Sachen Lotterien immer, EU-konform vorgegangen zu sein. Jetzt scheint das Ressort aber doch nicht so sicher, dass der VfGH, dem drei Beschwerden vorliegen, diese auch abschmettert. Denn auch zu den Lotterien gibt es im Glücksspielgesetz einen Zusatz: „Bei nachträglichem Wegfall des Konzessionsbescheides hat der Konzessionär die Glücksspiele während einer vom Bundesminister für Finanzen mit längstens 18 Monaten festzusetzenden Frist weiter zu betreiben.“

Auch beim Online-Glücksspiel drohen Österreich Zores. EU-Binnenmarkt-Kommissar Michel Barnier fordert in seinem Aktionsplan einheitliche Regeln, um Geldwäsche und Betrug zu verhindern. Das impliziert auch Konzessionen für Onlinespiel. Die gibt es hierzulande nicht, die Lizenz hängt – zum Ärger von Online-Anbietern – an der Lotterienkonzession.

Auf einen Blick

Eineinhalb Jahre nach der Ausschreibung ist der Zuschlag für das erste Casinos-Paket noch immer nicht erteilt. Dem Finanzministerium wird Untätigkeit vorgeworfen. Da die bestehenden Lizenzen der Casinos Austria aber zu Jahresende auslaufen, wurde nun per Gesetz eine Übergangsfrist geschaffen. Die Novomatic hält dies für unzulässig.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 25.10.2012)

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