Krejci: „GmbH-Reform öffnet Tore weit zum Missbrauch“

Clemens Fabry
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Der renommierte Gesellschaftsrechtler Heinz Krejci kritisiert die geplante Herabsetzung des Stammkapitals im Gesetzesentwurf scharf.

Wien. Das Mindeststammkapital zur Gründung von Gesellschaften mit beschränkter Haftung (GmbH) soll von 35.000 auf 10.000 Euro gesenkt werden, und davon müsste nur die Hälfte eingezahlt werden: Das ist, neben einer Herabsetzung der Steuern und Gebühren für die GmbH-Gründung, das zentrale Anliegen einer von Justizministerin Beatrix Karl geplanten GmbH-Reform. Heinz Krejci, auch nach seiner Emeritierung an der Uni Wien einer der renommiertesten Gesellschaftsrechtler Österreichs, schlägt Alarm: Die Reform werde der Wirtschaft nicht, wie von ihren Proponenten beabsichtigt, nützen, sondern schaden. Denn, so Krejci: Sie schmälere auf gravierende Weise den gesellschaftsrechtlichen Gläubigerschutz.

Zutrittsschwelle mit Warnfunktion

Das Mindeststammkapital sei eine Marktzutritts- und Seriositätsschwelle, „die wagemutige Mittellose davon abhalten soll, ihr ureigenstes Geschäftsrisiko vorweg auf jene abzuwälzen, die sich gutgläubig auf Geschäfte einlassen, die von einer mittellosen Gesellschaft bei geringster Irritierung nicht erfüllt werden können“, schreibt Krejci in einer Stellungnahme zum Entwurf. Zugleich habe das Mindeststammkapital eine „Warnfunktion, die den Gründern vor Augen führen soll, dass der Aufbau und Betrieb eines Unternehmens Geld kosten“. Das Ministerium meint, dass 35.000 Euro gerade für solche Gesellschaften zu viel seien, deren Zweck keine so große Kapitalausstattung erfordere – wie Dienstleistungsunternehmen.

Doch abgesehen davon, dass selbst kleine Unternehmen ein Minimum an Infrastruktur benötigen, gilt es meist auch, eine längere Aufbauphase zu überwinden. „Diese Durststrecke ist in der Regel mit 5000 Euro nicht zu finanzieren“, warnt Krejci. Überhaupt kein Verständnis hat er für das Argument, die Zahl der GmbH-Gründungen könnte mit der Absenkung des Stammkapitals erhöht werden: Die Vermehrung der Gesellschaften könne ja kein Selbstzweck sein.

„Noch mehr Gläubiger werden bluten“

Die Wirtschaft profitiere nur, wenn mehr Personen als bisher unternehmerisch tätig würden und damit erfolgreich wären. Doch niemand hindere sie daran, ihr Glück als Einzelunternehmer zu versuchen, die allerdings auch persönlich für ihr Risiko haften. Krejci befürchtet, dass es künftig zu noch mehr GmbH-Insolvenzen kommen werde. „Am Ende werden noch mehr Gläubiger als bisher bluten.“ Der Experte findet es „befremdlich“, wenn gerade in einer Zeit, in der die Sensibilität gegenüber fragwürdigen Verhaltensweisen im Wirtschaftsleben stark zunimmt, der Gesetzgeber „die Tore zum Missbrauch der Rechtsform der GmbH weit öffnet“. Deshalb hat auch der Anwalt und Gesellschaftsrechtsexperte Hanns F. Hügel die Reform als einen „beispiellosen Schildbürgerstreich“ kritisiert: Sie werde vor allem die Gründung von Betrugs-GmbHs fördern.

Zurück zu Krejci: Wenn eine Senkung des Stammkapitals unausweichlich wäre, dann sollte man – nach deutschem Vorbild – an 25.000 Euro denken. Könnten diese nicht gleich aufgebracht werden, wäre eine Pflicht zum Ansparen aus Gewinnrücklagen denkbar. Zustimmung findet der Entwurf bei Krejci nur mit seiner zweiten Stoßrichtung: der Senkung von Tarifen, Gebühren und Steuern und der Streichung der Pflichtbekanntmachung in der „Wiener Zeitung“.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 23.04.2013)

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