Bankgeheimnis: Nur „Sparbuch der Oma“ bleibt noch geheim

Nur „Sparbuch der Oma“ bleibt noch geheim (symbolbild).
Nur „Sparbuch der Oma“ bleibt noch geheim (symbolbild).(c) APA/BARBARA GINDL (BARBARA GINDL)
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Die Regierung ist zu Verhandlungen mit der EU über eine Abschaffung des Bankgeheimnisses für Ausländer bereit. Einige Experten haben wegen einer einseitigen Diskriminierung Bedenken.

Wien. Viele Jahrzehnte lang hat man es gehegt und gepflegt, jetzt wird es wohl bald Geschichte sein – zumindest für Ausländer. Während Österreichs Finanz weiterhin nicht wissen dürfen soll, wie viel Geld die Oma aus Wien auf ihrem Bankkonto hortet, sollen die Finanzämter der anderen EU-Staaten künftig Zugriff auf Kontodaten ihrer Staatsbürger in Österreich erhalten. Dass eine solche Trennung verfassungskonform ist, wird von manchen Experten aber bezweifelt.

Die Koalition war sich gestern – nach Widerständen von Teilen der ÖVP noch am Montag – über eine Lockerung des Bankgeheimnisses weitgehend einig. Unterschiedliche Ansätze gab es aber bei der zentralen Frage des automatischen Datenaustauschs – dass also ausländische Finanzämter automatisch Zugriff auf Bankdaten von ihren Staatsbürgern in Österreich haben: „Ja, natürlich ist das Teil der Verhandlungen“, meinte Bundeskanzler und SPÖ-Chef Werner Faymann. Vizekanzler und ÖVP-Chef Michael Spindelegger hat hingegen massive Einwände gegen einen automatischen Datenaustausch.

Man müsse erst klären, was vonseiten der EU tatsächlich mit dem automatischen Datenaustausch gemeint sei, so der Vizekanzler. Eine Regelung dürfe nicht darauf hinauslaufen, dass Sparguthaben in Österreich „automatisch abrufbar“ sind. Auf den Einwand im Pressefoyer nach dem Ministerrat, dass es der EU nur um die Konten ausländischer Kunden gehe, meinte Spindelegger: „Das sagen Sie.“

Liegt Diskriminierung vor?

Hinter der Skepsis steckt die Befürchtung, dass ein solcher Datenaustausch nur für ausländische Kunden nicht haltbar sein könnte. Finanzministerin Maria Fekter (ÖVP) betonte beim gestrigen Ministerrat, das Bankgeheimnis stehe im Verfassungsrang und sie, Fekter, sei auf die Verfassung vereidigt. Es wäre somit auch verfassungsrechtlich zu prüfen, ob nicht Diskriminierung vorliege, wenn bei der einen Gruppe gemeldet werde und bei der anderen nicht.

Auch der emeritierte Finanzrechtler Werner Doralt meinte zur „Presse“, es könnte Probleme geben, wenn etwa ein österreichisches Staatsbürger im Ausland lebt und seine Daten zugänglich sind. Er könnte in Österreich gegen die Diskriminierung klagen.

Sabine Kirchmayr-Schliesselberger, Professorin für Finanzrecht an der rechtswissenschaftlichen Fakultät in Wien, glaubt das dagegen nicht: „Wer wird denn diskriminiert? Ich stelle ja nicht den steuerehrlichen Ausländer schlechter als den steuerehrlichen Inländer.“ Diskriminiert werde mit einer Lockerung des Bankgeheimnisses maximal jemand, der Steuern hinterzogen habe. „Aber jemand, der sein Geld versteuert hat und einfach in Österreich anlegt, wird ja nicht diskriminiert.“

In der SPÖ wird argumentiert, dass es nicht eine Unterscheidung zwischen In- und Ausländern geben werde, sondern zwischen Steuerpflichtigen. „Im Steuerrecht geht es nicht um die Staatsbürgerschaft, sondern um den Hauptwohnsitz. Wer den in Österreich hat und somit im Inland steuerpflichtig ist, bei dem darf die Finanz nicht automatisch auf die Konten zugreifen. Wer nicht in Österreich steuerpflichtig ist, bei dem schon.“ Eine solche Unterscheidung sei durchaus möglich und auch zulässig.

Faymann kündigte an, Österreich werde gemeinsam mit Luxemburg mit der EU über das teilweise Ende des Bankgeheimnisses und einen automatischen Informationsaustausch verhandeln. Dabei gehe es auch um Stiftungen von Ausländern in Österreich. Sollten die Verhandlungen zu einem Ergebnis führen, ist die Frage aber, wie der Austausch in Österreich rechtlich verankert und umgesetzt wird. In der ÖVP meint man, dass für eine Lockerung des Bankgeheimnisses eine Verfassungsänderung notwendig wäre. Es müsste also im Parlament eine Oppositionspartei dem Informationsaustausch zustimmen.

Andere meinen wiederum, Österreich habe die EU-Zinsrichtlinie bereits ratifziert, in der der Austausch vorgesehen, nur bisher eben nicht umgesetzt sei. Daher benötige man für eine Umsetzung keine Verfassungsänderung, eine Verordnung würde genügen.

Bundespräsident offen

Auch der Bundespräsident ist übrigens offen für eine Lockerung des Bankgeheimnisses, sorgt sich aber ebenfalls um Omas Sparbuch: An der Situation österreichischer Sparer dürfe sich keinesfalls etwas ändern, meinte Heinz Fischer. Und auch Wiens Bürgermeister, Michael Häupl, ist bei aller Strenge gegenüber Steuerhinterziehern ein Beschützer der Oma. Es könne nicht sein, dass, „wenn die Oma ein Sparbuch eröffnet“, das sofort der Finanzministerin gemeldet werde. Siehe auch Interview mit EU-Kommissar Hahn auf Seite6.

Auf einen Blick

Das Bankgeheimnis für Ausländer dürfte fallen. Die Regierung erklärte sich zu Gesprächen mit der EU bereit. Unterschiedlich sind die Ansichten in der Koalition zur Frage, ob es einen automatischen Informationsaustausch mit ausländischen Finanzämtern geben soll. Die SPÖ befürwortet das, die ÖVP lehnt ab. Verfassungsexperten haben Bedenken, ob eine einseitige Aufhebung des Bankgeheimnisses und damit eine Diskriminierung von Ausländern der Verfassung entspricht.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 10.04.2013)

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