Korruptionsskandal: Razzia bei Bilfinger Berger

Korruptionsskandal Razzia Bilfinger Berger
Korruptionsskandal Razzia Bilfinger Berger(c) AP (Michael Sohn)
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Hausdurchsuchungen in Wien, Mannheim, Budapest und Bratislava. Der Wiener Geschäftsführer und weitere Topmanager wurden wegen Schmiergeld-Vorwürfen bei Bauprojekten in Ungarn und der Slowakei beurlaubt.

Wien. „Herr Kraft ist derzeit auf Urlaub. Wann er wieder zurückkommt, kann ich Ihnen leider nicht sagen.“ Die Dame in der Wiener Niederlassung des deutschen Baukonzerns Bilfinger Berger ist höflich, aber kurz angebunden. Über die Turbulenzen der vergangenen Wochen in der Wiener Zentrale in der Grünbergstraße in Meidling sagt sie nichts. Mitte Oktober stürmten nämlich Beamte das Gebäude und beschlagnahmten Unterlagen.
Die Hausdurchsuchung war Teil einer groß angelegten Aktion der Staatsanwaltschaft Landshut in Bayern. In vier Ländern schlugen die Ermittler zu. Denn nicht nur in Wien bekam der zweitgrößte Baukonzern Deutschlands unangemeldeten Besuch von Staatsanwaltschaft und Polizei. Auch in der Konzernzentrale in Mannheim sowie in den Filialen in Ungarn und Bratislava fanden Razzien statt. Bilfinger Berger bestätigte am Freitag die Recherchen der „Presse“.

Floss Schmiergeld in Millionenhöhe?


„Deutsche und ausländische Behörden haben Durchsuchungen vorgenommen“, sagte Konzern-Kommunikationschef Sascha Bamberger auf Anfrage der „Presse“. „Bilfinger unterstützt die Ermittlungen und kooperiert uneingeschränkt mit der Staatsanwaltschaft“, betonte der Konzernsprecher und wollte zu dem laufenden Verfahren keine weiteren Angaben machen. Auch nicht, ob sich im Zuge der Razzien der Verdacht auf Schmiergeldzahlungen in Millionenhöhe bestätigt hat. Denn darum geht es in der heiklen Causa.

Laut Informationen, die dieser Zeitung vorliegen, befindet sich Österreich-Chef Rudolf Kraft auch nicht ganz freiwillig im Urlaub. Vielmehr wurde er dem Vernehmen nach von der Zentrale in Mannheim vor die Wahl gestellt, Urlaub zu nehmen oder suspendiert zu werden. „Die Presse“ war bemüht, Kraft zu einer Stellungnahme zu erreichen, ohne Erfolg.

Und noch ein Topmanager des Baukonzerns befindet sich seit wenigen Tagen auf Zwangsurlaub. Es ist Bernd Kühnert, Ungarn-Chef von Bilfinger Berger. In diesem Land liegt offenbar auch die Wurzel des (vermuteten) Übels. Denn im Zentrum der Ermittlungen steht ein 495-Millionen-Euro-Bauprojekt in Ungarn. Um dieses an Land zu ziehen soll in den Jahren 2006 und 2007 Schmiergeld geflossen sein. Und tatsächlich ergatterte ein Konsortium aus Bilfinger Berger, der Wiener Porr und dem französischen Autobahnbetreiber Egis im Jahr 2008 den Auftrag. Sie bauten einen 65 Kilometer langen Abschnitt der Autobahn M6 zwischen Budapest und Pécs.
Bilfinger Berger hatte aber auch bei der Vergabe des Baus der Budapester Metro und bei Bauprojekten in Bratislava die Nase vorne. Auch in diesen Fällen soll die Art der Auftragserteilung nicht ganz den Compliance-Richtlinien des deutschen Baukonzerns entsprochen haben. Bereits im Jahr 2010 soll es in diesem Zusammenhang bei Bilfinger eine interne Revision gegeben haben. In einem anonymen Schreiben, das der „Presse“ zugespielt wurde, ist von „erdrückenden Beweisen“ die Rede.

Bauprojekt wurde finanzielles Desaster


Zurück zum Autobahnprojekt in Ungarn: Das Konsortium stellte den Abschnitt zwar in nur 18 Monaten fertig, am Ende geriet es dennoch zu einem finanziellen Debakel. Der Autobahnbau ist politisch sehr umstritten. Die neue Regierung unter Premierminister Viktor Orbán war seit jeher gegen den Bau. Es kam zu Baumängeln, eingestürzten Tunneln, und am Ende weigerte sich der ungarische Auftraggeber, die letzte Tranche zu bezahlen. Um doch noch an die ausständigen Millionen zu kommen, griffen die Baukonzerne neuerlich zu altbewährten Mitteln.

Hier beginnt die Geschichte nun für ÖBB-Aufsichtsratschef Horst Pöchhacker heikel zu werden. Denn Pöchhacker war damals Porr-Chef. Mit der Planierung der Kalamitäten in Ungarn betraute er den Lobbyisten Peter Hochegger. Dieser sollte bei der österreichischen Regierung intervenieren, damit diese auf höchster politischer Ebene Druck in Ungarn ausübe. „So wollten wir mit den Ungarn wieder ins Gespräch kommen“, erklärte Pöchhacker vor einigen Wochen dem „Profil“. Dass die österreichische Regierung sich für heimische Unternehmen im Ausland einsetze, sei ohnehin eine Selbstverständlichkeit, meinte er.

Die 25.000 Euro, die Hochegger für seine Dienste erhalten habe, hätten sich am Ende bezahlt gemacht, sagte Pöchhacker und verwies darauf, dass man mit den ungarischen Behörden zumindest wieder ins Gespräch gekommen sei.

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