Der Bundeskanzler will Derivate noch höher besteuern als von der EU geplant, IHS-Chef Keuschnigg warnt vor negativen Folgen.
Wien/Jil. Die EU-Kommission hat am Donnerstag offiziell ihren Vorschlag zur Finanztransaktionssteuer (FTS) vorgelegt. Die Reaktionen in Österreich fallen durchwachsen aus. SPÖ-Bundeskanzler Werner Faymann sieht seinen Kurs bestätigt – und denkt bereits vor ihrer Einführung über eine Erhöhung der FTS nach. Der EU-Vorschlag sieht – wie „Die Presse“ berichtete – einen Steuersatz von 0,1 Prozent auf Aktien und Anleihen und 0,01 auf Derivate vor. Faymann sagte im Ö1-Morgenjournal am Donnerstag aber, dass er sich eine Erhöhung der Derivate-Besteuerung auf 0,015 Prozent jedenfalls vorstellen könne. Die Steuer soll in Österreich, Deutschland und neun weiteren EU-Staaten eingeführt werden.
Warnung vor negativen Effekten
Laut Faymann seien für Österreich „deutlich mehr als 500 Mio. Euro jährlich“ an Einnahmen aus der FTS zu erwarten. Sein Finanzsprecher Jan Kai Krainer übertrifft den Kanzler in Sachen Steueroptimismus. Er geht von einer Milliarde Euro jährlich an Mehreinnahmen aus. Der Koalitionspartner ÖVP gibt sich zurückhaltend. Finanzministerin Maria Fekter sprach von einem „Verhandlungserfolg“ für Österreich. VP-Generalsekretär Hannes Rauch kritisiert die von Faymann angedachte Erhöhung einer Steuer, die bisher nur als Verhandlungsbasis existiert.
IHS-Chef Christian Keuschnigg warnte vor einer „Verteuerung der Kapitalkosten“ und der Verlagerung von Geschäftstätigkeit ins Ausland. Die Wiener Börse sieht die eigene Existenz in Gefahr und verlangt Ausnahmen für bestimmte heimische Wertpapiere. Die Opposition zeigte sich (mit Ausnahme der Grünen) wenig begeistert. Das BZÖ verlangt, jetzt Österreichs EU-Beitrag zu senken. Und FPÖ-Mann Andreas Mölzer will eine Garantie, dass die Einnahmen aus der Steuer auch nach Wien und nicht nach Brüssel gehen.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 15.02.2013)