Steueroasen: Fekter attackiert London

Steueroasen: Fekter attackiert London
Steueroasen: Fekter attackiert London(c) REUTERS (ANDREW WINNING)
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Großbritannien sei mit seinen Regelungen „die Insel der Seligen für Steuerhinterziehung und Geldwäsche“, meint Finanzministerin Maria Fekter im Gespräch mit der „Presse“.

Wien/No/Rie/Wb. In der Debatte um Steueroasen und die Kritik an Österreich und seinem Bankgeheimnis schießt Finanzministerin Maria Fekter im Gespräch mit der „Presse“ jetzt massiv zurück: „Nicht wir sind das Problem, sondern in dem Zusammenhang ist Großbritannien die Insel der Seligen für Steuerhinterziehung und Geldwäsche.“

Die Finanzministerin und Vizekanzler Michael Spindelegger verwahren sich in einem gemeinsamen Interview gegen den Vorwurf, Österreich sei eine Steueroase. Solche Aussagen würden ihn „ärgern“, meint der ÖVP-Chef.

--> zum Doppel-Interview mit Fekter und Spindelegger

Fekter erklärt, Verhandlungen über einen Austausch von Bankdaten mit anderen EU-Staaten oder auch mit den USA könnten „keine Einbahnstraße“ sein. „Delaware und Nevada (zwei US-Bundesstaaten, Anm.), das sind Steuerparadiese und Paradiese für die Geldwäsche, diese müssen genauso trockengelegt werden.“ Und weiter: „Was wir für Zypern verlangen (unter anderem ein Ende von anonymen Gesellschaften, Anm.), das verlangen wir auch vom Königreich (Großbritannien, Anm.). Es ist nicht gerecht, dass dort die Trust-Konstruktionen die eigentlichen Paradiese sind.“ Unter anderem mit diesen Konstruktionen sei eben Großbritannien „die Insel der Seligen für Steuerhinterziehung und Geldwäsche“.

Blockierte Verhandlungen

Wenn Fekter die Auflösung von Steueroasen als Bedingung für die Weitergabe von Informationen über Bankkunden stellt, erhöht sie damit bewusst die Hürde für eine Einigung der EU mit Österreich.

Denn schon bei der Zinsertragsrichtlinie der EU aus dem Jahr 2003 haben Österreich, Belgien und Luxemburg Bedingungen für die Teilnahme am Informationsaustausch gestellt. Nämlich, dass mit der Schweiz, Liechtenstein, Andorra, Monaco und San Marino eine ähnliche Vereinbarung getroffen wird, wie der Innsbrucker Europarechtsexperte Peter Hilbold im Gespräch mit der „Presse“ erklärt. Sollten diese Vereinbarungen zustande kommen, so Hilbold, sei auch Österreich zum Informationsaustausch verpflichtet. Bisher hätten Österreich und Luxemburg aber mit ihrem Widerstand dabei gebremst, der EU-Kommission das Verhandlungsmandat für ein solches Abkommen zu erteilen.

Der Druck auf Österreich nimmt seit Jahren ständig zu, seit Belgien 2010 sein Bankgeheimnis de facto aufgehoben und sich an einem Informationsaustausch beteiligt hat. Zuletzt blieb nur noch Luxemburg als Partner im Widerstand übrig. Doch das Land hat am Mittwoch angekündigt, dass es sich ab 1.Jänner 2015 ebenfalls an dem automatischen Informationsaustausch beteiligen wird. Der Finanzplatz sei zu diesem Schritt bereit, sagte Regierungschef Jean-Claude Juncker. „Durch eine Lockerung des Bankgeheimnisses gehen nicht die Lichter aus.“

Großbritannien, das von Fekter kritisiert wird, kann argumentieren, dass einige der Steueroasen in den assoziierten Gebieten bereits auf den Informationsaustausch umgestellt haben. So beteiligt sich die Kanalinsel Guernsey seit 1.Juli 2012 an der Weitergabe von Bankkundendaten. Die Isle of Man hat sich ebenfalls zu einem Informationsaustausch verpflichtet. Freilich bringen diese Informationen wenig, weil es sich meist um Konten von Firmenkonstruktionen handelt, deren Eigentumsverhältnisse nicht preisgegeben werden. In Österreich haben hingegen vor allem natürliche Personen, etwa aus Deutschland, ein Konto eröffnet, um ihren Steuerbehörden zu entkommen.

Lob von Schäuble

Im Gegensatz zu Luxemburg will sich Österreichs Bundeskanzler Werner Faymann (SPÖ) auf keinen fixen Zeitplan für eine Umsetzung des automatischen Datenaustausches festlegen. Der Zeitplan sei eine Frage der Verhandlungen, hieß es im Bundeskanzleramt.

Der deutsche Finanzminister, Wolfgang Schäuble (CDU), hat die Entscheidung der luxemburgischen Regierung begrüßt. „Das ist für Luxemburg wahrlich kein kleiner Schritt und verdient unseren Respekt“, meinte er in einem Interview mit der „Süddeutschen Zeitung“.

Auch in Österreich sei etwas in Bewegung gekommen. Dies zeige, dass sich Beharrlichkeit und Verhandlungsbereitschaft stärker auszahlten als Drohungen wie etwa von seinem Amtsvorgänger, Peer Steinbrück (SPD).

Auf einen Blick

Finanzministerin Maria Fekter (ÖVP) weist den Vorwurf, Österreich sei eine Steueroase, zurück und kritisiert massiv Großbritannien. Das Land sei mit seinen Regelungen „die Insel der Seligen für Steuerhinterziehung und Geldwäsche“. Luxemburg hat seinen Widerstand gegen einen automatischen Austausch der Bankdaten jetzt völlig aufgegeben und will ihn ab 2015 umsetzen. Bundeskanzler Werner Faymann will sich auf keinen Zeitplan festlegen, das sei Gegenstand von Verhandlungen. Deutschlands Finanzminister Wolfgang Schäuble lobt Luxemburg für seine Haltung und meint, auch in Österreich sei etwas in Bewegung gekommen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 11.04.2013)

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