Markus Pichler: "Shoppingcenter altern immer schneller"

Markus Pichler
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Markus Pichler, Chef der Einkaufszentren Donau Zentrum und SCS, über bequeme Kunden, verschärften Wettbewerb auch unter den Großen und erste Versuche, Online-Kunden ins Einkaufszentrum zu locken.

Die Presse: Im Handel reden momentan alle über Multichanneling, die Kombination von stationärem und Online-Handel. Ist das für Sie als Betreiber von Einkaufszentren auch ein Thema?

Markus Pichler: Natürlich, es geht ja um die Änderung des Konsumentenverhaltens. Da haben auch wir als Betreiber von Einkaufszentren Handlungs- und Nachdenkbedarf, um sicherzustellen, dass wir Trends nicht verpassen. Das große Thema ist ja, dass sich signifikante Umsatzanteile des Handels vom Stationären in Richtung online verschieben. Das hat auf uns eine Auswirkung, damit beschäftigen wir uns intensiv.

Inwiefern wirkt sich das aus?

Wir sehen in manchen Branchen einen klaren Trend, dass es zu keinen weiteren Umatzsteigerungen mehr kommt und manche sogar mit leichten bis mittleren Umsatzrückgängen zu kämpfen haben.

Wie steuern Sie da gegen?

Die Chance der Händler ist, Online-Handel und stationären Handel nicht als Nebeneinander, sondern als Miteinander zu begreifen. Wir wissen, dass der Kunde in vielen Bereichen online bestellt und stationär abholt und dann vielleicht noch zusätzlich etwas kauft. Das ist für Verkaufspersonal und Logistiksysteme – wie gehe ich mit Rückgaben um etc. – natürlich eine ziemliche Herausforderung. Aber es hat keinen Sinn, die Augen zuzumachen und zu sagen, ich ignoriere das. Ich glaube, dass der Kunde gar nicht zwischen online und stationär unterscheidet. Dem Kunden geht es um Bequemlichkeit.

Was heißt das konkret für die SCS oder das Donauzentrum?

Wir versuchen gerade mit unseren Händlern das Lieferproblem anzugehen, das man bei Online-Bestellungen hat. Online zu bestellen ist superbequem. Aber dann: Wann kommt die Post mit dem Paket? Bin ich zu Hause? Muss ich den Nachbarn bitten oder extra aufs Postamt gehen? Wir sehen die Möglichkeit, den Kunden, die sowieso ins Donauzentrum oder in die SCS kommen, für ihre Online-Bestellungen ein Abholservice anzubieten. Das sind Überlegungen, die wir hoffentlich in den nächsten Monaten umsetzen werden.

Damit würden Sie auch garantieren, dass in dem Geschäft gekauft wird, das sich in Ihrem Shoppingcenter befindet.

Ja, so können wir die unglaubliche Kundenfrequenz, die wir haben – im Donau Zentrum sind das im Schnitt 60.000 Besucher am Tag – nutzen. Natürlich wollen wir damit auch ein gewisses Maß an Kundenbindung schaffen.

„Nur“ die perfekte Lage und die größte Fläche zu haben ist also nicht mehr das Erfolgsrezept?

Richtig, und die Betonung liegt auf dem „nur“. Gute Lage, gute Verkehrsanbindung und Parkplatzsituation sind nach wie vor wichtig. Aber unsere Strategie ist, dass wir mehr bieten. Natürlich geht es darum, Topmarken anzubieten. Aber der Kunde will ein umfassendes Angebot aus Handel, aus Kino, aus Gastronomie vorfinden. Wir glauben, dass gerade große Einkaufszentren jetzt schon eine Destination sind, in der man nicht unbedingt den normalen täglichen Einkauf erledigt, sondern einen Teil seiner Freizeit verbringt. Ich sage immer zu meinen Mitarbeitern: Nur zum Einkaufen müssen die Menschen nicht mehr ins Einkaufszentrum kommen. Das muss einfach unser Denken prägen.

Was sind denn im Moment Ihre Topmarken in SCS und Donauzentrum, und ist da noch etwas in der Pipeline?

Der größte Erfolg im letzten Jahr war mit Sicherheit Hollister. Der hat unglaubliche Umsätze erwirtschaftet.

Gibt es da Zahlen dazu?

Keine offiziellen. Aber unser Hollister-Store im Donau Zentrum rangiert weltweit unter den Besten. In der SCS haben wir ein neues Konzept der Inditex-Gruppe gebracht, Pull and Bear. Es werden in den nächsten Monaten die ersten beiden Superdry-Stores in Wien aufgesperrt. Und es kommt der erste Lego Store und einige andere, über die ich noch nicht sprechen kann.

Obwohl der Markt gesättigt ist, werden die Handelsflächen immer größer. Ist das nicht eine schädliche Entwicklung?

Konsumenten haben derzeit eine sehr große Auswahl, sich können sich herauspicken, wo es für sie am bequemsten und am schönsten ist. Deshalb gibt es einige Kandidaten, die es nicht gerade leicht haben werden in den nächsten Jahren. Einige Einkaufszentren werden das nicht überleben. Da sage ich nur Stichwort Gasometer. Da haben wir ja schon ein Beispiel in Wien, wo ein Einkaufszentrum quasi leer steht.

Was wünschen sich die Händler von Ihnen als Einkaufszentrumbetreiber?

Die Händler wollen eine gute Flächenproduktivität. Wie viel Euro Umsatz pro Quadratmeter Verkaufsfläche kann ich an einem Standort generieren? Da tun wir uns mit Donau Zentrum und SCS sehr leicht, wir gehören zu den produktivsten Handelstandorten in Österreich.

Dafür hat Unibail-Rodamco auch viel investiert.

Ja, wir haben in den letzen Jahren in das Donau Zentrum 155 Mio. Euro investiert und in die SCS investieren wir jetzt in Summe etwas mehr als 150 Mio. Euro. Wir investieren auch laufend. Erst letztes Jahr haben wir in beiden Einkaufszentren ein komplettes freies WLAN-Netz aufgebaut.

Wer also nicht wirklich viel Geld in die Hand nimmt, kann nicht überleben?

Shoppingcenter müssen eine gewisse Mindestgröße und Angebotsbreite bieten. Sonst ist man zu schnell austauschbar. Außerdem altern Shoppingcenter immer schneller. Was vor zehn Jahren noch top war, ist innerhalb von fünf Jahren o. k., und nach weiteren fünf Jahren sagt der Kunde, na ja, das ist schon in die Jahre gekommen. Die vor 25 Jahren passende Strategie, dass ich einmal investiere und dann nur mehr das Notwendigste mache, funktioniert nicht mehr.

Auf einen Blick

Markus Pichler, Jahrgang 1968, geboren in Krems, NÖ, ist Österreich-Chef des Immobilienkonzerns Unibail-Rodamco, Europas führenden börsenotierten Immobilienunternehmens mit einem Portfolio von 29,3 Mrd. Euro. Unibail-Rodamco führt 82 Shoppingcenter in zwölf Ländern Europas. Mit den Shoppingcentern Donau Zentrum (Wien) und der Shopping City Süd (SCS) in Vösendorf betreibt der Konzern die beiden größten Einkaufszentren Österreichs. Pichler hat vor seinem Einstieg bei Unibail-Rodamco im Jahr 2008 bei Procter & Gamble, Red Bull und McDonald's gearbeitet. Bei Red Bull verantwortete Pichler die Markteinführung in Skandinavien und Australien und den Markenaufbau in den USA. [Michele Pauty]

("Die Presse", Print-Ausgabe, 25.04.2013)

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