"Bewusstsein, dass das kein ehrliches Geschäft war"

TelekomProzess Kronzeuge entlastet ExChef
TelekomProzess Kronzeuge entlastet ExChef(c) APA (Georg Hochmuth)
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"Kronzeuge" und Ex-Telekom-Vorstand Schieszler belastet die ehemaligen Vorstandskollegen Fischer und Colombo sowie den Banker Wanovits.

Am vierten Verhandlungstag des Telekom-Prozesses über eine Kursmanipulation im Jahr 2004 hat der als "Kronzeuge" auftretende Gernot Schieszler den angeklagten Telekom-Ex-Chef Heinz Sundt entlastet, dafür aber dessen angeklagte Vorstandskollegen Rudolf Fischer und Stefano Colombo massiv belastet. Sie hätten das "Go" gegeben, den Aktienkurs über die magische Schwelle von 11,70 Euro zu heben, was wiederum ein 8,8 Millionen Euro schweres Bonusprogramm für knapp 100 Telekom-Manager zur Auszahlung brachte. Schieszler strebt einen Kronzeugen-Status an, dann würde er strafrechtlich nicht angeklagt. Sein Recht auf Entschlagung als Beschuldigter hat er heute im Wiener Straflandesgericht nicht genutzt. Gefragt, wie er und seine Vorstandskollegen damals im Februar die Causa gesehen haben, meinte Schieszler zu Richter Michael Tolstiuk, das "Bewusstsein, dass das kein reales, echtes und ehrliches Geschäft war", sei vorhanden gewesen.

Schieszler schilderte ausführlich die damaligen Ereignisse aus seiner Sicht: Die Entwicklung des Kurses als Basis für ein Bonusprogramm war im Februar 2004 das zentrale Thema im Vorstand. Leider habe es sich nicht so entwickelt wie das im Management gewünscht war. Daraufhin sei der Prokurist Josef Trimmel auf ihn, Schieszler, zugekommen, und habe gesagt, er kenne einen Broker, der vielleicht helfen könne. Diese Info habe er an "seine" Vorstände Fischer und Colombo weiter geleitet und sich daraufhin mit Trimmel und Wanovits in Wien in einem Wirtshaus getroffen.

Wanovits wurde "erfolgsbezogen" bezahlt

Wanovits hatte dann von einem Kursangriff auf die Aktie gesprochen, den er abwehren könne. Er wolle mit der Telekom ins Geschäft kommen und könne als nette Geste den Kurs beobachten. Dies habe Schieszler dann wieder seinen Vorständen mitgeteilt. Zu Beginn der Aktien-Beobachtungsperiode für das Bonusprogramm habe man sich nochmals mit Wanovits getroffen, wo dieser sagte, "er wäre bereit, dass er für den Spesenersatz und eine Erfolgskomponente das durchführt" - nämlich den Kurs über die Schwelle zu heben. "Rein aufwandsbezogen, nicht erfolgsbezogen", so Schieszler.



Dies habe Schieszler an Colombo weitergeleitet, der sich zunächst gegen das Geschäft ausgesprochen habe, weil die Kosten nicht abschätzbar waren. Daraufhin sei Wanovits nochmals vorstellig geworden und habe vorgeschlagen, diesmal den Deal auf reiner Erfolgsbasis zu machen. Dafür wolle er aber 1,5 bis 2 Millionen Euro.

Mit Sundt nie über Kursmanipulation gesprochen

Am entscheidenden letzten Tag der Kursbeobachtung, dem 26. Februar, habe dann Wanovits über Trimmel ihm ausrichten lassen, dass nun eine Entscheidung fallen müsse. Schieszler habe Colombo angerufen, aber nicht erreicht. Fischer hingegen habe er gleich erreicht und der habe grünes Licht gegeben. Colombo habe er kurz daraufhin doch noch am Telefon erreichen können, auch dieser habe das Go gegeben. Mit Sundt habe er darüber nie gesprochen, der Name sei in der Angelegenheit auch nie gefallen.

Schon wenige Tage nach dem Kurssprung auf 11,73 Euro und dem Schlagendwerden des Bonusprogrammes habe sich Wanovits gemeldet, um seine Ansprüche einzufordern. Da lief allerdings schon eine Untersuchung der Finanzmarktaufsicht (FMA), die nach Ansicht des Vorstandes - wobei Schieszler damit Fischer und Colombo meinte - durch den raschen Aktienverkauf von Wanovits ausgelöst wurde. Daraufhin seien die Vorstände, Colombo und Fischer, "nervös" geworden, an Geschäftskontakte mit Wanovits war nicht mehr zu denken.

Dann kam Hochegger ins Spiel

Daraufhin habe er, Schieszler, dem Broker gesagt, dass er das Geld nicht so schnell haben könne, aber man nach Wegen suchen werde, zumindest rasch seine Spesen abzudecken.

"Was hätte man auf die Rechnung draufschreiben können, wenn es eine gegeben hätte?" fragte Richter Michael Tolstiuk. "Es gab keinen Titel, über den man das verrechnen hätte können", gestand Schieszler. Er habe immer auf ein "Vieraugenprinzip" bei allen inkriminierten Vorgängen bestanden: "Mir war bei allen Dingen, die damals passiert sind, ein Vieraugenprinzip wichtig, weil es sonst ein unübersehbares Risiko mit sich zieht", enthüllte Schieszler. Deswegen gingen immer der ebenfalls angeklagte Ex-Telekom-Prokurist Trimmel oder ein - wegen Krankheit nicht angeklagter - Ex-Telekom-Mitarbeiter zu den Geldübergaben mit.

Die Telekom musste das Geld in ihrer Buchhaltung irgendwie verbuchen, daher wurde für eine Osteuropa-Studie, die schon im Konzern bestand, der Lobbyist Peter Hochegger eingebunden. Ein Scheinauftrag an Hocheggers Gesellschaft Valora erging über 1,5 Millionen Euro - unterschrieben vom nun angeklagten Ex-Vorstand Rudolf Fischer und dem nicht angeklagten erkrankten Telekom-Mitarbeiter. Diesen habe er vorher zum Finanzvorstand Stefano Colombo geschickt, "sonst hätte er das nicht gemacht", meinte Schieszler. Denn mit dem Scheinauftrag an Hochegger wurden die internen Regeln gebrochen.

10 Prozent für Hochegger

Schieszler beschrieb, wie er die Studie zunächst auf eine CD kopierte, diese dann zu Hochegger brachte und dort auf Valora-Geschäftspapier ausdruckte. Hochegger habe ihm und Trimmel das Geld übergeben, daraufhin traf man den Broker in einem Lokal am Wiener Naschmarkt, um ungewünschte Zeugen der Geldübergabe zu vermeiden. Hocheggers Anteil? "10 Prozent waren langjährige Praxis", so Schieszler.

(c) APA

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