"Watsch'n für die Lufthansa" im Streit mit AUA-Anlegern

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THEMENBILD: AUSTRIAN AIRLINES (AUA)APA/ROBERT JAEGER
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Seit drei Jahren streiten AUA-Altaktionäre und die Lufthansa wegen einer Barabfindung. Laut einem neuen Gutachten war der Betrag zu niedrig.

Im Streit um die vor drei Jahren gezahlte Barabfindung an die AUA-Kleinaktionäre beim Verkauf der angeschlagenen Airline an die deutsche Lufthansa liegt nun ein neues Gutachten vor. Wie das "WirtschaftsBlatt" am Freitag unter Berufung auf das Gutachten schreibt, war der Betrag von 50 Cent, den Kleinaktionäre erhielten, zu niedrig. Der Gutachter Walter Platzer von Grant Thornton Unitreu errechnet den angemessenen Abfindungsbetrag für die Streubesitz-Aktionäre bei 0,64 bis 1,21 Euro je Aktie. Der Kleinanlegervertreter Wilhelm Rasinger sieht die Lufthansa nun „auf jeden Fall mit einer Nachzahlung in der Pflicht", wie er zur APA sagte. Der kritische Investor Rupert Heinrich Staller sprach am Nachmittag von einer „enormen Watsch'n" für die Lufthansa.

„Es muss auf jeden Fall eine Nachzahlung geben", sagte Rasinger. Ein Streitpunkt ist, wie der 500-Millionen-Staatszuschuss beim AUA-Verkauf an die Lufthansa verbucht wurde. Hier kann Rasinger zwar dem Gutachter jetzt auch nicht ganz folgen. Würde man den Staatszuschuss nicht als so genannte fiktive Kapitalerhöhung werten, sondern als Gesellschafterzuschuss, kämen 2,80 Euro je Aktie heraus, rechnete der IVA-Chef vor. Abzüglich der geleisteten 50 Cent wären das 2,30 Euro Nachzahlung. Jedenfalls ein höherer einstelliger Millionenbetrag nur durch die Staatsgeldkomponente, so Rasinger.

"Lufthansa hat Unschuld verloren"

Die Höhe der Nachzahlung sei offen, aber der Bann sei gebrochen durch das Gutachten, findet der Anlegerschützer. Dass die Lufthansa die 50 Cent als Almosen sah, weil sie sich ja auf einen negativen Unternehmenswert bezogen habe, sei widerlegt. „Deshalb hat die Lufthansa in dieser Frage ihre Unschuld verloren." Der AUA-Streubesitz war per Hauptversammlungsbeschluss von Dezember 2009 mit 50 Cent je Aktie zwangsabgefunden und hinausgedrängt worden.

Der Investor Staller hob heute ebenfalls hervor, dass - bei aller methodischer Debatte über die Rechenart im neuen Gutachten im laufenden Verfahren - ein positiver Unternehmenswert zur Zeit des Squeeze-Out gegeben gewesen wäre und dass „die Lufthansa im Verband mit der ÖIAG und der AUA Brüssel, den Staat und die Minderheitsaktionäre übers Ohr gehauen hat". Aus Brüssel musste ja das Okay für den staatlichen Zuschuss eingeholt werden. Staller geht sogar davon aus, dass den Kleinaktionären mehr als 5 Euro je Aktie zugestanden wären.

Nachzahlung stets abgelehnt

Vor dem Handelsgericht (HG) haben einige Investoren, darunter der IVA (der laut Rasinger rund 100 Anleger in der Sache vertritt), eine Überprüfung des Abfindungspreises beantragt. Im Auftrag des richterlichen Gremiums wurde das nun vorliegende Gutachten erstellt. Die Lufthansa hatte Nachzahlungen bisher unter Verweis auf den damaligen negativen Unternehmenswert kategorisch abgelehnt. „Jetzt kommt Bewegung in die Sache", meinte Rasinger heute zur APA. Die Lufthansa lehnte auch dem „WirtschaftsBlatt" gegenüber ein Statement zum laufenden Verfahren ab.

(APA)

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