"Verteidigung will unliebsamen Staatsanwalt loswerden"

Verteidigung will unliebsamen Staatsanwalt
Verteidigung will unliebsamen Staatsanwalt(c) APA (Herbert Neubauer)
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Immofinanz-Prozess: Verteidiger Zanger will Staatsanwalt Sackmann wegen Befangenheit ablehnen. Dieser kontert: Er drücke dort hin, wo es weh tut.

Am siebenten Verhandlungstag im Immofinanz-Prozess hat der Anwalt des angeklagten Ex-Immofinanz-Aufsichtsratspräsidenten Helmut Schwager den Staatsanwalt ins Visier genommen. Schwagers Anwalt Georg Zanger hielt zu Beginn der Verhandlung eine längere Rede und beantragte schließlich, Staatsanwalt Volkert Sackmann wegen Befangenheit abzulehnen. Der Staatsanwalt wies die Vorwürfe zurück und blieb beim Anklagevorwurf: "Schaden bleibt Schaden".

Das Schöffengericht unter Vorsitz von Richterin Claudia Moravec-Loidolt befand, dass ein derartiger Antrag auf Ablehnung des Staatsanwalts gar nicht zulässig ist. Anwalt Zanger könne einen Antrag auf Abberufung wegen Befangenheit des Staatsanwalts bei der zuständigen Behördenleitung, also der Leitung der Staatsanwaltschaft, stellen, so die Richterin. In der Hauptverhandlung ist ein derartiger Antrag jedoch laut Strafprozessordnung nicht möglich. Darüber hatte auch Staatsanwalt Volkert Sackmann schon den Anwalt belehrt. Dass der Anwalt seinen Antrag trotzdem stellte, erklärten sich Prozess-Beobachter mit "Theaterdonner" der Verteidigung.

Die Anklagebank

Auf der Anklagebank sitzen die ehemaligen Immofinanz-Vorstände Karl Petrikovics und Christian Thornton – sowie Treuhänder Ernst Hable und Ex-Aufsichtsratschef Helmut Schwager. Ihnen wird Untreue vorgeworfen. Petrikovics und Schwager sind auch wegen der Bildung einer kriminellen Vereinigung angeklagt.

Sie sollen mit - vom Aufsichtsrat nicht genehmigten - Aktienoptionsgeschäften der Constantia Privatbank (CPB) und den Immobiliengesellschaften Immofinanz und Immoeast einen Schaden von 32 Millionen Euro zugefügt haben.

Das Verfahren gegen den erkrankten Ex-Vorstand Norbert Gertner wurde zu Prozessbeginn ausgeschieden, um Verzögerungen zu vermeiden.

"Bissi leiser, jetzt wird's schon sehr laut"

Als Zanger in seinem Vortrag immer lauter wurde, wurde er von Richterin Claudia Moravec-Loidolt ermahnt: "Bissi leiser, jetzt wird's schon sehr laut". Zanger warf dem Staatsanwalt vor, er habe für die Angeklagten entlastende Beweise dem Gericht vorgehalten. Der Staatsanwalt verstoße damit gegen das Objektivitätsgebot und verhindere ein faires Verfahren, ritt er schwere Vorwürfe gegen den Anklagevertreter.

Zanger behauptete, dass die Konstruktion der Constantia Privatbank (CPB) mit den zahlreichen 19-Prozent-Tochtergesellschaften nur eine Scheinkonstruktion war. "Tatsächlich wurden auf Wunsch der Familie Turnauer alle Eigentumsanteile über die Stiftungen bei der Familie Turnauer gehalten". Die 19-Prozent-Töchter der CPB, die sogenannten "Leintuchgesellschaften", hätten also voll in die Bank konsolidiert und in deren Bilanz voll aufgenommen werden müssen. Das wurden sie aber nicht, weil sie nur 19-Prozent-Beteiligungen waren. Mit dieser Konstruktion habe sich die Familie Turnauer die Erhöhung des Kapitals in der Bank um mindestens 450 Millionen Schilling erspart.

Staatsanwalt: "Schaden bleibt Schaden"

Laut Schwagers Anwalt habe daher "die Transferierung von Geldbeträgen innerhalb des Gesamtkonzerns zu keiner Veränderung der Vermögenslage des Konzerns und insbesondere auch zu keinem Schaden geführt", weswegen die Angeklagten keine Untreue begangen hätten. Der Staatsanwalt habe einen Zwischenbericht des Bundeskriminalamts (BKA), der seine (Zangers) Angaben über das Firmenkonstrukt der Bank stütze, dem Gericht vorenthalten, klagte der Anwalt.

Staatsanwalt Sackmann konterte umgehend: "Schaden bleibt Schaden". Eine Verschiebung des Schadens in die Bank ändere nichts am Verlust. "Die Verteidigung will hier einen Staatsanwalt loswerden, der das System durchschaut hat, der unliebsam ist, der genau dort hin drückt wo's weh tut". Der Staatsanwalt erinnerte daran, dass der Hauptangeklagte Karl Petrikovics in seiner ersten Einvernahme seine Scheinrechnung noch verteidigt hatte und behauptet habe, er habe konkrete Leistungen dafür erbracht. Später habe er eingestanden, dass dies nicht so gewesen sei.

"Es handelt sich nicht um Untreue"

Zanger beantragte die Ladung weiterer Zeugen. Phillip Göd und Christoph Kraus sollten geladen werden, um seine Angaben zu untermauern und zu beweisen, dass es eine wirtschaftliche Einheit zwischen der Constantia Privatbank und sämtlichen Leintuchgesellschaften gegeben habe.

Auch der Anwalt des Hauptangeklagten Karl Petrikovics nahm den Staatsanwalt ins Visier. Da die inkriminierten Aktiengeschäfte innerhalb eines wirtschaftlichen Systems erfolgt seien, handle es sich nicht um Untreue, behauptete Anwalt Otto Dietrich. Der Staatsanwalt habe in seiner Anklage bei einer Aktientransaktion zudem einmal "Stück" statt "Euro" geschrieben. Dadurch sei ihm ein "Rechenfehler" unterlaufen.

"Sie haben mein Haus ausräumen lassen"

Der Angeklagte Helmut Schwager, Ex-Vizeaufsichtsratschef der Constantia-Bank, sorgte zuletzt noch für etwas Erstaunen im Gerichtssaal. Erstmals erläuterte er, warum er auf Fragen des Staatsanwalts prinzipiell nicht antworten werde: "Sie haben einen Möbelwagen vor meine Wohnung vorfahren lassen und mein Haus ausgeräumt", hielt er dem Ankläger offenbar eine Hausdurchsuchung vor.

(c) APA

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