Bank Austria düpierte Madoff-Opfer

File photo shows Bernard Madoff  departing US Federal Court after a hearing in New York
File photo shows Bernard Madoff departing US Federal Court after a hearing in New YorkREUTERS
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130 Mio. Euro fordern Opfer des Milliardenbetrügers Madoff von der Bank Austria. Um einer richtungsweisenden Verurteilung zu entgehen, verglich sich die Bank mit einem Kläger.

Wien. In den USA war die Causa Madoff schnell erledigt. Vor dreieinhalb Jahren wurde der New Yorker Milliardenbetrüger Bernard Madoff zu 150 Jahren Haft verurteilt. Dieser legte das Geld nicht an, sondern verteilte es ähnlich wie bei einem Pyramidenspiel immer weiter. In Österreich verkaufte die Bank Austria die sogenannten „Primeo Fonds“. Das Fondsvermögen wurde Madoff überlassen. In den Verkaufsprospekten von „Primeo“ tauchte der Name Madoff allerdings nicht auf.

Gegen die Bank Austria sind hunderte Klagen von Madoff-Opfern mit einem Streitwert von 130 Mio. Euro anhängig. Im Prozessverlauf gibt es nun eine überraschende Wende. Der Bank Austria wird vorgeworfen, einem Anleger einen namhaften Betrag bezahlt zu haben, um einer richtungsweisenden Verurteilung durch den Obersten Gerichtshof (OGH) zu entgehen. Auf die Entscheidung der Höchstrichter haben viele Madoff-Opfer gewartet.

Die Bank Austria schweigt

Ein Anleger reichte mithilfe einer bekannten Wiener Kanzlei eine Musterklage gegen die Bank Austria ein. Viele andere Anwälte stellten ihre Verfahren in Abstimmung mit der Bank Austria ruhend, um zu warten, was bei dieser Musterklage herauskommt. Für die Bank Austria war der Prozessverlauf verheerend. Sie verlor sowohl in der ersten als auch in der zweiten Instanz. Und dann passierte etwas Eigenartiges.

Als der Fall beim Obersten Gerichtshof landete, zog der Investor plötzlich seine Klage zurück. Dem Obersten Gerichtshof blieb daher nichts anderes übrig, als die Urteile der ersten und der zweiten Instanz aufzuheben.

Jene Anwälte, die die Verfahren ruhend gestellt haben, sind empört. „Vermutlich hat sich die Bank Austria mit dem betroffenen Anleger außergerichtlich geeinigt“, sagt Anwalt Gottfried Thiery, der Madoff-Opfer vertritt.

Die Bank Austria, die bislang alle Vorwürfe in der Causa Madoff kategorisch zurückgewiesen hat, nimmt dazu nicht Stellung. Auch auf die Frage, ob Geld geflossen sei, gibt es keine Antwort.

„Aufgrund der Verpflichtung zur Wahrung des Bankgeheimnisses können wir weder laufende noch abgeschlossene Verfahren kommentieren“, erklärte ein Bank-Austria-Sprecher. Laut „Presse“-Informationen soll das Institut in manchen Fällen angeboten haben, 50 bis 80 Prozent des Schadens zu ersetzen und die Anwaltskosten zu übernehmen.

Die Juristen, die Madoff-Verfahren ruhend gestellt haben, wollen dennoch weitermachen. Sie klagen, dass durch das Hin und Her viel Zeit verloren wurde.

Doch es gibt einen Lichtblick: Ein Anwalt, der sich nicht beirren ließ, war der frühere Justizminister Dieter Böhmdorfer (FPÖ). Er hat das Verfahren nicht ruhend gestellt und sowohl in der ersten als auch in der zweiten Instanz gegen die Bank Austria gewonnen. Sein Fall liegt nun beim Obersten Gerichtshof, der voraussichtlich im Frühjahr 2013 darüber entscheiden wird.

Gerüchten zufolge soll die Bank Austria dem vom Böhmdorfer vertretenen Anleger ebenfalls ein Angebot gemacht haben, damit dieser die Klage zurückzieht, was Böhmdorfer aber bestreitet: „Wir werden das Verfahren durchziehen und hoffen, dass sich der Oberste Gerichtshof bald für unseren Mandanten ausspricht.“

Hoffen auf Böhmdorfer

Sollte sich Böhmdorfer auch in der letzten Instanz durchsetzen, wäre das nach Meinung vieler Juristen ein Durchbruch.

Böhmdorfer übt im „Presse“-Gespräch Kritik an der Justiz, die bei Massenverfahren schlecht organisiert sei. Früheren Medienberichten zufolge sollen die von der Bank Austria und der UniCredit initiierten Primeo-Fonds ursprünglich auf ein Volumen von 700 bis 800 Mio. Euro gekommen sein. Doch so mancher Investor schreckte zurück, die Bank Austria vor Gericht zu zerren. Ein Verfahren durch alle Instanzen dauert Jahre, entsprechend hoch sind die Anwaltskosten. Somit wurden gegen die Bank Austria nur Klagen mit einem Gesamtstreitwert von 130 Mio. Euro eingebracht.

Wer bislang nicht juristisch gegen die Bank Austria vorgegangen ist, hat Pech. Denn Madoff wurde im Dezember 2008 in den USA verhaftet. Somit ist die dreijährige Verjährungsfrist für Anleger im Dezember 2011 abgelaufen. Daher können in der Causa keine Ansprüche mehr geltend gemacht werden.

Hätte ein Gericht in Österreich innerhalb der dreijährigen Verjährungsfrist eine richtungsweisende Entscheidung getroffen, wären vermutlich mehr Madoff-Opfer auf den Zug aufgesprungen und hätten die Bank Austria geklagt.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 20.12.2012)

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