FMA: "Petrikovics hätte nicht Bank-Chef sein dürfen"

IMMOFINANZ-STRAFPROZESS GEGEN PETRIKOVICS UND VIER WEITEREN PERSONEN
IMMOFINANZ-STRAFPROZESS GEGEN PETRIKOVICS UND VIER WEITEREN PERSONENAPA/HELMUT FOHRINGER
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Sie sei von den Bankvorständen angelogen worden, sagt eine Bankaufseherin der FMA am fünften Tag im Immofinanz-Strafprozess.

Bei der heutigen Zeugenbefragungen am fünften Tag im Immofinanz-Strafprozess sagte eine Vertreterin der Finanzmarktaufsicht (FMA) in ihrer Funktion als Bankenaufseherin der Constantia Privatbank (CPB) aus, die Geschäftsleitung der Bank hätte die Fragen der Aufsichtsbehörde nicht korrekt beantwortet.

"Es ist uns aufgefallen, dass 2007 eine große Anzahl von Immoeast-Aktien über die Bank veräußert wurden. Das hat uns interessiert", so die Zeugin. Die Antwort der Bank, es hätten drei Gesellschaften aus Liechtenstein Aktien erworben, hätte sich im Nachhinein nicht als wahr herausgestellt.

Nebentätigkeiten mehrere Male thematisiert

Als die personellen Verflechtungen im Konzern von der FMA regelmäßig thematisiert worden seien, wurde ihnen gesagt, dass der Bankvorstand die anderen Tätigkeiten nur als "Nebentätigkeit" ausübe. Das Bankwesengesetz (BWG) lasse solche Nebentätigkeiten nur innerhalb des Bankbereiches zu, in der Immofinanz wäre es nicht zulässig gewesen. "Dass Petrikovics 200 Tage im Jahr bei der Immofinanz unterwegs war, hätte gemeldet werden müssen", so die Zeugin. Petrikovics hätte in diesem Falle nicht mehr Bankvorstand sein können. "Hätte man unsere Anfragen wahrheitsgemäß beantwortet, hätten wir Petrikovics angehalten, das Gesetz einzuhalten", so die FMA-Mitarbeiterin. Petrikovics habe unterschrieben, dass er nur in der Bank tätig sei. Das sei mehrere Male thematisiert worden. Man habe damit sicherstellen wollen, dass Immofinanz und Immoeast keine Banktätigkeiten ausüben - etwa die Entgegennahme von Geldern, Vergabe von Krediten, Handel mit Wertpapieren.

Auf den Vorwurf des Verteidigers von Petrikovics, Otto Dietrich, die FMA hätte zu wenig oft nachgefragt, meinte die Zeugin: "Ist es nicht Aufgabe von Petrikovics, sich gesetzmäßig zu verhalten?"

"Komplexes Konzernkonstrukt"

Besonders auffällig sei das "unglaublich komplexe verzweigte Konzernkonstrukt" gewesen. Man habe auch nachgefragt, was die ganzen Tochtergesellschaften machen würden, warum sie nicht konsolidiert werden in die Kreditgruppe. Der OeNB-Prüfbericht habe hervorgebracht, dass der gesamte Aktienhandel in der Immofinanz und Immoeast "gewollt nicht bekannt gemacht wurde". Es seien keine wahrheitsgemäßen Antworten gemacht worden.

Es habe den massiven Verdacht gegeben, dass in den Tochtergesellschaften Immofinanz und Immoeast sehr wohl Bankgeschäfte durchgeführt worden seien - sie hätten konsolidiert werden müssen. Scheinrechnungen über den Jahreswechsel seien ausgestellt und nachher wieder storniert worden. Die Ergebnisse der Bank zum Jahresende (31.12.) seien nicht tatsächlich richtig gewesen.

Großveranlagungsgrenze nie thematisiert

Auch seien Veranlagungen über Tochtergesellschaften abgewickelt worden, weil die Bank sonst die Großveranlagungsgrenzen verletzt hätte. Dadurch sei das Risiko aus der Bank in die Töchter geschoben worden. Erst durch den OeNB-Bericht sei bekannt geworden, dass die Tochtergesellschaften der Immobiliengesellschaften auch Bankgeschäfte gemacht hätten. Ein Viertel der Eigenmittel sei das Maximum, das eine Bank an einen einzelnen Kunden als Kreditrisiko übernehmen dürfe. In keinem einzigen Aufsichtsratsprotokoll seien die Großveranlagungsgrenzen thematisiert worden.

Zur Aussage des Angeklagten AR-Vize Heinrich Schwager, mit BWG (Bankwesengesetz) und Aktiengesetz könne man keine Gewinne machen, meinte die Zeugin: "Es erweckt sehr stark den Eindruck, als ob das der einzig gangbare Weg gewesen wäre".

Immofirmen machten Bankgeschäfte

Ein anderer Zeuge war im OeNB-Prüfteam für die Constantia Privatbank (CPB) und verfasste selber einige Kapitel des Prüfberichts zum Thema Wertpapiertransaktionen. "Wir haben mehrere Verstöße gegen das Bankwesengesetz (BWG) festgestellt", sagte er. Auf Fragen zu den "Hable-Optionen" habe der damalige CPB-, Immofinanz- und Immoeast-Chef Karl Petrikovics, nunmehr Hauptangeklagter, nicht die Wahrheit gesagt, nämlich dass das eigentlich in Wahrheit seine eigenen Geschäfte gewesen seien.

Konkret sei es um Wertpapiertransaktionen in den Jahren 2006 und 2007 gegangen. In den Töchtergesellschaften der CPB - sowohl in 100-Prozent-Töchtern als auch in 19-Prozent-Töchtern - seien große Transaktionen mit Immoeast- und Immofinanzaktien durchgeführt worden. Diese Tochtergesellschaften der CPB hätten Bankgeschäfte gemacht, ohne dafür notwendige Konzessionen zu besitzen, berichtete der OeNB-Experte.

"Hable als guter Kunde"

Bei der Prüfung seien die Nationalbank-Experten "über die Hable-Optionen und über stornierte Rechnungen gestolpert", schilderte er. An den - nun mitangeklagten - Karl Hable sei eine Glattstellungsprämie von rund 20 Millionen Euro überwiesen worden. "Das war uns nicht einleuchtend", so der Zeuge, daher seien die OeNB-Prüfer dem nachgegangen.

Petrikovics habe den Prüfern damals gesagt, er wisse von diesen Optionsgeschäften und die Prüfer würden davon informiert werden. Tatsächlich habe dann der - mitangeklagte - Christian Thornton den Prüfern dazu Informationen gegeben. Petrikovics habe den Prüfern damals nicht gesagt, dass in Wahrheit Hable nur der Treuhänder für ihn selber, den mitangeklagten Helmut Schwager (damals CPB-Aufsichtsratsvizepräsident) und den mitangeklagten Norbert Gertner (damals CPB-Vorstand) gewesen war.

"Hätten Kontakt mit FMA aufgenommen"

Bei den inkriminierten Aktiengeschäften seien die Kurse von den Marktkursen abgewichen, daher sei bei einer Gesellschaft ein Verlust entstanden, schilderte der OeNB-Prüfer. "Wir konnten uns die Transaktion nicht erklären". Als Grund für die Geschäfte sei den OeNB-Prüfern angegeben worden, dass Hable ein "guter Kunde" sei, der bei Kapitalerhöhungen nicht bedacht worden sei, daher habe man ihm die Optionen gewährt.

"Was wäre gewesen, wenn Ihnen gesagt worden wäre, Hable war der Treuhänder für Vorstände und einen Aufsichtsrat?", fragte Richterin Claudia Moravec-Loidolt nach. "Wir hätten mit der Finanzmarktaufsicht (FMA) Kontakt aufgenommen", so der Zeuge.

(APA)

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