Immofinanz: "Mein Vertrauen wurde missbraucht"

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Der mitangeklagte Manager Christian Thornton schildert das Arbeitsleben in dem von Karl Petrikovics dominierten Konzern. Damals habe er dem Management vertraut, jetzt findet er die Vorgänge "schockierend".

Wien/Eid. So ein Tagebuch ist etwas Feines. Noch Jahre, nachdem es verfasst worden ist, hilft es dem Gedächtnis auf die Sprünge. Nicht nur in Liebesdingen – auch wenn es um heikle berufliche Angelegenheiten geht. Christian Thornton führte von 2000 bis 2008, als er im Konzern der Constantia Privatbank (CPB) und der von ihr gemanagten Immofinanz und Immoeast arbeitete, genaue Aufzeichnungen. Diese „To-do-Bücher“, wie er sie nannte, bildeten am vierten Tag des Immofinanz-Prozesses eine reiche Informationsquelle über das Arbeitsleben und jene Aktienoptionsgeschäfte, für die sich Thornton, Konzernchef Karl Petrikovics, Vorstand Norbert Gertner, Aufsichtsrat Helmut Schwager und Treuhänder Ernst Hable verantworten müssen.

Noch bevor er über seine Wahrnehmung des Aktienan- und Weiterverkaufs sowie die dafür verwendete Treuhandkonstruktion Richterin Claudia Moravec-Loidolt Auskunft gab, holte Thornton aus. Und entwarf das Bild eines von Petrikovics absolut dominierten Konzerns, in dem Gewinnmaximierung oberstes Prinzip war. Auch wenn dabei, wie es Schwager am Donnerstagnachmittag formulierte, das Aktien- und das Bankwesengesetz nicht immer im Vordergrund standen. Cash und vielleicht die Schulden, alles andere sei „irgendwie“ in der Bilanz großer Konzerne, plauderte Schwager über seine Erfahrung als Vertrauter im Imperium der Familie Turnauer, zu der die CPB zählte. Womit er die Richterin „sehr erschreckt“.

Schwagers Nachsatz, dass Dinge wie Aktienkäufe niemanden etwas angingen, festigte den Eindruck von einem System, das keiner zu hinterfragen wagte. „Ich habe Petrikovics, Gertner und Schwager vertraut, es gab keine Gründe zu zweifeln“, schilderte Thornton am Freitag, warum er Befehle und Weisungen von Petrikovics „blind“ umgesetzt hatte. Um dann eine frühere Aussage zu bekräftigen: Was er später im Strafakt gesehen und hier gehört habe, sei „schockierend“. „Ich wurde benutzt und belogen, mein Vertrauen wurde missbraucht.“

Rechnungen wurden diktiert

Auch die Scheinrechnungen, über die Petrikovics, Gertner und Schwager die Gewinne aus den Aktienoptionsgeschäften lukrierten (in Summe 756.400 Euro), habe er nicht initiiert. Das Geld floss über die CPB CFC, in der Thornton – wie in weiteren 80 Firmen – Geschäftsführer war. Das war er auch in der Leascon, wo die Aktien geparkt waren.

Schwager habe ihm seine Rechnung über 250.000 Euro „diktiert“, und zwar im Juli 2004, las Thornton aus einem „To-do-Buch“ vor. Als er dann meinte, dass Schwager bei seiner Scheinrechnung um 84.000 Euro mehr kassierte, als ihm aus einem Kursgewinn zugestanden wäre, wurde es endgültig still im Saal. Wobei Thornton ohnedies erst viel später erfahren haben will, dass es um die Abgeltung der Aktienotpionsgeschäfte ging – als ihm Petrikovics das mitteilte. Offiziell waren nämlich die Rechnungen für die Vermittlung von Immobilienobjekten ausgestellt worden. Als Schwagers Verteidiger Georg Zanger wortreich versuchte, die zu viel abgerechneten 84.000 Euro als Mitarbeiterrabatt darzustellen, erntete er nur Kopfschütteln.

„Haben Sie alles gemacht, was Ihnen Petrikovics gesagt hat?“, wundert sich Moravec-Loidolt letztlich. Immerhin habe Thornton ja ein hohes Gehalt und hohe Prämien bezogen. Wofür eigentlich? Sicher nicht für diese „Vorgänge“, betonte Thornton. Er habe sehr viel gearbeitet.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 26.01.2013)

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