Mit billigen Autos gegen die Absatzflaute

(c) AP (Bela Szandelszky)
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Weil die Nachfrage nach Neuwagen in der Europäischen Union deutlich zurückgegangen ist, gewähren Autohersteller deutliche Rabatte. Mit dieser Strategie hoffen sie, mehr Fahrzeuge absetzen zu können.

Wien/ag./red. Die endgültigen Zahlen für das laufende Jahr stehen zwar noch nicht fest. Eines dürfte aber schon jetzt klar sein: 2012 war ein Jahr voller Absatzrekorde, zumindest für die deutsche Autoindustrie.

Allein der Münchener Hersteller BMW dürfte in diesem Jahr rund 1,8 Millionen seiner Autos verkauft haben. Eine neue Bestmarke, wie Finanzvorstand Friedrich Eichinger sagt. Und auch der Volkswagenkonzern hat 2012 mehr Einheiten abgesetzt als jemals zuvor: „Schon nach elf Monaten haben wir mehr Fahrzeuge ausgeliefert als im gesamten letzten Jahr“, sagt VW-Vertriebsvorstand Christian Klingler euphorisch.

Angesichts der tristen Situation auf dem europäischen Automarkt ist das freilich eine beachtliche Leistung. Denn im November reduzierte sich die Zahl neu zugelassener Autos in der EU gegenüber dem Vorjahreszeitraum um 10,3 Prozent. Damit sanken die Neuzulassungen den 14. Monat in Folge. Im Zeitraum Jänner bis November 2012 wurden in Summe um 7,6 Prozent weniger Neuwagen verkauft. In absoluten Zahlen kamen also 11,3 Mio. Autos auf die Straße – so wenig wie seit 1993 nicht mehr.

Satte Rabatte

Die Schuldenkrise in Europa hat die Nachfrage nach Neuwagen so gut wie überall gedämpft. Mittlerweile betreffen die Rückgänge nicht nur die von der Krise hart getroffenen Südländer. Auch die Käufer in den westeuropäischen Märkten üben sich in Zurückhaltung. Und das spüren auch die deutschen Oberklassehersteller. Wenngleich sich ihre Geschäftsentwicklung nicht mit jener von Opel, Peugeot Citroën oder auch Fiat vergleichen lässt. Aufgrund der Fokussierung auf den europäischen Markt bekommen diese Hersteller die Flaute weit stärker zu spüren, als die Premium-Anbieter. Letztere profitieren nicht zuletzt von ihrer globalen Aufstellung und der Nachfrage aus China, den USA oder Russland.

Doch auch die deutschen Hersteller haben ihre Rekorde nicht zuletzt auch gewährten Rabatten zu verdanken. Eine im Sommer dieses Jahres veröffentlichte Studie der Universität Duisburg Essen kam zu dem Schluss, dass der Rabatt- und Verdrängungswettbewerb auf dem deutschen Markt so hart sei wie noch nie zuvor. Der Listenrabatt für die 30 beliebtesten Fahrzeuge hat im August demnach knapp 19 Prozent betragen. Im September sei die Zahl der Sonderaktionen zudem beispiellos hoch ausgefallen. Die Rabatte kommen teils durch sogenannte taktische Zulassungen zustande. In diesem Fall werden Neuwagen kurz zugelassen, um im Anschluss daran als günstigere Gebrauchtwagen verkauft zu werden.

Premium-Hersteller wie Mercedes oder BMW würden nach Ansicht von Autoexperte Ferdinand Dudenhöffer eher dezent bei Leasing-Angeboten mitmischen. BMW argumentierte zuletzt, heuer keine außergewöhnlichen Rabatte gewährt zu haben. Preisminderungen sollen die Käufer trotz Krise in den Autosalon locken.
Branchenanalyst Christoph Stürmer von IHS sieht darin aber „keine langfristige Strategie, sondern einen Notnagel.
Ein taktisches Manöver, das zeitlich begrenzt angewendet wird.“ Bei Konzernen wie dem Stuttgarter Sportwagenbauer Porsche dürfte ein zweistelliger Rabatt aber selbst in Zeiten wie diesen schwer zu bekommen sein, sagt Martin Gehring von der Beraterfirma Simon-Kucher & Partners. Wichtig „bei Nachlässen sei, das Rad auch wieder zurückdrehen zu können.“

Doch auch wenn das laufende Geschäftsjahr bald zu Ende geht, ist noch unklar, worauf sich die Konzerne 2013 werden einstellen müssen. Audi rechnet etwa damit, dass der „Wind draußen deutlich schärfer wird“. Und bei Volkswagen bereitet man sich bereits auf ein sehr anspruchsvolles Jahr vor.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 28.12.2012)

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