Exportförderung: Der Staat verschiebt Milliardenrisken in die Zukunft

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Laut einem Bericht des Rechnungshofs hat der Bund Haftungen für Wechselkursverluste nicht korrekt abgerechnet, sondern auf künftige Jahre verteilt. Es geht um ein Fremdwährungsvolumen von 12,6 Milliarden Euro.

Wien. Die österreichische Exportwirtschaft ist eine Erfolgsgeschichte. Seit 1980 haben sich die Warenexporte von 16 Milliarden Euro auf über 120 Milliarden Euro erhöht. Die Exportquote ist auf 57 Prozent gestiegen. Eine wichtige Rolle nimmt dabei die Oesterreichische Kontrollbank (OeKB) ein. Über die Bank können sich Firmen bei Geschäften im Ausland gegen diverse Risken versichern lassen. Im Vorstand der OeKB sitzt unter anderem der frühere Kultur- und Unterrichtsminister Rudolf Scholten (SPÖ).

Eigentümer der Kontrollbank sind die österreichischen Großbanken (wie Bank Austria, Raiffeisen, Erste Bank, Bawag und ÖVAG), für die Exportrisken übernimmt der Bund eine Haftung. Nun hat der Rechnungshof die staatliche Exportförderung hinsichtlich ihrer Effizienz und Wirtschaftlichkeit überprüft. Die Kontrollbank selbst konnte von den Kontrolleuren wegen der privaten Eigentümerstruktur nicht unter die Lupe genommen werden.

Es fehlen exakte Verlustberechnungen

Der am Donnerstag veröffentlichte Bericht zeigt einige Missstände auf. So verschiebt der Staat beispielsweise Verluste aus Wechselkursrisken einfach in die Zukunft. Und das geht so: Um bereits entstandene Verluste aus getilgten Krediten gegenüber der Kontrollbank nicht sofort abrechnen zu müssen, werden diese Verluste einfach auf neue Kreditoperationen übertragen. „Dadurch konnten sofort fällig werdende Wechselkursverluste, die der Bund zu tragen gehabt hätte, auf spätere Finanzjahre verlagert werden“, kritisiert der Rechnungshof.

Der Staat geht hier nach dem Prinzip Hoffnung vor. Er hofft, dass sich die Wechselkurse in einigen Jahren „besser“ entwickeln werden und dass die Verluste doch nicht schlagend werden. Ob dies tatsächlich eintreten wird, lässt sich nicht vorhersagen. Denn Währungskurse lassen sich schwer prognostizieren.

Für das Finanzministerium geht es dabei um keinen kleinen Betrag. Im Rechnungshofbericht heißt es, dass ein Fremdwährungsvolumen von 12,6 Milliarden Euro, für die der Bund eine Garantie abgegeben hat, noch nicht endgültig abgerechnet wurde, sondern auf spätere Jahre verlagert wurde. Der Rechnungshof bemängelt, dass das Finanzministerium keine exakten Berechnungen über die in den nächsten Jahren schlagend werdenden Verluste vornimmt. Das Ministerium ist auch nicht in der Lage, bei den Fremdwährungskrediten die Differenz zwischen dem ursprünglichen Verrechnungskurs und dem aktuellen Tageskurs auszurechnen.

Daher nahm der Rechnungshof eine Stichprobe vor. Bei zwei im Februar 2011 getilgten und wieder refinanzierten Kreditoperationen mit einem Nominale von 325 Millionen Franken (262 Millionen Euro) wurden 40 Millionen Euro auf mehrere Jahre verlagert. Das sind rund 15 Prozent. Auf die 12,6 Milliarden Euro umgelegt, könnte sich für den Bund ein drohendes Verlustpotenzial von 1,89 Milliarden Euro ergeben.

Verluste mit der Exportförderung

Der Rechnungshof empfiehlt, dass der Bund die Risken aus solchen Geschäften künftig exakt quantifiziert und im Haushaltsrecht abbildet. Streng genommen müsste der Staat dafür Rückstellungen bilden.

Falls die vom Rechnungshof vorgenommene Stichprobe auf das gesamte Fremdwährungsvolumen angewendet werden kann, würden sich die Staatsschulden um rund 1,89 Milliarden Euro erhöhen. Mit der Verlagerung der Risken in die Zukunft verstößt der Bund gegen das Haushaltsrecht, so der Rechnungshof. Außerdem geht aus dem Bericht hervor, dass für den Bund die Exportförderung ein Verlustgeschäft ist. Im untersuchten Zeitraum von 2006 bis 2010 erwuchsen dem Staat aus Schadensfällen und anderen Kosten Ausgaben von 1,584 Milliarden Euro. Dem standen Einnahmen von 1,980 Milliarden Euro gegenüber. Auf den ersten Blick ergibt sich somit ein Überschuss von rund 396 Mio. Euro.

Aber: Nach Abzug von rund 400 Mio. Euro Schuldenreduktion, die die Kontrollbank im Nachhinein als Entwicklungshilfeausgaben ausgewiesen hat, ergab sich für die untersuchte Periode ein negatives Ergebnis der Deckungsrechnung von etwas mehr als vier Mio. Euro.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 01.02.2013)

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