Ex-Konzernchef Karl Petrikovics räumt ein, dass er und zwei Mitangeklagte Scheinrechnungen ausstellten, um die Gewinne aus Aktiengeschäften abzurechnen. Das Geld sei ihm jedoch rechtmäßig zugestanden.
Wien/Eid. „Jedem Kind macht man klar, dass es die Unterschrift der Mutter nicht fälschen darf, und Ihnen, drei honorigen Herren, fällt nichts Besseres ein, als Scheinrechnungen zu schreiben? Haben Sie keinen Funken Unrechtsbewusstsein?“ Am dritten Tag des Immofinanz-Prozesses platzt Richterin Claudia Moravec-Loidolt der Kragen, als der Angeklagte Karl Petrikovics wortreich zu erklären versucht, warum die Kursgewinne aus den Aktienoptionsgeschäften, die im Mittelpunkt der Anklage stehen, als Honorare über 756.400 Euro für ihn und die Mitangeklagten Norbert Gertner und Helmut Schwager abgerechnet wurden.
„Da sieht man ja, wie blöd wir waren“, räumt Petrikovics ein. Allerdings beharrt er trotz hartnäckigen Nachhakens der Richterin und von Staatsanwalt Volker Sackmann darauf, dass ihm, Gertner und Schwager das Geld zugestanden sei. Man habe ja Wertpapiere verkauft – und die Kursdifferenz abzüglich der Zinsen habe die Summe ausgemacht. Petrikovics erhielt 305.400 Euro, Gertner 201.000 und Schwager 250.000 Euro.
Petrikovics, damals Chef der Constantia Privatbank (CPB), der von ihr gemanagten Immofinanz und Immoeast, Ko-Vorstand Gertner und Aufsichtsrat Schwager wurde am 13.März 2003 vom Immofinanz-Aufsichtsrat das Recht eingeräumt, im Zuge einer Immoeast-Kapitalerhöhung drei bzw. je zwei Prozent Aktien zu erwerben. Während die Angeklagten, zu denen noch Vorstand Christian Thornton und Steuerberater Ernst Hable gehören (für alle gilt die Unschuldsvermutung), dies als Aufsichtsratsbeschluss werten, auf den sich alle späteren Geschäfte beziehen, sieht Sackmann darin nur ein Besprechungsprotokoll.
Dies ist aber nicht die einzige Ungereimtheit. So etwa lässt sich die Frage, ob sich die drei bzw. zwei Prozent nur auf die Kapitalerhöhung oder das gesamte Aktienkapital der Immoeast bezogen, nicht beantworten. Offen ist auch, woher das Geld für die Deals kam. Die Angeklagten selbst haben jedenfalls kein eigenes Geld in die Hand genommen.
Die Aktien wurden – unter anderem, weil die dafür geplanten Stiftungen nicht zustande kamen – nicht „real“ übernommen, sondern in der CPB-Tochter Leascon „geparkt“. Weil die CPB im weiteren Verlauf zu wenig Aktien hatte (Shortposition), ließen sich Petrikovics, Gertner und Schwager als Ersatz Optionen einräumen. Erst zwei Jahre später, Anfang 2006, wurde dann mit Hable schriftlich eine Treuhandlösung vereinbart. „Wir wollten das, was vorher schlampig vereinbart worden war, korrekt machen – als hätten wir die Aktien selbst im Depot gehabt“, gibt Petrikovics zu Protokoll.
Das beruhigt die Richterin wenig, zumal Petrikovics ihrer Meinung nach zu oft von „Fehlern“, „Schlamperei“, „Übersehen“ und „Vergessen“ spricht: „Sie führten ein riesiges Unternehmen, und dann passierten dauernd Fehler?“, echauffiert sich Moravec-Loidolt. Und: „Bleiben wir bei den Tatsachen, nicht: hätte, wäre, würde.“
Ausschluss der Öffentlichkeit
Auch bei den sogenannten Hable-Optionen hat es Unschärfen gegeben. Ganz abgesehen davon, dass das Aktienoptionsgeschäft unter Ausschluss der Öffentlichkeit ablief. Der Deal wurde weder der Finanzmarktaufsicht (FMA) gemeldet noch veröffentlicht. „Das war nicht notwendig, weil die Bestimmungen damals anders waren“, sagt Petrikovics. Im Konzern selbst wurde aber auch nichts bekannt. Mit Absicht, um „Neid und Missgunst“ auszuschließen. Weshalb ja der Weg über Hable gewählt worden sei. Der sei übrigens so „nett“ gewesen und habe dies unentgeltlich gemacht.
Und nicht zuletzt gab es steuerliche Gründe, warum der Gewinn dann über die CPB-Tochter CPB CFC ausbezahlt wurde. Denn die Papiere wurden innerhalb der einjährigen Spekulationsfrist hergegeben.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 25.01.2013)