Neue Hoffnung für AWD-Geschädigte

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Der Oberste Gerichtshof stellt erstmals klar, dass Aviso Zeta, Bad Bank der einstigen Constantia Privatbank, für etwaige Beratungsfehler ihres Vertriebspartners haftet.

Wien. Wenn Banken einen selbstständigen Vermögensberater als Vertriebspartner ständig mit der Vermittlung eines Anlageprodukts betrauen, können sie für dessen Fehler bei der Beratung von Kunden zur Verantwortung gezogen werden. Das hat der Oberste Gerichtshof (OGH) nun in einem Grundsatzbeschluss entschieden, der unzähligen Geschädigten neue Hoffnung gibt. So könnten Anleger, die mit dem sogenannten Garantiezertifikat Dragon FX Garant einen Totalverlust erlitten haben, doch noch zu ihrem Geld kommen. Die Tragweite der Entscheidung ist unabsehbar: Sie lässt sich auch auf andere Fälle umlegen, in denen Banken für bestimmte Produkte ständige Vertriebspartner eingeschaltet haben.

Selbstständiger Berater im Einsatz

Der Gerichtshof hat im Beschluss 4 Ob 129/12t erstmals klargestellt, dass die Bad Bank der einstigen Constantia Privatbank, die Aviso Zeta AG, für Beratungsfehler ihres Vertriebspartners AWD haftbar gemacht werden kann. Bisher haben die Gerichte eine Zurechnung des selbstständigen Vermögensberatungsunternehmens AWD zur Bank abgelehnt; deshalb hat das Handelsgericht Wien auch in dem nun vom OGH behandelten Fall noch gar nicht geprüft, ob der AWD den behaupteten Fehler begangen hat. Die beiden Kläger hatten bei der Constantia Privatbank um 13.000 Euro die Währungszertifikate Dragon FX Garant erstanden. Das von der Lehman Brothers Treasury Co. BV ausgegebene Finanzprodukt erwies sich freilich als bei Weitem nicht so sicher, wie es den Anlegern erschienen war: Trotz einer angeblichen Garantie für das gesamte eingesetzte Kapital und fantastischer Versprechungen über den Ertrag - „Enormes Potential und 100%ige Sicherheit", hieß es im Werbefolder - wurden die Papiere infolge der Lehman-Pleite wertlos.

Werbefolder nicht irreführend

Der OGH hat allerdings mehrmals festgehalten, dass der Folder nicht irreführend war: Dass bei einem Totalausfall des Emittenten dessen frühere Zusagen wertlos sind, muss Anlegern bewusst sein. Im neuen Fall stützten sich die Kläger aber auf eine angebliche weitere Absicherung: Der AWD habe behauptet, dass die Aviso Zeta Garantin für das Finanzprodukt sei.

Um an diese heranzukommen, bedarf es jedoch jener Zuordnung, die der OGH nun grundsätzlich bejaht hat. „Wird ein Vermögensberater von einem anderen Wertpapierdienstleister ständig mit der Vermittlung von bestimmten Anlageprodukten betraut, so entsteht dadurch ein wirtschaftliches Naheverhältnis", schreibt der OGH in seinem Beschluss. Das rechtfertige es, ein Verschulden des Beraters - hier des AWD - der Bank zuzurechnen. Der Gerichtshof begründet das auch mit dem Gleichklang der Interessen des Beraters mit jenen der Bank: Ist nämlich der Berater in einer ständigen Geschäftsbeziehung mit ihr, hängt sein Erfolg auch vom Ausmaß der Vermittlung gerade ihrer Produkte ab. Das bedeutet, dass „sein Interesse an der Vermittlung der Verträge grundsätzlich mit jenem der Bank an deren Abschluss parallel läuft" und dass der Berater „in die Interessenverfolgung der Bank eingebunden" ist.

Das Handelsgericht muss jetzt prüfen, ob AWD-Mitarbeiter tatsächlich behauptet haben, dass die Beklagte Garantin war. Sofern diese Behauptung die Kläger zu ihrer Anlageentscheidung veranlasst, haftet Aviso Zeta für den erlittenen Schaden. Auf diese Weise würde das Risiko, dass Ansprüche beim AWD uneinbringlich sind, von den Klägern auf Aviso Zeta übergehen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 29.01.2013)

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