Albers: „Geplante Obsoleszenz? Das ist ein völliger Mythos“

Albert Albers
Albert Albers(c) KIT (Emilia Maria K�)
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Albert Albers bildet junge Ingenieure aus. Er wehrt sich gegen die Vorwürfe der Initiative.

Die Presse: Geplante Obsoleszenz – ist das die Realität oder ein Mythos?

Albert Albers: Das ist ein völliger Mythos. Wir Ingenieure müssten ja den Auftrag kriegen: Bau da was rein, damit das Ding nach zwei Jahren Garantiezeit kaputtgeht. Das geht nur, wenn sich eine ganze Branche abstimmt, bei einem Kartell. Für einzelne Hersteller auf Märkten, bei denen der Käufer entscheidet, wäre es völlig unsinnig. Was aber hoch sinnvoll ist: Produkte auf eine geplante Gebrauchsdauer auszulegen. Dazu muss man abschätzen, wie stark der Kunde das Produkt nutzt. Dann wird es mit allen Komponenten so dimensioniert, dass es mit hoher Wahrscheinlichkeit diese Gebrauchsdauer erreicht und dann nach und nach kaputtgeht.

Laut Studie könnte oft ein Bauteil, der kaum mehr kostet, die Lebensdauer gewaltig erhöhen. Das ist verdächtig.

Wenn man nur einen Bauteil heranzieht, sagt der Laie: „Mensch, die paar Cent hätte man doch mehr investieren können.“ Aber das Ding hat 100 Teile! Und bei allen versucht man, Kosten zu sparen, um dann etwa eine Bohrmaschine um 30 Euro anbieten zu können.

Die Probleme häufen sich: bei Druckern, Scannern, DVD-Playern, Decodern, Handys. Das soll Zufall sein?

Vor zehn Jahren haben wir einen Tintenstrahldrucker um 200Euro gekauft, heute um 40Euro. Das muss ein Unterschied sein, da sind die Gebrauchsdauern sicher gesunken. Man kann es ja auf der Packung explizit machen: Wir legen diesen Drucker auf 10.000 oder 100.000 Seiten aus. Wenn es genug Leute gibt, die das wollen, werden die Firmen das auch machen.

Was ist mit dem Drucker mit Zähler, der nicht weiterdrucken lässt, wenn der Tintenschwamm angeblich voll ist? Stellt eine Software den Zähler zurück, kann man problemlos weiterdrucken.

Der volle Tintenschwamm kann anzeigen, dass es zu Ende geht. Diese Drucker werden zu Hunderttausenden gebaut. Deshalb wird die Auslegung mit einer großen Sicherheit gemacht. Wenn Sie den Zähler zurückstellen und den Drucker weiter verwenden, nutzen Sie einfach die individuellen Potenziale der Geräte. Einige werden sehr schnell ihren Geist aufgeben, einige noch lange laufen.

Wer ist stärker: Anbieter oder Kunde?

Der Kunde hat eine unendlich große Macht. Das ist ein großer Vorteil unserer Zeit. Die Informationsgesellschaft ist so viel schneller und vernetzter geworden. Geplante Obsoleszenz fällt auf, das kann sich ein Hersteller gar nicht leisten.

Zur Person

Albert Albers leitet seit 1996 das Institut für Produktentwicklung (mit 50 Forschern) am Karlsruher Institut für Technologie (KIT). Der gelernte Maschinenbauer lehrte früher in Hannover und war Entwicklungsleiter eines Unternehmens der Schäffler-Gruppe. [KIT]

("Die Presse", Print-Ausgabe, 30.03.2013)

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