Lauda: "Ich wäre der bessere AUA-Chef gewesen"

Lauda waere bessere AUAChef
Lauda waere bessere AUAChef(c) APA HELMUT FOHRINGER (HELMUT FOHRINGER)
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Die AUA habe die übernommenen Schulden der Lauda Air immer als Ausrede für das eigene Versagen missbraucht, sagt Niki Lauda. Das Aufbrechen der Strukturen durch AUA-Chef Jaan Albrecht sieht er als "Meisterleistung".

Sie gelten als Weltmeister des Comebacks. Formel 1, Fliegerei mit Lauda Air, Formel 1, Fliegerei mit Niki und jetzt wieder Formel 1. Wird es noch einmal eine Rückkehr in die Luftfahrt geben?

Niki Lauda: Aus heutiger Sicht sicher nicht. Ich habe jetzt eine neue Herausforderung als Chairman des Mercedes-Rennteams angenommen, die sehr schwierig wird. Das Auto funktioniert derzeit nicht und es wird ein langwieriger Prozess, Mercedes als Marke nach vorn zu bringen. Ich mache Dinge nur ganz oder gar nicht, bei mir gibt's nur schwarz oder weiß und wenn ich etwas entscheide, dann gibt's nichts anderes.


Der Schriftzug Lauda Air ist ab Sommer endgültig Geschichte. Niki haben Sie bereits komplett an die Air Berlin verkauft. Auch dort dürfte Ihr Name mittelfristig verschwinden. Macht Sie das sentimental?

Nein, da habe ich null Sentimentalität. Ich habe die beiden Firmen aufgebaut und dann selbst die Entscheidung getroffen, sie zu verkaufen. Und da darf man dann nicht davon ausgehen, dass alles so weiter geht wie vorher. Im Gegenteil, da kommen neue Besitzer und die machen es dann auf ihre Art. Und daher verliere ich da überhaupt keine Gedanken.


Hat es Sie eigentlich bisher gestört, dass die AUA, mit der Sie so oft gestritten haben, über Ihren Namen verfügte?

Das war in den Anfangszeiten von Niki ein Problem, weil Passagiere oft nicht wussten, wo sie einsteigen sollen. Jetzt juckt mich das Ganze überhaupt nicht mehr. Damals (im Jahr 2000, Anm.) hat mich der sinnlose Kampf der AUA gegen mich sehr wohl gestört. Ich bin aber auch hier so pragmatisch, dass es eine klare Entscheidung gab, die Gott sei Dank ich treffen konnte. Schlecht gefahren bin ich damit auch nicht.


Grund für Ihr Engagement in der Luftfahrt war ja, dass Sie das Monopol der AUA durchbrechen wollten. Hätte es Sie eigentlich gereizt, selbst einmal die Führung der AUA zu haben?

Diese Frage hat sich nie gestellt. Ich war ja immer der Feind, weil ich mir erlaubt habe, gegen die AUA zu fliegen. Selbst ein Vorschlag von mir, Niki als Billigschiene der AUA zu führen, wurde 2003 von der ÖIAG abgelehnt, obwohl es wirtschaftlich Sinn gehabt hätte. Mich hat das aber nicht wirklich gestört, da ich der AUA halt so um die Ohren geflogen bin.


Sie kommentieren ja oft, was bei der AUA alles falsch läuft. Glauben Sie, dass Sie das Unternehmen besser hätten führen können?

Wenn ich mir die AUA-Chefs der vergangenen Jahre ansehe – von Mario Rehulka und Herbert Bammer über Alfred Ötsch bis Andreas Bierwirth und Peter Malanik – dann kann ich ohne Angeberei sagen, dass ich ein besserer AUA-Chef gewesen wäre. Denn aufgrund dieser Manager war ja ich in der Lage, zweimal eine Airline zu gründen und auch zu verkaufen. Und man kann ja nur dann etwas verkaufen, wenn es auch einen Wert hat.


Man könnte aber auch sagen: Sie haben es zweimal probiert. Einmal mit einer service-orientierten und einmal mit einer Billig-Airline und Sie mussten beide Male verkaufen.

Hallo, ich verstehe diesen Ansatz überhaupt nicht. Ich verkaufe dann, wenn ich glaube, dass ich für mein Produkt den höchsten Wert erzielen kann...


... bei der Lauda Air gab es aber einen Machtkampf mit der AUA, weshalb Sie de facto verkaufen mussten.

Ich hatte in den Verträgen eine Put-Option. Und nachdem die mich so genervt haben, habe ich diese Option eben gezogen.


Sie mussten die AUA aber zuvor aus wirtschaftlichen Gründen hereinnehmen.

Die Lufthansa ist Anfang der 1990er-Jahre eingestiegen, um die AUA unter Druck zu setzen, die damals mit der Swissair in einer Allianz war. Dann meinte der damalige Lufthansa-Chef Jürgen Weber, dass es gescheiter wäre, Lauda Air und AUA zusammenzutun und in die Star Alliance zu überführen. Ich habe damals auch gedacht, dass das wirtschaftlich sinnvoll wäre – nicht wissend, was für einen Fehler ich mache.


Wenn ich meinen größten Konkurrenten beteilige, ist es doch logisch, dass ich mittelfristig geschluckt werde.

Nein. Vor dem Einstieg war das Konzept, dass die Lauda Air, die um rund 40 Prozent billiger als die AUA produzierte, die Langstrecke fliegt und die ebenfalls billigere Tyrolean die Kurzstrecke. Das wäre zukunftsweisend gewesen. Kaum war der Einstieg erfolgt, wollte das AUA-Management davon nichts mehr wissen.


Man könnte salopp sagen, Sie waren ein wenig naiv gegenüber der AUA-Führung.

Der Feitl (Ex-Tyrolean-Chef Fritz Feitl, Anm.) und ich waren naiv, weil wir gehofft hatten, dass unsere Dynamik auch die AUA beschleunigen könnte. Wir dachten, dass unsere innovativen Ansätze bei der AUA dazu führen würden, dass man dort sagt: So schlecht machen die das gar nicht. Das war mein größter Fehler. Die AUA-Kultur war nicht aufzubrechen. Daher ist die AUA-Lawine über Tyrolean und Lauda gerollt und hat die beiden „verauat“.


Waren eher das AUA-Management oder die Betriebsräte der Grund dafür?

Die AUA-Kultur zog sich durch das ganze Unternehmen. Den größten Widerstand gab es jedoch in der Ebene unter dem Vorstand. Selbst wenn wir mit der AUA-Führung etwas fix vereinbart hatten, wurde das in derselben Sekunde von den Mitarbeitern ein Stück weiter unten wieder abgedreht.


Die Lauda Air hatte auch einen Schuldenberg. Deshalb sagen viele, Sie haben gerade noch den richtigen Zeitpunkt für den Absprung erwischt und so den Grundstein für die Probleme der AUA gelegt.

Diese Geschichte kann ich nicht mehr hören. Wir hatten damals rund 550 Mio. Schilling Verluste angesammelt. Deshalb haben wir zwei Boeing 767 verkauft und zurückgeleast – was jede Airline macht, wenn sie zu wenig Geld hat. Die AUA wollte damals nichts anderes, als die Lauda Air in Konkurs schicken. Dann hätte sie mir auch nichts für meine Beteiligung zahlen müssen. Ich habe mit dem Verkauf der Maschinen jedoch ihren Plan durchkreuzt. Der Schuldenberg war deutlich dezimiert. Die AUA hat selbst immer Verluste produziert, mit oder ohne uns. Laut AUA-Kultur ist aber nie die AUA selbst schuld, sondern immer der böse Lauda. Die haben uns immer als Ausrede missbraucht.


Warum haben Sie dann Jahre später auch Ihre zweite Fluglinie Niki verkauft, die laut Ihnen immer Gewinne geschrieben hat?

Mir war von Anfang an klar, dass ich einen Partner brauchte, damit Niki schnell wachsen konnte. Deshalb habe ich Air Berlin zuerst mit 24,9 Prozent hereingenommen. So konnte ich das ganze Vertriebssystem der Air Berlin nutzen. Als es bei der Air Berlin jedoch nicht mehr so gut lief, ging erneut das ganze Theater los, weil wir eben die Billigeren und Effizienteren waren. Da haben wir auf 49 Prozent aufgestockt, um auch den Mitarbeitern die Zusammengehörigkeit zu vermitteln. Als die Air Berlin dann große Verluste machte, wollte man, dass wir unsere Flugzeuge verkaufen und zurückleasen und das Geld der Air Berlin geben. Das hätte uns jedoch verteuert, weshalb ich gesagt habe, da mache ich nicht mit.


Das erinnert aber schon an die AUA-Lauda-Air-Geschichte.

Nein. Es war insofern anders, weil wir bei Niki alles richtig gemacht haben. Bei der Lauda Air gab es ja wirklich Verluste, die abzudecken waren.


Viele Fluglinien haben Probleme. Wer kann langfristig überleben?

Die Airlines versuchen ihre Kosten zu senken. Völlig aus dem Blickfeld ist dabei geraten, warum wir überhaupt fliegen: wegen der Passagiere. Lufthansa und AUA haben nicht einmal das Konzept verstanden, dass der Passagier g'scheit sitzen muss. Die einzigen, die konsequent auf ihre Kunden schauen, sind Emirates und Turkish. Vor allem letztere ist für mich ein perfektes Beispiel. Wer wäre vor fünf Jahren freiwillig mit Turkish geflogen? Heute haben sie ein deutlich besseres Produkt als die meisten anderen europäischen Airlines. Sonst sind Billig-Airlines wie Ryanair profitabel.


Bei alteingesessenen Fluglinien verursachen verkrustete Strukturen hohe Kosten.

Stimmt. Dann muss man halt umdenken und eigene Billigkonkurrenz wie die Lufthansa mit Germanwings aufsperren. Auch was AUA-Chef Jaan Albrecht gemacht hat (der Betriebsübergang auf die eigene Tochter Tyrolean, Anm.), ist der richtige Weg. Das war eine absolute Meisterleistung, so die alten Strukturen aufzubrechen. Dennoch muss man sich auch heute noch bei der AUA fragen: Reicht das? Ich sage, es reicht noch nicht.

Sie waren ein sehr erfolgreicher Formel-1-Fahrer, in der Wirtschaft haben sie Kritikern zufolge auch Scherben hinterlassen...

Nein, nein, nein. Diese Scherbenhaufen-Geschichte wird bei der AUA immer noch als Ausrede gebraucht...

Würden Sie sich selbst als erfolgreichen Geschäftsmann bezeichnen?

Mit allen Ups and Downs, die jeder Unternehmer hat, bin ich im Rückblick mit meinen Leistungen zufrieden.

Wo ist es eigentlich leichter, Erfolg zu haben: in der Formel 1 oder in der Wirtschaft?

Der Auftrag ist in der Formel 1 viel klarer – du musst schneller sein als die anderen. Gleichzeitig ist auch die Transparenz höher, jeder weiß nach einem Grand Prix, wo er steht. In der Wirtschaft holen dich die Zahlen erst nach einer gewissen Zeit ein.


Und wo ist die Konkurrenz härter?

In der Formel 1. Das ist eine Gesellschaft von lauter Primadonnas, die alle an ihre Grenzen gehen. Das ist in vielen Sportarten so.

Steckbrief

1949
Niki Lauda wird in Wien als Spross einer Industriellenfamilie geboren. Schon als Jugendlicher fährt er erste Autorennen.

1975
wird Lauda in einem Ferrari das erste Mal Formel-1-Weltmeister. Ein Jahr später verunglückt er am Nürburgring schwer. 1977 wird er zum zweiten Mal Weltmeister.

1979
gründet er die Lauda Air. Nach drei Jahren kommt das Aus. Lauda wechselt wieder in den Motorsport und wird

1984
zum dritten Mal Weltmeister. Ein Jahr später startet er den zweiten Versuch mit der Lauda Air. 1991 stürzt die „Mozart“ ab. Mit der Expansion eskaliert der Streit mit der AUA. 2000 tritt Lauda ab.

2003
gründet Lauda die Billig-Airline Niki und nimmt die Air Berlin als Partner an Bord. 2011 verkauft er alle seine Anteile.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 13.01.2013)

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