Ohne Job: So viele Arbeitslose gab es noch nie

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Die Zahl der Menschen ohne Job kletterte im Jänner auf den höchsten Wert seit 1945. Erst einmal zuvor überschritt sie im Jänner die Marke von 400.000.

Wien. Die Arbeitslosigkeit hat im Jänner ihren bisherigen Höchststand erreicht. 410.662 Menschen (inklusive Schulungen) waren ohne Job – so viele wie noch nie in der Zweiten Republik. Erst einmal überschritt die Arbeitslosigkeit im Jänner die Marke von 400.000 (siehe Grafik). Allerdings sind die absoluten Zahlen nur bedingt aussagekräftig, weil auch die Beschäftigung steigt. Es sind also mehr Menschen arbeitslos, aber es haben auch mehr Menschen Arbeit.

Aber auch die Arbeitslosenquote hat mit 9,1 Prozent einen der höchsten Werte erreicht. Das ist sogar mehr als in der Wirtschaftskrise 2009. Höher war sie bisher nur zweimal: einmal im Jänner 2006 (9,3 Prozent) und einmal im Jänner 1997 (9,2 Prozent), so die Daten des Arbeitsmarktservice (AMS).

Im Jänner stieg die Zahl der Arbeitslosen im Vorjahresvergleich um 6,9 Prozent. Die Zahl der Schulungsteilnehmer allein legte um neun Prozent zu. Im Winter ist die Arbeitslosigkeit immer hoch, weil die Baustellen zu und zahlreiche Saisonarbeiter ohne Beschäftigung sind. So ist die Arbeitslosigkeit in der Baubranche derzeit am höchsten (73.000). Aber auch die Krise schlägt zu Buche: Männer waren stärker vom Anstieg der Arbeitslosigkeit betroffen als Frauen – und Männer arbeiten eher in krisenanfälligen Branchen wie der Industrie. Den stärksten Anstieg gab es in den Industriebundesländern Oberösterreich und Steiermark.

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Auch in Eurozone Rekordhoch

Die Entwicklung im Jänner folgt einem Trend, der noch länger anhalten dürfte. „Die Zahlen stimmen ziemlich genau mit unserer Prognose überein“, sagt Helmut Hofer vom Institut für Höhere Studien (IHS). Und diese Prognose verheißt auch längerfristig nichts Gutes. Für heuer rechnet das IHS mit einer Arbeitslosenquote von 7,4 Prozent. Die Zeiten, in denen in Österreich Vollbeschäftigung herrschte, sind erst einmal vorbei.

Einen Rekordwert erreichte die Arbeitslosigkeit auch in der Eurozone. Im Dezember hatten 18,7 Millionen Menschen in den 17 Euroländern keine Arbeit, wie die EU-Statistikbehörde Eurostat am Freitag bekannt gab. Das ist der höchste Wert seit der Euro-Einführung im Jahr 1999. In der gesamten EU waren 25,9 Millionen Menschen arbeitslos. Die Arbeitslosenquote im Euroraum beträgt 11,7 Prozent.

Im Vergleich dazu nimmt sich Österreich als Musterschüler aus. Denn nach der international gängigen Berechnungsmethode der Vereinten Nationen und Eurostat beträgt die Arbeitslosenquote hierzulande nur 4,3 Prozent. Dass der Wert so niedrig ist, liegt an der Methode: Für Eurostat gilt jeder als beschäftigt, der auch nur eine Stunde pro Woche arbeitet. Also auch Menschen, die nur geringfügig arbeiten. In die nationale Berechnung fließen geringfügige Jobs nicht mit ein. Teilzeitstellen hingegen schon. Und der Anteil der Menschen, die nur Teilzeit arbeiten, nimmt stetig zu: 1995 lag die Teilzeitquote noch bei 14 Prozent. 2011 waren es bereits 25 Prozent.

Die zunehmende Teilzeit trägt maßgeblich dazu bei, dass die Beschäftigung weiter kräftig steigt. Und so kletterte im Jänner nicht nur die Zahl der Arbeitslosen auf einen Höchststand, sondern auch die Zahl der Menschen, die Arbeit haben. Ende Jänner waren hierzulande 3,4 Millionen Menschen unselbstständig beschäftigt – ein Rekordwert. Im Vorjahr wurden mehr neue Jobs geschaffen, als zusätzliche Arbeitslose hinzukamen. Das ist auch der wesentliche Unterschied zum Krisenjahr 2009: Damals sank die Beschäftigung um 50.000, so stark wie noch nie zuvor in der Zweiten Republik. Einen Beschäftigungsrückgang gab es davor zuletzt Mitte der 1990er-Jahre.

Quoten von sechs Prozent normal

Bis Ende der 1980er-Jahre waren Arbeitslosenquoten von weit unter fünf Prozent (nationale Berechnung) hierzulande die Regel. Dann stieg das Arbeitskräfteangebot binnen kurzer Zeit so stark, dass die Arbeitslosigkeit trotz guter Konjunktur zugelegt habe, so Hofer vom IHS. Das Niveau ist seitdem höher. „Mittelfristig werden wir mit Arbeitslosenquoten von bis zu sechs Prozent leben müssen.“

Auf einen Blick

Ende Jänner waren in Österreich 410.662 Menschen arbeitslos. Das ist der bisher höchste Wert in der Zweiten Republik. Auch in der Eurozone erreichte die Arbeitslosigkeit zuletzt den höchsten Wert seit dem Start der Währungsunion: Im Dezember waren 18,7 Millionen Menschen ohne Arbeit. Die Arbeitslosigkeit dürfte noch länger hoch bleiben.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 02.02.2013)

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